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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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nur in Augenblicken wie diesem wirklich wahrnahm.
    Wenn der Gott der Stürme solche Kleinigkeiten bemerkte, handelte er zumindest nicht. Isak spürte eine Art wachsamer Anwesenheit, die auf Scree konzentriert war. Sein Körper wurde beinahe von der Dunkelheit verschluckt. Die Stadt lastete wie ein schwarzes Mal auf dem Land, wie ein Loch, durch das die gewöhnliche Ordnung abfloss.
    Er streckte die Arme zu den entfernten Wolken aus, die zu lang ferngehalten worden waren. Er schnappte erstaunt nach Luft, als ihm Größe bewusst wurde – und er hatte Angst, dass der Schatten, der seine eigene Seele war, bei dem Versuch, so viele Meilen zu überbrücken, zu dünn gestreckt werden könnte. Doch
dann zogen sich die Wolken in einer gierigen Umarmung um die Stadt zusammen.
    Und nun kamen sie: flatternde Flügel und das Klicken in der Dunkelheit, Schemen, die hinter Insekten herschossen, ruckartig die Richtung änderten und sich seinem Licht in eleganten Spiralen näherten.
    Er hatte nicht gewusst, was geschehen würde, wenn er erst einmal hier wäre, aber er hatte der Hexe von Llehden vertraut. Er erinnerte sich an ihre erste Begegnung, als das Edle Volk von Llehden ihn als Bruder empfangen hatte. Diese Kreaturen, die sich nichts aus den Streitigkeiten der Menschen machten, hatten in Isak etwas gesehen, das er selbst nicht verstand. Er war kein vorhergesagter Erlöser – dafür brauchte Isak keine weiteren Beweise, gleichgültig, was irgendwelche dummen Prophezeiungen behaupteten – aber in der Wildnis war er immer willkommen gewesen. Und das Zeichen der Götter hatte diese Verbundenheit noch verstärkt. Jetzt fühlte er sich verbunden: das aber musste er nun erst verstehen lernen.
    Die Fledermäuse umringten ihn aufgeregt und ihre scharfen, für die Jagd geschulten Geister fragten sich, was sie da in der Luft spürten, obwohl sie keine Umrisse wahrnehmen konnten. Sie folgten ihm nach unten, sanken auf Scree hinab, wo Isaks Körper noch immer kauerte, um dann im letzten Augenblick zu den Mauern des Roten Palastes zu fliegen. Er öffnete die Augen schnell genug, um die wirbelnde dunkle Wolke noch zu sehen, die sich auf die entsetzten Soldaten stürzte und zu einem zuckenden Trichter um sie herum wurde, als sie sich ängstlich duckten.
    Isak machte einige Schritte vorwärts in das Mondlicht, das seine Rüstung erstrahlen ließ, und setzte den Helm auf. Die Fysthrall-Wachen waren zu sehr damit beschäftigt, sich vor der Säule aus Fledermäusen zu verstecken, die sich immer enger zog,
um Alarm zu geben. Isak spürte Magie durch die Nacht gleiten und wie auflodernde Flammen auf der Mauer erwachen. Er nahm den Schild vom Rücken und steckte den Arm hindurch, erwartete einen Angriff, bis er bemerkte, dass die Magie von den Fledermäusen ausging.
    »Was hast du getan?«, jammerte der sonst so schweigsame Tiniq.
    Isak löste den Blick von den Fledermäusen. General Lahks Zwilling wirkte, als sei ihm übel. Ein Beben glitt von der Mauer aus durch die Luft, und als er wieder hinsah, waren die Fledermäuse verschwunden und an ihrer Stelle stand dort eine gewaltige Gestalt, die eine große silberne Standarte hielt, auf deren Spitze eine stilisierte Figur ruhte.
    »Was ist das?«, fragte Vesna grimmig und zog sein Schwert. »Hast du noch einen Elementar geschaffen?« Er klang nicht vorwurfsvoll, nur entschlossen.
    »Pisse und Blut«, sagte Tiniq benommen. »Seht euch die Standarte an.«
    Vesna zischte entsetzt auf. »Gnädiger Tod, Isak, das ist der Torwächter.«
    »Der Torwächter?«, fragte Isak. Die Standarte kam ihm bekannt vor – ein nach einer Seite offener Kreis, in den eine Faust stieß – aber es war eine alte, undeutliche Erinnerung. Dann krampfte sich sein Herz zusmamen. »Der Herold des Todes?«
    »Er muss es sein«, sagte Vesna, klang aber, als würde er es selbst nicht so recht glauben. »Der Herold führt die Toten durch die Vorhalle, in der nur Fledermäuse und Götter verweilen dürfen, und dann zum letzten Gericht. Er besitzt die Schlüssel zum Thronsaal Tods.«
    »Und er ist gekommen, um uns zu helfen«, schloss Isak. »Vielleicht haben die Götter diese Stadt doch nicht gänzlich verlassen.« Er zeigte auf die Soldaten oberhalb der Mauer. Einige
waren geflohen, der Rest starrte voller Angst auf die reglose Gestalt und bekam nicht mit, was auf den Straßen vor sich ging.
    »Mein Lord, du verstehst nicht!«, rief Vesna entsetzt. »Der Herold des Todes verlässt die Vorhalle nicht, er erscheint auch nicht vor

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