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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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Achselzucken drehte Isak die Schultern herein, schon bereit, die Tür einzurennen, als der knorrige Stab der Hexe vor seinem Gesicht erschien.
    Sie trat in sein Sichtfeld und vermied dabei, die Wand zu berühren, Dann sagte sie in seine Gedanken hinein: Diese Tür ist verstärkt.

    »Glaubst du, ich kann sie nicht aufbrechen ?«, fragte Isak. Die Kraft, die in seinen Gliedern vibrierte, gierte danach, genutzt zu werden.
    Ich bin sicher, dass du das kannst, aber willst du die Kraft nur um der Kraft willen nutzen? Töte nicht, wenn es unnötig ist, zerstöre nicht, wenn etwas Eleganz auch ausreicht. Sie drückte die bleiche Hand auf die Eisenschließe und schloss die Augen.
    Verschämt löste Isak den Griff um die Magie, die über seine Rüstung floss, und schob sie wieder in den Schädel zurück. Vorsichtig trat er zurück, um Ehla mehr Platz zu geben, aber sie war so sehr konzentriert, dass sie es gar nicht zu bemerken schien. In der Tür erklang ein Klicken und dann das Schaben und Rattern von Bolzen, die sich öffneten. Ihr Körper erzitterte bei jedem einzelnen Geräusch, aber ihre Stimme klang laut und deutlich in seinem Kopf, als sie die Augen öffnete und ihn anlächelte. »Na bitte, jetzt muss man sie nur aufstoßen. «
    Isak hob den Smaragdgriff Eolis’ und drückte damit leicht gegen die Tür. Doch statt aufzuschwingen erklang ein metallisches Schaben und dann fiel die Tür in den Raum dahinter. Isak hob unter dem Helm eine Augenbraue und Ehla gab einen zufriedenen Laut von sich, als könnte sie sein Gesicht sehen.
    »Euch habe ich ganz sicher nicht erwartet«, sagte da eine unerwartete Stimme.
    Isak spähte in den Raum, der von einer einzelnen Kerze auf einem Leuchter neben der Tür spärlich erhellt wurde. Vor ihm saß – und zwar hinter einem langen Schreibtisch mit vier dünnen Beinen – der Menin-Nekromant Isherin Purn.
    Isak duckte sich durch die Tür und hielt dabei Schwert und Schild bereit. »Wen hast du erwartet?«, fragte er vorsichtig.
    »Jemand anderen.« Purn sprach trotz seiner Menin-Herkunft makelloses Farlan, besser als es Isak konnte. »Aracnan, um genau zu sein.«

    »Aracnan? Ist er in der Stadt?« Isak kam allmählich ein wenig durcheinander.
    Purn zuckte mit den Achseln. »Ich habe ihn nicht gesehen, mich aber gefragt, wem die wütenden Menschenmengen auf den Straßen gleichgültig sein würden und wer so kunstfertig durch meine Verteidigung brechen könnte. Ich habe mir dereinst etwas von Aracnan – ähem – geliehen. Er hat es ohne böses Blut zurückgefordert, aber ich habe immer vermutet, dass er sich das für einen späteren Zeitpunkt aufsparen wollte.« Er legte den Kopf leicht auf die Seite. »Vielleicht hätte er auf dem Weg hinein etwas weniger Lärm gemacht, aber trotzdem bleibt die Frage bestehen, warum Ihr Euch die Mühe macht, obwohl wir uns doch nie zuvor gesehen haben?«
    »Kannst du das nicht erraten?«
    Purn dachte einen Augenblick nach. »Die verdammte Vampirfrau gab Euch meinen Diener? Diese Schlampe. Nai konnte noch nie aufhören zu plappern. Ich bezweifle sogar, dass Ihr ihn überhaupt foltern musstet.«
    Isak schwieg. Wenn der Nekromant in Plauderlaune war, vielleicht um sein Leben zu verlängern, bestand immer die Chance, dass er etwas Interessantes erzählte.
    »Dann seid Ihr Euch über meine Befehle im Klaren«, fuhr Purn fort und bewegte langsam die Hände.
    Isak streckte eine gepanzerte Hand aus, und schon waren die Arme des Nekromanten mit Bändern aus Magie gestreckt und gebunden. Isak kniff die Augen zusammen. An Purns Gürtel glitzerte etwas, eine schlanke Glasscherbe, in die eine Rabenfeder oder etwas Ähnliches eingebettet war. Mit einem Gedanken riss es Isak vom Magier weg und schleuderte es zu Ehla hin, die es aus der Luft fing.
    »Ein Fluchtplan?«, fragte Isak. Die Hexe nickte und untersuchte den Gegenstand, wobei sie ihn in beiden Händen hielt.

    Ein nützliches kleines Spielzeug, ich denke, ich werde es behalten . »Versuch so etwas noch mal, und ich reiße dir die Arme aus«, sagte er beiläufig.
    »Ihr werdet mich ohnehin töten«, gab Purn zu bedenken. In der Stimme des Menin-Magiers war keine Angst zu hören. Er klang so ruhig wie ein Mönch nach dem Gebet.
    »Aber ich hatte vor, es schnell und schmerzlos zu machen«, sagte Isak. »Ich verspreche dir, dass es deutlich schmerzvoller sein wird, wenn du mich verärgerst, auch wenn ich so schnell wie möglich gehen sollte.«
    »Gut beobachtet«, sagte Purn mit ärgerlichem Gleichmut.

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