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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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vor.«
    »Nicht auf uns?«
    »Nein, Herr, auf den Herbstbogen.« Mit wiederkehrender Fassung schien ihm wieder einzufallen, mit wem er da sprach. »Die Fußsoldaten der Geister ziehen vorweg, bereit, das Tor anzugreifen. Aber der Rest ist in Reihen aufgestellt.«
    »In Reihen? Dann erwarten sie keinen ernstzunehmenden Widerstand«, sagte Gort. »Aber warum greifen sie überhaupt an?« Er dachte nach, dann schlug er mit der Faust auf den Kartentisch. »Verdammt, natürlich! Ortof-Greyl, Ihr hattet völlig recht, Lord Isak ist nicht bei seinen Truppen, er ist bereits in der Stadt. Darum haben sie keine Angst davor, die Stadt anzugreifen. Lord
Isak wartet dort mit einigen Eliteeinheiten und wird die Verteidiger überraschen. Das ist die einzige Erklärung.«
    »Eure Befehle, Herr?«, fragte Chotech.
    Mit ernstem Gesicht schwieg Gort eine Weile. »Das macht keinen Unterschied. Wir haben keine Wahl, wir müssen auf die neue Vorburg losmarschieren und so versuchen, einmal mehr zu zeigen, dass wir nicht Lord Iskas Feinde sind. General Chotech, stellt einen Trupp zusammen – und nehmt den Oberst mit, wenn Ihr reiten könnt, junger Mann – und nähert Euch den Farlan. Sie werden es nicht wagen, einen General zu verprügeln. Wenn sie Euch nicht zu ihrem Kommandanten bringen wollen, dann gebt ihnen eine Nachricht mit und kehrt zurück.«
    »Und wie soll diese Nachricht lauten?«
    »Dass wir Ritter der Tempel sind und geschworen haben, heiligen Boden vor der Schändung zu bewahren; dass wir vorhaben, in die Stadt zu marschieren und die Tempel zu schützen. Unsere Männer werden den Befahl erhalten, alle Farlan als Verbündete gegen den gemeinsamen Feind zu betrachten und ich bitte darum, eine Abordnung zu schicken, sobald es genehm ist.«
    »Ja, Herr.« Chotech ging zu seinem eigenen Zelt, wo ihn sein bereits gesatteltes Pferd erwartete. Oberst Ortof-Greyl folgte ihm mit Mühe.
    »Leutnant Mehar«, rief General Gort. Der Leutnant zuckte aus Angst vor weiterer Schelte zusammen, aber der General blickte über die Köpfe seiner Armee hinweg zur Stadtmauer Screes hinüber. »Die Männer sollen sich zum Angriff bereitmachen.«
     
    Fernab des metallischen Klirrens und der aufgeregten Rufe der Männer saß er in der süßen Stille eines leeren Zimmers, allein mit Gedanken, die ein Echo des Tumults dort draußen darstellten. Sein Kopf schmerzte von den wogenden Energien in der Luft: Magie und die Stimmen der Sterbenden, die Schreie der Irren
und ihr brutales Verlangen zu töten. Er konnte all das riechen. Er kannte dieses Verlangen nur zu gut, denn die Wut brandete durch seinen Körper und ließ seine Hände zittern. Er hatte diesen Ort voller Verzweiflung aufgesucht, wollte so dem Tier entkommen, das sich in seinem Innern regte, wann immer die Flut der Fragen über ihm zusammenbrach. Als die Armee durch das Tor marschiert war, hatten sich die Adligen und Offiziere um ihn geschart und ihn mit tausend Fragen und Forderungen bedrängt, unwissend, welche Wirkung Scree auf ihn gehabt hatte und nicht ahnend, welche Nachrichten ihn soeben erreicht hatten.
    Hier gab es nur blanke Bodendielen, die das Alter bereits gespalten und verbogen hatte. Ein Fensterladen klammerte sich grimmig an einer einzigen, rostigen Angel an den Fensterrahmen. Der Vorhang vor der Tür wirkte im schwachen Licht ebenso grau wie die Wände. Es gab nichts, das ihn stören oder ablenken könnte, während er hier im Schneidersitz saß, die silberne Klinge über den Knien, und auf den unruhigen Atem in seiner zugeschnürten Kehle lauschte. Er schloss die Augen und hörte seinem Herzschlag zu, zählte die Abstände zwischen dem Einatmen und Ausatmen und brachte die hektische Atmung so zur Ruhe, genau wie Carel es ihm vor all den Jahren beigebracht hatte.
    Langsam öffneten sich die verkrampften Fäuste, und das Hämmern in seiner Brust wurde wieder zu einem regelmäßigen Klopfen. Der Druck hinter seinen Augen ließ ein wenig nach und er verspürte Erleichterung. Seine monströse Seite mochte wüten und toben, aber sie konnte noch immer von seiner menschlichen Seite an die Kandare genommen werden. Es war ein schwacher Trost, doch im Dunkeln war selbst der geringste Lichtschein es wert, dass man sich über ihn freute.
    Isak öffnete die Augen und fuhr mit dem Finger über die glatte Klinge des Schwertes auf seinen Knien. Das flüsternde Echo der
Magie kitzelte seine Fingerspitzen, als er über die unsichtbaren, in das Silber geschlagenen Runen fuhr. Doch er bemerkte es

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