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Sturmbote

Sturmbote

Titel: Sturmbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
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seiner Gesten von der aufgeregten Truppe bemerkt werden würde. Darum unterdrückte Gort seine eigenen Ängste und winkte begeistert zurück. Bevor er sich wieder der Straße vor ihnen zuwandte, bemerkte er, dass einige Männer darüber lächelten.
    »In was sind wir da nur reingeraten?«, murmelte er vor sich hin. »Wird eine Legion genug sein?«
    Das Pferd zuckte beim Klang seiner Stimme mit den Ohren und er griff die Zügel fester. Die Pferde waren so schreckhaft wie die Männer. Vielleicht spürten auch sie, dass dies nicht länger ein Ort für die Lebenden war. Dies offenbarte sich nicht nur in den zerschlagenen Fenstern verlassener Gebäude – oder in den Schatten, die am Fuße jeder eingerissenen Wand lauerten oder sogar in den verunstalteten Leichen überall in der Stadt. Er konnte nicht sagen, was schlimmer war, der fürchterliche Anblick des Feuers, das ungezügelt ganze Straßenzüge erfasste und alles in seinem Weg verzehrte oder die Ruinen in der rätselhaften Dunkelheit. Schweiß rann ihm in Strömen den Rücken hinab. Die Hitze lag noch immer als schweres Gewicht auf seinen Schultern, obwohl seit kurzem eine steife Brise wehte.
    General Gort fing Leutnant Mehars Blick auf und sein Gehilfe eilte zu ihm.
    »Was haltet Ihr von diesem Ort, Mehar?«, fragte er. »Es ist so
heiß, dass man kaum ein Hemd tragen mag, von der Rüstung ganz zu schweigen. Ihr seid ein Gelehrter, was denkt Ihr?«
    Erleichterung zeigte sich auf dem Gesicht des jungen Mannes. Gort unterdrückte ein Schmunzeln. Mehar hatte offensichtlich befürchtet, für einen Fehler bestraft zu werden. Er war in den letzten Wochen von den meisten der Besprechungen des Generals ausgeschlossen worden. Er war ein guter Gehilfe und hatte einen wachen Geist, aber seine Ergebenheit dem Orden gegenüber machte es unmöglich vorherzusagen, wie er auf die Diskussionen über ein Abkommen mit den Farlan oder den daraus erwachsenden Streit mit dem Ritter-Marschall reagieren würde. Im Augenblick konnten sie das Risiko nicht eingehen, es herauszufinden.
    »Es fühlt sich an, als stünde das Land auf dem Kopf«, sagte Mehar zögernd. Er war ein schüchterner junger Mann von fünfundzwanzig Wintern, dessen Gemüt gar nicht zu seinem großen, starken Körper passte. Sein Vater war kaum schlau genug gewesen, um eine Axt zu schwingen. Aber er hatte darauf geachtet, dass sein Sohn ebenso viel Zeit auf das Lernen verwandte wie auf den Versuch, in die übergroßen Fußstapfen seines Vaters zu treten. Es hatte sich gelohnt, denn Mehar liebte seine Bücher.
    »Die natürliche Ordnung wurde hier gestört, Herr. Ich glaube, darin liegt der Grund, warum die Pferde nicht durch das Tor der Vorburg gehen wollten. Wir sollten herausfinden, ob diese Verstimmung nur eine Nebenwirkung ist oder ob sie das eigentliche Ziel war.«
    »Und um das zu erfahren, bräuchten wir einen Magier?«
    Mehar nickte unglücklich. Ihr Orden stand jeder Art von Magie äußerst ablehnend gegenüber. Das stellte ihre größte Schwäche im Kampf dar, aber es war eine Ansicht, die alle teilten: Magie war eine widernatürliche Kunst und gehörte auf das Feld der Götter, nicht der Menschen. Menschen, die diese Gabe in sich
trugen, wurden nicht dafür verurteilt, aber man legte ihnen doch nahe, der Magie in ihrem Innern zu entsagen. Für den Orden bedeutete Magie eine Sucht, die durch den rechten Glauben besiegt werden konnte.
    »Ich hoffe nur, dass wir es nicht auf die harte Weise erfahren werden, Herr.« Er atmete durch und sah zu den leeren Gebäudehülsen am Straßenrand. »Die natürliche Ordnung der Dinge ist folgende: dass die Götter in der Höhe herrschen und die Menschheit ihnen dient. Was werden wir wohl in Sechs Tempel vorfinden, wenn sich dies umgekehrt hat?«
    »Das ist kein sehr angenehmer Gedanke, Mehar. Sondern ein ganz und gar unangenehmer.«
    Beide Männer schwiegen, bis sie das Ende des Bärenwegs erreicht hatten.
    Der Haupttrupp wurde von leichten Infanteristen flankiert, von denen die eine Hälfte Fackeln trug und die andere Hälfte ihre Waffen bereithielt. Das flackernde Licht erhellte einen alten Marktplatz, auf dem die Reste zerbrochener Stände und zerrissener Planen verstreut lagen.
    Gort sah hinter einem weit entfernten Stand eine dunkle Gestalt vorbeihuschen, groß und geschmeidig, mit einem knochenbleichen Gesicht. Aber im nächsten Augenblick war sie schon wieder verschwunden und die Soldaten marschierten ungehindert weiter. Es war nur das Licht der Fackeln , redete sich

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