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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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stellten Götter in verschiedenen Posen dar: Tod, der über einen auf den Knien liegenden Sünder richtete; Nartis auf der Jagd, den Speer über einen Bären erhoben. Zwischen den Statuen standen kleine Dioramen aus Stein, die mit Elfenbein, Silber und Jett verziert waren: Häuser auf Stelzen an einem Fluss oder auch Lachs, der über Felsen springt.
    Die Hexe musterte eines davon und verzog angewidert das Gesicht. Das nennen sie Kunst? Tote Dinge, die man so zuschneidet, dass sie an das Lebende erinnern, während sie in ihren Städten ohne Leben sitzen .
    Am Ende der Halle passierten sie zwei riesige blutrote Säulen, hinter denen sich zwei mächtige Holztreppen gewagt in entgegengesetzter Richtung emporschwangen, um sich auf der Höhe des nächsten Stockwerks zu vereinen. Isak setzte den Fuß vorsichtig auf die erste Mahagonistufe, um zu prüfen, wie sehr sie unter seinem Gewicht knarrte. Als er sich zufrieden umsah, war die Hexe bereits an ihm vorbei und ging auf eine Tür auf der rechten Seite zu, hinter der eine Wendeltreppe zu sehen war.
    »Vielleicht sollte ich vorgehen«, sagte Isak leise.
    Fühlst du dich nun endlich wie ein Held?
    Er lächelte. »Nein, aber trotz all deiner Tricks bist du den Mächten eines Nekromanten nicht gewachsen.«
    Isak streichelte mit seinen Gedanken über den Kristallschädel in seiner Brustplatte. Die Macht, die ihm innewohnte, glitt als warmes Gefühl durch seinen Körper, ließ seine Haut unter der Rüstung prickeln und floss um die Narbe herum, die ihm Xeliath in die Brust gebrannt hatte. Das war in einem anderen Turm, dachte er wehmütig , in einem anderen Zeitalter. Hätten mich mein Vater oder Carel damals erkannt, so wie ich heute bin?
    Ehla umfasste sein Handgelenk. Wird er das nicht erwarten ?
    »Was meinst du?«

    Seine Barrieren sind für jeden Magier offensichtlich, sehen beinahe wie eine Herausforderung an Leute wie dich aus, seine Macht mit ihm zu messen. Wäre es da nicht sicherer, sie zu umgehen, für den Fall, dass sie eine Falle darstellen ?
    Isak lachte auf. »Zu umgehen? ich bin ein Weißauge, das seit weniger als einem Jahr die Magie benutzt. Wie im Namen des Finsteren Ortes soll ich einen Magier austricksen, der so viel Erfahrung hat wie er? Wenn du einen Vorschlag zu machen hast, dann bitte.«
    Ich habe einen.
    Isak erstarrte. Das war nicht Ehlas Stimme gewesen. Dann erkannte er, dass Aryn Bwr gesprochen hatte, doch jetzt war jedes Hadern und Klagen aus der Stimme des Elfen gewichen. Er wirkte klar, und diesmal wollte Isak unbedingt hören, was er zu sagen hatte.
    Die Zauber sind direkt und gradlinig , fuhr Aryn Bwr nach einiger Zeit fort, als habe er das Problem erst ergründen müssen. Sie bemerken jeden, der die Treppe hinaufsteigt und können damit leicht umgangen werden.
    »Wie?«, fragte Isak zögernd. Er schaute in sich hinein, um seine Kontrolle über Aryn Bwr zu prüfen, aber es hatte sich nichts verändert. Sein Gefangener schien aufrichtig helfen zu wollen. Hatte der Letzte König womöglich einen Weg gefunden, seine Fesseln zu umgehen? Isaks Gedanken rasten, aber ihm fiel kein Schaden ein, den Aryn Bwr anrichten könnte. Seine Beherrschung war zu vollständig, zu grundsätzlich, um untergraben zu werden.
    Mit einem Zauber, der sie aufeinander losgehen lässt und dafür sorgt, dass sie sich gegenseitig auflösen. Mein Lehrer nannte dies den Zauber des Grabräubers. Dafür braucht man mehr Geschick als du aufzubieten hast, darum werde ich es selbst machen müssen.
    Isak antwortete nicht. Die Hexe starrte ihn nur mit einem unlesbaren Ausdruck an. Er nahm an, dass Ehla Aryn Bwrs Worte
gehört hatte, aber sie ließ es sich nicht anmerken und hatte auch keinen Ratschlag für ihn. Das Weißauge prüfte seine Kontrolle über den König erneut und ließ zu, dass sein Misstrauen und seine Angst die Entscheidung verzögerten. Der Geist spürte seine Unentschlossenheit und der bittere Geschmack der Verachtung stieg wie so oft in Isaks Kehle auf. Aryn Bwr aber schwieg und zog auch sein Angebot nicht zurück.
    Schweigend nahm Isak die Kristallschädel in die Hand und legte sie auf den Schild, der als Einziges nicht Teil der von Aryn Bwr geschmiedeten Rüstung war. »Gut, tu es.«
    Ohne zu zögern, glitt der tote König durch Isaks Bewusstsein nach vorn, überdeckte seinen Geist und glitt wie Nebel daran vorbei. Es geschah mit großer Vorsicht, so sanft, dass Isak nur ein unangenehmes Zittern verspürte, als sich seine Hände und Lippen wie von selbst bewegten.

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