Sturmbote
hinderten, stets zu wissen, wo dieser sich befand. Seine Haltung wirkte, als sei er bereit, sich jederzeit zu bewegen. Isak fühlte sich mit einem Mal schutzlos – so ohne sein Schwert. Eolis aber befand sich hinter dem albtraumhaften Aspekt Tods, wo es wie eine Parodie auf die Standarte des Herolds in der Brust des Soldaten steckte und das Mondlicht widerspiegelte.
Er trotzte dem Verlangen zurückzuweichen. Die niedere Gottheit hatte ihnen auf gewisse Weise geholfen, aber er konnte sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Herold kurz davor stand, ihn anzugreifen. Isak spürte in diesem ausdrucklosen Gesicht Verärgerung, eine kochende Wut, die nur mühsam beherrscht wurde.
Du siehst mich , flüsterte eine Stimme in Isaks Geist. Du kannst deine Beute riechen, aber noch kannst du mich nicht erreichen. Isak erschrak, bemerkte dann aber, dass es nicht der Herold war, der
da sprach, sondern Aryn Bwr, der tote Elfenkönig, der in seinem Geist am Rande zu Tods Reich gefangen war. Jetzt ergab alles einen Sinn.
Isak nahm den Helm ab, um die blaue Maske zu offenbaren, die Nartis’ Gesicht zeigte. Da verging die wachsende Anspannung wie eine Welle, die sich am Ufer brach. Erleichterung erfasste ihn, trotzdem verbeugte sich Isak vor dem Aspekt und verdrängte den Schmerz, den die Bolzenspitze hervorrief, weil sie sich in der kleinen Wunde bewegte, die sie geschlagen hatte.
»Danke, mein Lord«, sagte er formell. Er hatte keine Ahnung, wie die richtige Anrede für einen niederen Gott lautete. Der Herold zeigte keine Regung, sondern senkte nur kurz den Kopf und wandte sich dann ab. Isak erahnte ein spitzes Ohr, bevor die Nachtluft verschwamm und der Herold in sich zusammenzufallen schien, während er sich in eine Masse schwarzer Schemen verwandelte, die in alle Richtungen davonstoben und dann in der Nacht verschwanden.
»Lord Isak«, zischte Vesna von der offenen Tür des Turms neben ihm, in dem sich die Treppen befanden.
Isak blinzelte in die Nacht hinein und bemerkte, dass es nichts mehr zu sehen gab und er gut sichtbar im Fackellicht stand. »Hilf mir mal«, sagte er, sank auf ein Knie und versuchte die unsichtbaren Verschlüsse zu öffnen. Die Rüstung aus fließendem Silber bot einen fantastischen Anblick, sie zog die Feinde in ihren Bann und verlieh ihm eine Ausstrahlung, die kein einfacher König erreichen konnte. Aber manchmal war es wirklich ein Problem, dass man die Stoßstellen und Verschlüsse nicht sehen konnte, bis sie geöffnet waren.
»Wie tief ist die Wunde? Reicht ein Verband, damit wir weitergehen können?« Graf Vesna klang nun ruhiger, selbstsicherer. Durch den Kampf waren jahrelang geschliffene Instinkte geweckt worden. Isak war froh darüber, die Veränderung aus seiner
Stimme zu lesen, auch wenn er sicher war, dass sein treuester Verbündeter ihn niemals enttäuschen würde.
»Nur ein Kratzer, glaube ich. Hilf mir dabei, diese verdammte Schulterplatte abzunehmen, damit wir das Mistding aus mir herausbekommen. Alles andere hat Zeit. Ich werde an einem solchen Kratzer nicht verbluten.«
Vesna half ihm mit geschickten Fingern und löste die Schulterplatte. Das Weißauge verzog das Gesicht, als sich der Bolzen dabei erneut in der Wunde bewegte, aber Siulents hatte den Großteil der Wucht abgefangen und der Widerhaken war in der Platte hängen geblieben. Vesna brach den Schaft ab und zog die krude Eisenspitze heraus.
Er betrachtete die Wunde und bemerkte mit wiedererwachtem Humor: »Blutet munter vor sich hin, aber du wirst es überleben.«
Sie schlossen die Rüstung wieder und Isak setzte auch den Helm auf, dann wies Vesna auf die Tür. »Die anderen warten unten. Bist du sicher, dass du den Weg kennst?«
Isak nickte und ging zügig los. Unterwegs rief er Eolis zu sich. »Purn ist dort drin«, sagte er und wies auf den runden Turm, der sich am Ende der großen Halle auf der Ostseite des Palastes erhob. »Ich kann die Magie spüren.«
»Bist du sicher, dass er es ist? Ich denke, der Zirkel hat noch ein paar Magier übrig.«
»Er ist es. Ich kann starke Barrieren spüren und glaube, dass außer ihm nur die Vampirfrau eine solche Macht besitzt. Er versucht gar nicht, unauffällig zu bleiben. Sie sollen eine Warnung darstellen.«
»Aber du kannst sie durchbrechen?«
»Auf die eine oder andere Weise«, sagte Isak bestimmt. »Aber es wird nicht schön werden, darum sollten wir schnell und leise handeln. Ich vermute, dass sich alle verbliebenen Bediensteten im
Weinkeller versteckt haben, um ihre
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