Sturmauge
hatten, wenn ich mich recht entsinne, durch den siegreichen Überfall auf ein Tor-Milist-Heer, das in vierfacher Übermacht gewesen war, Ruhm erlangt. Danach versperrten sie dem Haupttrupp des Feindes zwei Tage lang unter schrecklichen Verlusten den Rückzug.«
»Die Schlacht bei den Hügeln von Hale?«, fragte Isak. Und beim Gedanken an diese Heldentat begannen seine Augen zu leuchten.
»Ebendiese«, sagte Lesarl. »Mein Lord, vielleicht wäre es eine gelungene Geste des Friedens für die Menschen von Lomin, wenn Ihr offiziell um eine Ersatzflagge bitten würdet? Ich kann herausfinden, wer die Legion heute befehligt, er ist ohne Zweifel in der Stadt. Einer meiner Spione berichtete mir, dass sich das einfache Volk von Tildek – und von Lomin – sorgt, man werde
sie für die Handlungen ihrer Lordprotektoren und des Rests der Certinsefamilie verantwortlich machen. Dies könnte ein gelungenes Zeichen für alle Tildek und Lomin sein, dass wir sie noch immer schätzen.«
»Sollen wir dies bei meiner Krönung inszenieren?«
»Davon würde ich abraten«, sagte Lesarl, »denn dies gilt den einfachen Leuten im Lordprotektorat, nicht den Adligen. Ich werde einen geadelten Mann finden, der die Bitte weitergeben kann und dafür sorgen wird, dass auch die Soldaten der Legion davon erfahren und nicht nur ihre Offiziere.«
»Gut. Die Krönung wird auch ohne weitere große Gesten aufwendig genug werden.« Isak machte sich an den Aufstieg über die breite Steintreppe. »Bleibt hier unten und bringt Xeliath in meine Räumlichkeiten, ohne dass die Meute sie zu Gesicht bekommt«, sagte er und wies mit dem Daumen auf die Große Halle, in der nun ein Gesang angestimmt wurde. »Sie wird in meinem Schlafgemach nächtigen. Ich habe noch immer mein Zimmer im Turm. Die Reise wird anstrengend für sie gewesen sein, und da der Heiler ohnehin bei meinem Vater Wache hält, soll er auch mal ein Auge auf sie werfen.«
»Der Zustand Eures Vaters ist unverändert?«
»Seit das Fieber gesunken ist, hat sich nichts geändert, und das ist nun schon eine Woche her. Die Priester von Shotir können keine Wunde heilen, die von Eolis geschlagen wurde, und die Larat-Priester haben noch weniger zustande gebracht. Im Augenblick schwebt er nicht in Lebensgefahr, und ich bin geneigt, es seiner Dickköpfigkeit zuzuschreiben, dass es ihm nicht besser geht. Der mürrische Mistkerl weiß doch, dass er sich vor mir verneigen muss, wenn er jemals aus diesem Bett steigt.«
Lesarl versuchte in Isaks Zügen zu lesen, während er sprach, aber das Weißauge gab nichts preis. Es war ein Wunder, dass Horman noch am Leben war, nachdem er von einem Dämonen
besessen und gezwungen worden war, seinen eigenen Sohn im Tempel Tods anzugreifen. Man hatte im Lager der Geweihten einen Shotir-Priester gefunden, der sie nach Tirah begleitet hatte. Auf der Reise war er fast gestorben, während er Horman von Tods Hallen fernhielt.
Lesarl begnügte sich mit einer kurzen Verbeugung und einem wissenden Blick. »Vielleicht hat Euer Vater bemerkt, wie viele Stunden Ihr an seinem Krankenlager verbracht habt?«
»Wohl kaum«, blaffte Isak. »Aber das ist nicht Euer Problem.« Er stapfte die Stufen hinauf und bog um die Ecke, wobei Lesarl im Licht einer Fackel ein einzelnes farbloses Auge aufblitzen sah, bevor er außer Sicht kam.
»Natürlich, mein Lord, wie Ihr wünscht«, murmelte Lesarl. Er wandte sich einer anderen Tür zu, die zum westlichen Teil des Hauptflügels führte, wo sein Arbeitszimmer im Herzen unzähliger anderer ruhte. Daran grenzten die bescheidenen Räumlichkeiten an, die er mit seiner Frau und seinem Sohn bewohnte. Sein Stadthaus war zurzeit an Lordprotektor Nelbove und seinen Hausstand vermietet.
»Vielleicht schaue ich vor der Arbeit mal bei ihnen vorbei«, sagte er leise ins Land hinein. »Der Junge wird wohl an den Geschehnissen des heutigen Abends mehr Gefallen finden als am Schlaf. Wir sind uns so ähnlich wie Lord Isak und sein Vater. Aber wir wollen nicht so enden.«
Isak nahm die Salute der Wachen entgegen, die sein Drachenwappen trugen, und zog vorsichtig die verstärkte Eichentür zu den herzoglichen Räumen auf. Im Hauptraum war es dunkel, nur das Feuer und eine einzelne Kerze auf einem Beistelltisch spendeten etwas Licht. Eine Zofe saß am Tisch, die Ellbogen auf der Platte und das Kinn auf die Hände gestützt, den Kopf zur offenen Tür gewandt. Isak räusperte sich leicht, da sprang sie
auf die Beine und öffnete den Mund, um eine
Weitere Kostenlose Bücher