Sturmbote
rief Shart aus. »Du bist heute wirklich schlecht drauf, Herr, wenn du mir diese Bemerkung erlaubst. Vom Gestank des Todes und der Anwesenheit von Dämonen abgesehen geht es uns heute doch bedeutend besser als gestern.
Wir haben etwas zu essen, von dem ich einige Teile sogar einem bestimmten Tier zuordnen kann. Wir haben genug zu trinken, so dass uns die übrigen Teile egal sind, und können Keneg in einem anderen Raum schlafen lassen statt bei uns.«
»Ah, dieses Haus macht mich nervös, diese ganze Stadt macht mich nervös.« Der Oberst schnitt eine Grimasse. »Spürt ihr das nicht?«
»Was soll ich spüren? Ich spüre nur die Hitze.«
»Das …« Er machte eine unbestimmte Geste. »Ich weiß auch nicht, was es ist, aber etwas …«
Ein Schrei durchschnitt die Nachtluft und ließ den Oberst verstummen. Sie sprangen auf, griffen nach ihren Waffen, die sie an die Wand gelehnt hatten. Mikiss blieb an der Lehne des Stuhles hängen und stolperte gegen Shart, der Mikiss, ohne langsamer zu werden, beiseitestieß und mit sicherem Schritt zu seiner Axt gelangte. Draußen riefen Männer, viele Männer, und es erklangen tiefere Geräusche, die Mikiss nicht einordnen konnte, bei denen sich ihm aber der Magen umdrehte.
»Shart, bleib bei Mikiss«, rief Bernstein. Seine gelben Augen glühten im schwachen Licht.
»Würde lieber mitkommen, Herr«, sagte Shart und hielt den Blick auf die Tür gerichtet, in der Keneg bereits stand, den Griff seines Schwertes mit beiden Händen umfassend. »Hier drin kann ich nicht ausholen.« Shart nahm seine Axt fester und hob sie, bis sie an die niedrige Kellerdecke schlug. Der Tumult draußen ging weiter, noch mehr Schreie, noch mehr Rufe. Vor dem Gitter erklang ein lautes Zischen, das Rascheln von Laub und trockener Haut.
»Gut, aber bleibt zusammen«, sagte Oberst Bernstein. »Purn hat wohl einige Überraschungen auf Lager, also sucht den Ärger nicht, denn er kann Freund und Feind möglicherweise nicht auseinanderhalten. Die Falltür ist verriegelt, also gehen wir durch
das Haus. Ihr zwei geht vor bis zur Tür nach draußen, damit Ihr seht, was da vor sich geht. Wir steigen in den ersten Stock und sehen hinten nach. Haltet die Augen offen und wandert nicht im Garten herum.«
Die Brüder gingen in den Flur vor, an Nai vorbei, der vor einer glatten Wand eifrig vor sich hin murmelte und seltsame Gesten vollführte. Überrascht erkannte Mikiss, dass diese Wand noch vor wenigen Augenblicken die Tür zu Purns Arbeitszimmer gewesen war.
Nachdem er den Zauber vollendet hatte, drehte sich Nai mit einem Knüppel mit Eisenspitze in der Hand und einem entschlossenen Gesichtsausdruck zu ihnen um. »Ich bezweifle, dass sie es bis zum Haus schaffen werden«, sagte er mit grimmiger Überzeugung, ging an den Soldaten vorbei und auf die Treppe zu, die zum Haus hinaufführte. Ein lautes Stöhnen übertönte den Lärm draußen, gefolgt von zwei dumpfen Schlägen. Dann setzte sich das Rufen mit neuer Macht fort.
»Das könnte unangenehm werden«, sagte Nai vor sich hin. Die Soldaten tauschten Blicke, schwiegen aber und folgten ihm in die alte Küche. Nur der große Eisenofen erinnerte noch an die frühere Aufgabe des Raumes, und der war von den Jahren des Regens, der durch das kaputte Fenster gefallen war, zu verrostet, um noch gebraucht zu werden. Jemand hatte einige Bretter davorgenagelt, so dass niemand hereinklettern konnte. Aber man vermochte durch die Lücken hinauszusehen. Mikiss zog sein eigenes Schwert, auch um das beruhigende Gewicht der Waffe in seiner Hand zu spüren.
Nai spähte zwischen den Brettern hindurch nach draußen. »Sieht aus, als kämen sie aus Scree. Die Haustiere meines Meisters werden bald mit ihnen fertig sein … ah, jetzt flüchten sie in alle Richtungen. Einige wollen zum Hof.«
»Heugabeln und Fackeln?«, fragte Shart. Nai warf ihm einen
ungnädigen Blick zu, als die Brüder kicherten und dann zur Hintertür hinausstürmten.
Der Warnruf eines Mannes verstummte, als Keneg aufbrüllte, dann folgte das Klirren von Stahl und schließlich Schreie.
Oberst Bernstein packte Mikiss bei den Schultern und stieß ihn in Richtung Tür. »Kommt schon, Herr, das ist nur die übliche wütende Menschenmenge. Ihr seid ausgebildet, sie aber nicht. Bleibt in meiner Nähe, dann kann nichts schiefgehen.«
Selbst wenn Mikiss gewagt hätte zu widersprechen, ihm blieb keine Zeit dafür, denn jetzt wurde er in den Hof gezogen, wo Keneg und Shart bereits mit einem halben Dutzend Männern
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