Sturmauge
bereit, an einer Parade zu seinen Ehren teilzunehmen. Die vereinzelten grauen Haare im Schwarz gaben seinen gut aussehenden Zügen nur eine gewisse weise Würde. Isak sah ihn böse an.
»Er wird sie jetzt nicht verlassen, nachdem er sie mit Gewaltmärschen hergetrieben hat.«
»Er wird verdammt noch mal sterben!«, wandte Isak so laut ein, wie er es wagte. Er wollte die Aufmerksamkeit der umstehenden Geisterlegion nicht erregen.
»Ich bin sicher, das weiß er auch«, zischte Vesna scharf. »Aber es ist seine Wahl. Torl ist kein Mann, der wegläuft. Er hat Tiniq hergeschickt und alle, die du ihm aus deiner Leibgarde abgestellt hattest. Aber mehr wird er nicht tun.«
Isak zog eine Grimasse, als eine Frau in der Uniform des Zeugwarts mit einem dampfenden Tonkrug und einem großen Brotleib zu ihm gelaufen kam. Er nahm beides mit einem Grunzen entgegen, und als die Frau ängstlich dreinschaute, weil sie glaubte, ihn verärgert zu haben, rang er sich ein schmales, dankbares Lächeln ab.
»Was berichten die Hellseher?«, fragte er mit vollem Mund.
»Der Feind hat die Stellung gehalten. Einige Späher sind in der Nacht aufgetaucht und wollten uns hinter sich herlocken, aber nichts Ernstes.«
»Und die Verstärkung?«
»Ihre oder unsere?«, fragte Lahk.
Isak schüttelte verärgert den Kopf. »Ihre natürlich – unsere
liegt noch so weit zurück, dass wir sie gar nicht erst hätten anzufordern brauchen. Ich glaube nicht mal, dass sie rechtzeitig kommen werden, um die Toten zu begraben.«
»Fünfzehn Legionen, keine zwei Tage entfernt. Wir könnten unsere leichte Kavallerie opfern, um ihren Vormarsch zu verlangsamen, aber nur, wenn wir Chalat lang genug von einem Angriff abhalten können, um sie in die Zange zu nehmen.«
»Also hat er es nicht für nötig befunden, seine ganze Armee für die Eroberung der Runden Stadt mitzubringen?«
»Ihr tut wohl daran, misstrauisch zu sein, mein Lord, aber ich kann nicht sagen, wo die restlichen Truppen sind. Die Hellseher finden sie nirgendwo.«
»Wir wollen sehen, was zu unserem Vorteil spricht«, sagte Vesna bestimmt. »Chalat will Styrax’ Männer direkt angreifen und macht sich damit zum Ziel dessen, was Styrax plant. Das bewahrt unsere Leute vor den schlimmsten Überraschungen und gibt uns Gelegenheit, den Rest der Menin im Auge zu behalten, ob sie nun hinter den Mauern Byoras stecken oder anderswo.«
Isak nickte. »Es erlaubt uns auch, nur anzugreifen, wenn es wirklich sein muss. Je näher wir an Byora herankommen, umso besser. Mit etwas Glück können die Geister die Tore durchbrechen und den Rubinturm einnehmen. So oder so will ich nach Möglichkeit vermeiden, dass Azaer sich einmischt.«
»Ich glaube nicht, dass sich diese Gelegenheit ergibt, mein Lord«, erwiderte Lahk. »Alles, was ich über Kastan Styrax hörte, lässt mich sicher sein, dass uns eine Überraschung erwarten wird .«
»Ich weiß, aber das ist trotzdem nicht der Grund, warum wir hier sind. Es ist gut möglich, dass er Chalat nach dem ersten Angriff ausschaltet – wenn er das tut, werden sich die Söldner zurückziehen. Das ist unsere Gelegenheit, um mit Styrax zu verhandeln. Wir können den Klerikern sagen, es sei eine Finte.
Wenn sie Einwände haben, werden sie zu verwirrt sein, um rechtzeitig etwas dagegen zu unternehmen.
Lahk verbeugte sich mit ausdruckslosem Gesicht. »Wie Ihr wünscht, mein Lord.«
»Wie weit sind wir?«
»Zwei Legionen sind aufgesessen und in Formation, ebenso wie die Erste Wache im Osten«, sagte Vesna und wies nach links, »und die Fordan- und Tebraneinheiten hinter dir.«
Ein Gehilfe kam mit einem Späher im Schlepptau herbeigeeilt. Der Soldat war eher wie ein Förster gekleidet. Das schlecht sitzende Wams war mit Stahlbändern verstärkt worden – und er trug einen leichten Helm. In seinem Gürtel steckte ein langer Dolch. Wenn er einen Bogen besaß, so hatte er ihn bei seinem Pferd gelassen.
»Bericht«, verlangte Lahk, als die beiden vor Isak salutierten.
»General«, begann der Gehilfe atemlos. »Lord Chalat hat befohlen vorzurücken.«
Der Jüngere war wohl einige Jahre jünger als Isak selbst, vermutlich der Sohn eines Adligen, der Lahks Kommandostab zugewiesen worden war, weil dies als einigermaßen ungefährliche Stellung galt.
»Anordnung?«, fragte er.
»Weites Vorrücken, Herr«, gab der Späher selbstsicher zurück. Sein Akzent wies ihn auch ohne Abzeichen als Mann aus den Bergen aus. Er war doppelt so alt wie Lahks Gehilfe und der Narbe im
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