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Sturmauge

Sturmauge

Titel: Sturmauge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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was ihn zu Boden brachte. Dabei hob er bereits das Schwert, um den Hieb des nächsten Soldaten abzuwehren.
    »Halt!« , rief eine Stimme hinter ihm. »Steckt eure Waffen weg.«
    Die Soldaten blieben stehen, als habe man ihre Füße am Boden festgenagelt. Ilumene, der beständig den Kopf bewegte, um alle Soldaten im Blick zu halten, trat an Haipars Seite. Dann erst senkte er sein Schwert und sah die Frau an, deren Befehl die Soldaten hatte innehalten lassen. Die Herzogin, die in ihrer offenen Kutsche stand, war eine Frau mittleren Alters mit einem stolzen Gesicht. Sie hatte ihre fellbesetzte Kapuze zurückgeschlagen und zeigte so die vom kühlen Wind geröteten Wangen. Ihr Haar wurde von einem mit Rubinen bedeckten Diadem zurückgehalten. An ihrer Seite saß, so nahm Ilumene an, der Herzog, auch wenn er nur ein Gesicht mit beunruhigtem Ausdruck und ein deutlich kleineres Krönchen entdecken konnte.
    »Genug des Blutvergießens«, fuhr die Herzogin etwas leiser fort. Ilumene wartete ab, bis die Soldaten ihre Waffen weggesteckt
hatten, bevor er ihrem Beispiel folgte. Er warf Haipar einen Blick zu. Die Frau war auf die Knie gesunken und hatte den Kopf gesenkt, als weine sie – oder bete. Ilumene hielt seine Miene ausdruckslos, damit sich seine Abscheu darüber, was aus der Frau geworden war, nicht zeigte. Sie hatte all ihre Fähigkeiten, ihren Mut, ihre Stärke vergessen. Jetzt war sie wertlos, taugte nur noch zur Amme seines Herrn – und auch das würde sie nicht mehr lange sein. Danach hinge ihr Überleben nur noch davon ab, wie sehr es Azaer nach Grausamkeiten gelüstete.
    Ilumene nickte, während er sein Schwert wegsteckte, und als wäre dies sein Stichwort, stieß das Kind einen weiteren Schrei aus. Das herzzerreißende Geräusch reichte aus, um die Herzogin aus ihrer Kutsche zu locken. Es war bekannt, dass sie keine Kinder hatte, was das einfache Volk allein auf ihren schwächlichen Ehemann schob.
    Sie war so groß und kräftig wie Haipar gewesen war, als er sie das erste Mal sah, aber davon abgesehen hätten sie unterschiedlicher gar nicht sein können. Ihre Gesichtszüge wirkten fein, hübsch und keines der sandbraunen Haare war am falschen Platz. Sie trug Ohrringe, goldene Spiralen, auf denen weitere Rubine zu finden waren.
    »Wie heißt du?«, fragte sie Ilumene, nachdem sie sich an ihren Männern vorbeigeschoben hatte.
    »Kayel«, antwortete er zögernd und warf einen nervösen Blick auf den Soldaten, der abgestiegen war, um an ihrer Seite Stellung zu beziehen. »Hener Kayel.«
    »Du kommst nicht aus der Runden Stadt, oder?«
    »Nein, Canar Thrit«, antwortete er, bevor er sich erinnerte und nachsetzte: »Euer Ehren.« Mist, was für ein dummer Fehler, wenn man versucht, untertänig zu wirken. Hoffentlich denkt sie, ich wäre einfach zu beeindruckt.
    »Du bist ein Söldner. Hast du Heuer, oder suchst du nach
Arbeit?« Sie hatte eine offene, beinahe freundliche Art. Offenbar war es Ilumene gelungen, sie zu beeindrucken.
    Er zuckte die Achseln. »Ich habe für einen Händler gearbeitet, ihn zur Stadt begleitet. Ich sollte ihn später treffen, um über Weiteres zu sprechen, Euer Ehren.«
    »Ist es eine gute Arbeit?«
    Ilumene zuckte erneut mit den Schultern und senkte den Blick, wartete darauf, dass sie weitersprach. Gute Arbeit, ha! Du hättest erst die Flammen meines letzten Werks sehen sollen!
    »Du wirkst, als hättest du deinen Teil an Schlachten gesehen«, sagte die Herzogin und sah auf die grobe Narbe, die von seiner Wange bis zu seinem verstümmelten Ohr verlief.
    Ilumene hob die Hand zum Ohr und berührte die Narbe. An seinem Unterarm hatte er sogar für einen Söldner zu viele Verletzungen erlitten, aber diese wurden von den langen, mit einer Kette bedeckten Lederarmschienen verborgen, die er trug. Er hatte jedoch aus einer Laune heraus eine Schnur darum gewickelt, um sich an die Narben zu erinnern.
    Er zuckte die Achseln und trug einen gequälten Gesichtsausdruck zur Schau. »Ich stand in einigen Kämpfen auf der falschen Seite, Euer Ehren. Ich brenne nicht darauf, weitere zu erleben, aber ich schätze, ich bin groß genug, um Diebe abzuschrecken.«
    »Bist du ein Fahnenflüchtiger?«
    Ilumene schüttelte den Kopf und blickte zu Boden, als sei er beschämt. »Kein Regiment mehr übrig, dessen Fahne man fliehen könnte, meine Dame.«
    »Und doch hast du nicht gezögert, für ein Kind in Gefahr einzustehen – zudem für eines, das du, nach der Art zu schließen, wie ihr beide gekleidet seid, gar

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