Sturmbringerin
seid.«
»Ich weiß es nicht. Ich kann nichts sehen. Sie haben uns feinverschnürt auf einen Karren gesetzt und sind gleich aufgebrochen. Ich weiß nicht sicher, in welche Richtung wir fahren.« Jase wandte seinen Kopf hin und her und hoffte, erkennen zu können, aus welcher Richtung das noch schwache Licht der Morgendämmerung kam.
Wenn ihn nicht alles täuschte, befand sich die Sonne an seiner Seite. »Ich glaube, die Sonne steht rechts von uns.«
Die Geräusche, die die Hufe der Pferde und die Räder des Karrens machten, veränderten sich, während Jase sprach. Sie klangen jetzt heller und lauter. »Wir haben gerade eine Straße erreicht. Vermutlich schaffen sie uns durch Loran weiter nach Norden.«
Jase begann mit dem Schlimmsten zu rechnen. Es lag nahe, dass man sie direkt nach Turont brachte. Bei zügigem Tempo konnten es die Reiter innerhalb von zehn Tagen schaffen. Sollten sie Turonts innere Grenze überqueren, waren sie rettungslos verloren.
Levis Stimme riss ihn aus seinen dunklen Gedanken. »Leandra will euch hinterher.«
Eine Mischung aus Hoffnungslosigkeit und Verbundenheit machte sich in Jase breit. »Ich weiß nicht, ob das eine gute Idee ist.«
»Sie besteht darauf.«
»Bitte sag ihr folgendes: Wir tragen die Verantwortung für tausende von Menschen, die auf uns vertrauen und die wir zu beschützen geschworen haben. Außerdem dienen wir einer höheren Sache. Leandra darf euch nicht verlassen. Ihr dürft nicht führungslos zurückbleiben, wenn ich befürchten muss, dass euch in Kürze ein turontisches Heer überfällt.
Ihr müsst von dort verschwinden und zwar so schnell es geht. Leandra muss euch weit wegbringen. Es ist zu gefährlich, uns zu verfolgen. Die Begabten, die Hias bei sich hat, schalten euch innerhalb von Sekunden aus, ohne dass ihr etwas erreichen könnt.«
Es war Jase schwer gefallen, Leandras Vorschlag abzulehnen. Dennoch war es notwendig gewesen. Es verhielt sich wie mit Kaj‘ Gefangenschaft. Das Risiko war einfach zu groß. Er könnte es nicht mit sich vereinbaren, wegen seiner eigenen Sicherheit, das Leben hunderter, wenn nicht sogar tausender, Rebellen zu gefährden.
Auch Levi rang mit sich. »Wir können doch nicht einfach zusehen, wie sie euch verschleppen.«
Jase holte tief Luft, sein Atem wurde heiß und feucht von dem Stoff zu ihm zurückgeworfen. »Wir können immer noch überlegen, ob es eine andere Möglichkeit gibt. Erstmal ist es am wichtigsten, dass Leandra euch an einen sichereren Ort führt.«
Das Schweigen hielt an. Wahrscheinlich diskutierte Levi mit Leandra und Aninna.
»Wir werden den Aufbruch vorbereiten« , sagte Levi schließlich trostlos.
Jase war erleichtert. »Gut, bereitet alles vor. Flieht so schnell ihr könnt. Sobald ihr unterwegs seid, setz dich bitte mit mir in Verbindung.«
»Das werde ich.«
Die Verbindung brach ab und Jase fühlte, dass er mit seinen Gedanken wieder allein in seinem Kopf war. Stunden vergingen, in denen die Turonter keinen Halt machten.
Das blasse Licht, das durch das Leinen schien, wurde rötlich und verblasste schließlich ganz. Die Nacht brach herein und Jase begann sich zu fragen, ob die Turonter im Dunkeln weiter ritten oder ob sie anhielten.
Es wäre eine Erleichterung wieder frei atmen und vielleicht sogar ein paar Schritte laufen zu können. Natürlich hieß es nicht, dass die Soldaten sie von dem Karren ließen, geschweige denn, ihnen die Säcke abnahmen. Aber man durfte doch noch hoffen.
»Jase?« Levis Stimme riss ihn aus seinen Gedanken.
»Ich höre dich, Levi.«
»Wir sind vor einer knappen Stunde aufgebrochen. Bisher gab es keine Anzeichen für turontische Soldaten.«
»Immerhin etwas.«
»Leandra hatte ein paar Späher ausgeschickt. Sie haben eure Rüstungen gefunden und mitgenommen. Wir wollen doch nicht, dass sie verloren gehen. Schließlich braucht ihr sie, wenn ihr zu uns zurückkommt.« Jase konnte Levis bemühten Optimismus aus dessen Worten heraushören. Er war sich selbst nicht sicher und Jase auch nicht. Er wollte hoffen, wusste aber nicht, was er Levi sagen sollte.
Auch Levi wurde die Stille unangenehm. »Du lagst mit deiner Vermutung übrigens richtig« , setzte er an.
»Welcher Vermutung?«
»Laut den Spähern führten eure Spuren wirklich nach Norden in Richtung Loran.«
»Das ist nicht unbedingt ein gutes Zeichen.«
Dieses Mal schwieg Levi.
»Wohin geht ihr?« , fragte Jase.
Gerade wollte Levi ihm ihr Ziel nennen, als Jase ihn unterbrach. »Nein warte, sag es mir besser
Weitere Kostenlose Bücher