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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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ängstigt dich, nicht wahr? Etwas, das in der Luft liegt, etwas, das du kennst.
    Er streckte die Beine aus und legte Eolis dazwischen.
    Also, erzähl mir von Azaer.
     
    Die Söldnerarmeen flossen wie grauer Nebel aus der Dunkelheit über die Trümmer der Tore am Fuchsloch und in die Stadt. Rojak betrachtete sie mit Augen, die langsam ihren Dienst aufgaben, spürte eher ihren Hass und die niederen Triebe, die vom Theaterzauber gewaltig aufgebläht worden waren, als dass er die Männer selbst sah. Er lehnte an einer geborstenen Säule, die einmal Teil des großen Tors zum Tribunal der Händler gewesen war. Von dieser erhöhten Stellung aus hatte er einen guten Blick auf seine Kunst. Die Ströme der Soldaten trafen auf die übrig gebliebenen, wahnsinnigen Bürger der Stadt und spülten sie durch die Straßen Screes, als wären es Kanäle. Er konnte sie in seinen Adern spüren, und ihre Energie zwang sein schwaches Herz weiterzuschlagen. Sein Körper erzitterte unter dem heftigen Ansturm, als dickes, klumpiges Blut durch seine Adern gepresst wurde und seine Muskeln antrieb.
    Das Tribunal erhob sich über die nebenstehenden Gebäude. Das Feuer hatte die verzierten Holzdächer um den Haupthof angefressen und die Balken, die sie hielten, aufgezehrt. Doch der Steinplattform, auf der das Tribunal stand, hatte es nichts anhaben können. Auf einer der Stufen hockte eine Gestalt neben
einer Blutlache, die sich in der abgetretenen Mitte der Stufe gesammelt hatte und mittlerweile zu einer trockenen, gesprungenen Ebene geworden war. Sie betrachtete ihr Werk mit einer mädchenhaften Zufriedenheit und sah sich immer wieder zu Rojak um, damit er auch ja würdigte, wie hübsch ihre Feuer einen leuchtenden Weg durch die dunkle Stadt fraßen.
    Flitter hatte ihre feinen Theaterkleider abgelegt und trug stattdessen ein schmutziges Wams und ein Kettenhemd. Dennoch war an der Art, wie sie sich bewegte, etwas unverkennbar Weibliches, das Rojak in den Jahren, bevor Azaer ihn in seinen Dienst beordert hatte, durchaus erregt hätte.
    Er gönnte ihr nicht die Genugtuung, die Feuer zu würdigen, sondern zwang seinem Gesicht eine ausdruckslose Maske auf, die seine Zufriedenheit verbarg. Er spürte, dass sie zunehmend verärgerter wurde, weil er keine Reaktion zeigte. Obwohl seine Brust unsäglich schmerzte, flackerte doch etwas Freude auf. Zu irgendeinem Zeitpunkt hatten sie alle geglaubt, ihn beeinflussen zu können. Und einer nach dem anderen hatten sie ihren Fehler einsehen müssen. Flitter hatte noch nicht erkannt, dass sie im Vergleich zu ihm ein Nichts war, und dass ihre Feuer sich vor den Flächenbränden, die er gelegt hatte, armselig ausnahmen. Erst im Licht der aufgehenden Sonne würde man Scree als ein Meisterstück erkennen, das er ganz allein geschaffen hatte.
    »Es wird Zeit«, krächzte Rojak. Seine Kehle war hinüber und jedes Wort bedeutete süßen Schmerz, der jeden Nerv in seinem Leib ansprach und sich bald zur letzten Pein seines Vergehens steigern würde. Aber nicht der Tod, niemals der Tod , dachte er schmunzelnd. Der Verlust seines Körpers war unvermeidlich, sogar notwendig, wenn man die Runen in seinem faulenden Fleisch bedachte, die denen ähnelten, die einst auf die Theaterwände gemalt worden waren – und wenn man dann auch noch das endgültige Ziel dieses Zaubers berücksichtigte. Aber er würde nicht sterben.

    Die üble Schmach, durch die Hand dieses leeren Wesens das letzte Gericht zu erleben, wird mir erspart bleiben.
    Er hustete und bemerkte, dass Flitter zu ihm hinaufsah. Seine zerstörte Kehle sorgte wohl dafür, dass man ihn kaum noch verstand. Unerheblich. Er versuchte sich von der Säule zu lösen, und einer der Wachhunde bemerkte es, kam zu ihm, um ihm zu helfen. Die Arme der Kreatur fühlten sich unter seinen eigenen Armen wie polierte Eiche an, und dankbar ließ er sich darauf sinken, erlaubte ihm, ihn die zwei Dutzend Stufen bis zur Straße zu stützen.
    »Wohin gehst du?«, fragte Flitter und erschien so schnell vor ihm auf dem Kopfsteinpflaster, dass sie dabei zu einem flirrenden Schatten wurde. Rojak blickte weiter auf die Straße. Sie hatte sich immer schneller bewegt, als er schauen konnte, sogar als er noch gesund gewesen war.
    »Wir müssen unsere Aufgabe vollenden.«
    »Aber ist das nicht schon geschehen?«, fragte sie.
    Die verbleibenden Wachhunde gesellten sich aus den Schatten tretend zu ihnen und umringten Flitter. Die Frau wurde bleich und umfasste die Griffe ihrer gezahnten Messer, als die

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