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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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dort wird es Euch zum Vorteil gereichen, dass Ihr grimmig genug ausseht, um Diebe abzuschrecken.«
    Ilumene blickte zu Boden und gab vor, sich unwohl zu fühlen. »Ich schätze, das schaffe ich wohl«, sagte er schließlich und erntete dafür einen tadelnden Blick von Fohl, der offenbar dachte, er habe den Sieg über die Wachen dem Glück und nicht seinen Fähigkeiten zu verdanken.
    Du bist ganz offensichtlich ein Litse , dachte Ilumene, während er die Zügel entgegennahm, die ihm einer der Reiter hinhielt. Gelbes Haar, gelbe Augen und so arrogant wie sonst was. Ich wage zu behaupten, dass du eine Uniform finden wirst, die mir passt, aber ich denke, ich nehme lieber deine. Selbst mit zwei gesunden Augen wirst du mich nicht kommen sehen.
    Eine Einheit der Fußsoldaten blieb zurück, um die Verletzten zu versorgen. Ilumene hielt den Blick auf die Straße vor ihnen gerichtet und warf der Menge nur einmal kurz einen Blick zu. Er fand das gesuchte Gesicht mit Leichtigkeit. Es gehörte einem Mann mit verkniffenem Ausdruck und vernarbten Wangen, die von einer Kinderkrankheit zeugten. Während sie vorbeitrabten, trug der Wind kurz die Stimme des Mannes an Ilumenes Ohr,
und obwohl er zu leise sprach, als dass Ilumene ihn richtig verstehen konnte, wusste er doch, wie seine Worte lauteten.
    Das Weinen eines Kindes ist alles, was nötig ist, um aus einem Feigling einen Helden zu machen.
     
    Legana lehnte sich über den Balkon aus poliertem Holz hinaus und blickte auf die Straße hinab. Der Winterwind machte ihr nichts aus. Das war eine unbedeutende Unannehmlichkeit, wenn man eine so prächtige Unterkunft hatte. Sie hob ihr Glas und prostete dem Viertel im Allgemeinen zu, dann trank sie den Rest des angewärmten Weines in einem Zug.
    »Wenn doch nur jeder Auftrag so angenehm wäre«, seufzte die Farlan-Spionin und wischte sich eine Strähne aus dem Gesicht. »Ich nehme an, dass es Haushofmeister Lesarl nicht gerne sieht, dass ich hier nur herumfaulenze, bis Zhia zurückkommt, aber er kann wenig dagegen tun, oder? Also, er kann mich mal!«
    Sie richtete sich auf und zog ihre Ärmel zurecht. Sogar nach mehreren Monaten des Unterrichts bei Zhia Vukotic war Legana noch immer weit von dem entfernt, was Zhia für eine Adlige als angemessenes Verhalten betrachten würde. Die Kleider waren etwas für Frauen  – und Legana dachte von sich nicht als Frau. Aber die aufmerksame Vampirin hätte dennoch eine Verbesserung im Schnitt ihrer Kleidung festgestellt. Das Messer in ihrem Stiefel und die Kurzschwerter an ihrem Gürtel waren natürlich noch immer an Ort und Stelle.
    »Aber wie vertreibst du dir die Zeit, während du wartest?« Die Frauenstimme erklang aus dem Zimmer hinter ihr.
    Legana fluchte. Der Raum war leer gewesen, und sie hatte von innen abgesperrt. Sie glitt leise zur Seite und verzog das Gesicht, als sie dabei ihr Glas vom Balkon stieß. Sie wandte sich dem Neuankömmling in einer fließenden Bewegung zu und zog dabei die Schwerter.

    »Das ist unnötig«, fuhr die Frau fort und klang amüsiert. Sie trat vor und bedeutete Legana, sie solle die Waffen senken. Ein Schauer durchlief Leganas Arme, bis sie erschlafften. Die Waffen entglitten ihren Händen und fielen zu Boden. Als die Frau näher kam, wurden ihr langes, rotes Haar und ihre verstörend grünen Augen vom schwachen Tageslicht beleuchtet.
    »Ihr Götter!«, keuchte Legana, vor Schreck ganz kurz wie erstarrt, dann sank sie auf ein Knie. »Dame.«
    »Nur eine von uns, aber endlich hast du es doch begriffen.«
    Legana spürte Schicksals prüfenden Blick auf sich.
    »Ach, erhebt euch, Mädchen. Kriecherei steht uns beiden nicht gut zu Gesicht.«
    Legana gehorchte, hielt den Blick aber gesenkt, während sie verzweifelt versuchte, sich an die Lektionen aus ihrer Kindheit zu erinnern. Sie alle hatten es für einen großen Spaß gehalten, als die Tempel-Herrin ihnen die Etikette für die Anrede ihrer Göttin beigebracht hatte, aber jetzt wünschte sich Legana eindringlich, sie hätte besser aufgepasst. Als ihr Blick auf ihre Kurzschwerter am Boden fiel, wallte Scham in ihr auf, und sie versuchte, sie mit dem Fuß hinter einen Vorhang zu schieben.
    »Mach dir deswegen keine Gedanken«, sagte die Dame. »Warum holst du mir nicht ein Glas Wein?«
    Legana war selbst überrascht, wie eifrig sie der Bitte nachkam.
    »Und wie es aussieht, brauchst auch du ein neues Glas«, rief Schicksal ihr vom Balkon aus zu.
    Legana sah sich um. Die Göttin lehnte sich über den Balkon, sah hinab

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