Sturmauge
Geräusche klangen dumpf und verwaschen, selbst wenn die Krallen nah genug vorbeistrichen, um seinen Körper zu berühren. Gutturales Schnauben wurde von heißen Schwaden fauligen Atems begleitet. Ihr Flüstern rief gewisse Bilder in seinem Geist hervor, Gemälde des Schreckens, für die er keinen Namen kannte, und auch die Worte selbst waren unverständlich.
Es war zu dunkel, um etwas zu sehen, aber gelegentlich blendete ihn ein zinnoberroter Blitz. Sein Gefängnis war eine vergessene
Spalte. Sein Blut diente seinen schrecklichen Besuchern, die an den Wänden und an der Decke entlangkrochen, als Festmahl. Manchmal führten sie verzweifelte Kämpfe, rissen ganze Stücke aus ihren Feinden heraus, um diese schwer erarbeiteten Brocken dann noch während des Kampfes herunterzuschlingen. Manchmal wurden sie auch in die zackenbewehrten Gruben und gähnenden Schluchten hinabgeschleudert.
Er ließ den Kopf vornüberfallen und starrte in die Leere zu seinen Füßen, die Qualen, die sie ihm zufügten, nahm er geistlos hin. Seine Zunge war ein Bleigewicht in seinem Mund. Er konnte weder würgen noch schreien. Für einen Moment kam es ihm so vor, als hätte er es geschafft, aufzuheulen, doch dann verriet ihm der Verwesungsgestank und das laute Kratzen von Gliedern, dass auf den Mauern über ihm ein weiterer Sieg errungen worden war. In seinem gefangenen Geist jedoch waren die Schreie ohrenbetäubend.
Isak erwachte mit einem Ruck, der ihn aus dem Feldbett warf. Er stöhnte und würgte trocken bei der Erinnerung an seinen Traum, während ihn Schauder schüttelten. Nach einer Weile zwang er sich, den Kopf zu heben und sah das graue Licht der Dämmerung durch den Eingang seines Zeltes sickern. Er hatte nur zwei Stunden geschlafen, und sein Mund fühlte sich an, als wäre er mit schwefeliger Asche gefüllt.
»Es gibt keinen guten Grund dafür, dass dies heute passiert«, sagte er heiser und griff nach dem Weinschlauch, der vom Zeltmast hing. »Ist vielleicht nur der verdammte Schatten, der mit meinem Geist herumspielt oder es sind die Schnitter, die Aryn Bwr an das erinnern wollen, was ihn erwartet.«
Der Wein war sauer und schwach, aber er vertrieb den fauligen Geschmack aus seinem Mund. Sein Zelt war einfach, gerade lang genug, um seinen großen Leib zu beherbergen – und war
nichts im Vergleich mit dem Prunk, den manche Herzöge mit ins Feld nahmen. Isak bedauerte allmählich seinen Enschluss, als gutes Beispiel vorangehen zu wollen. Dass Chalat die Annehmlichkeiten, die einige Kleriker mit sich gebracht hatten, hatte verbrennen oder verteilen lassen, war an diesem kalten, grauen Morgen nur ein schwacher Trost.
Das Wasser in der Schale neben seinem Bett war alles andere als sauber, aber doch gut genug. Isak tauchte die Hände hinein und wusch sich energisch das Gesicht, wollte das Gefühl der Hitze und des Schmutzes, das seinem Traum nachhing, unbedingt loswerden.
Danach fühlte er sich etwas erfrischt und kämpfte sich in seine Rüstung. Kaum berührte Siulents seine Haut, begann die Kälte in seinen Knochen zu weichen, und als er Eolis um die Taille band und in die Dämmerung hinaustrat, fühlte er sich schon fast wieder wie ein Mensch.
Zwei Männer warteten unter dem von schweren, dunklen Wolken verhangenen Himmel auf ihn: das unerbitterliche Weißauge und der strahlende Held. Graf Vesna sah in seiner legendären schwarz-goldenen Plattenrüstung prächtig aus. General Lahk hingegen trug die ernste schwarz-weiße Uniform Lord Bahls über der leichteren Halbplatte der Geister. Der Anblick Lahks erinnerte Isak daran, dass ein Kleriker so weit gegangen war zu fordern, dass die Befehlsgewalt über die Geister dem Kult Tods übergeben werden solle, weil sie die Farben eines toten Mannes trugen.
»Wo zum Geier ist Torl?«, blaffte Isak.
»Er bittet um Verzeihung«, antwortete General Lahk mit der üblichen ausdruckslosen Stimme, die ihn beinahe uninteressiert wirken ließ. »Lordprotektor Torl lässt ausrichten, dass es ihm nicht möglich ist, Chalats Heer zu verlassen. Er muss erst zu Ende bringen, was er begonnen hat.«
»Er erinnert sich, dass er damit nur angefangen hat, weil ich es ihm befahl …«
»Isak, er ist ein stolzer Mann, ein Ehrenmann«, sagte Vesna.
Der Held der Farlan-Armee schaffte es irgendwie, frisch und wach zu wirken, obwohl der Tag noch gar nicht richtig angebrochen war. Seine goldenen Ohrringe funkelten im linken Ohr, und das glänzende Haar war fein säuberlich zurückgebunden. Er schien
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