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Sturmbringerin

Sturmbringerin

Titel: Sturmbringerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefanie Kullick
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allmählich zu dämmern. Völlig erschlagen setzte sie weiterhin einen Fuß vor den anderen. Sie wollte nur noch nach Hause und in ihr Bett.
    Es wurde immer anstrengender wach zu bleiben. Sie hatten Zersia mal wieder viel zu spät gerufen. Inzwischen hätte sie sich daran gewöhnt haben müssen, aber sie ärgerte sich jedes Mal aufs Neue, wenn sie zu einem Kranken gerufen wurde, dessen Leben bereits auf Messers Schneide stand. Es machte die Heilung für sie beide nur unnötig anstrengend.
    In diesem Fall war es ein kleiner Junge gewesen, der beim Klettern von einem Baum gefallen war. Bei dem Sturz hatte er sich einen offenen Unterschenkelbruch zugezogen. Das war vor über einer Woche geschehen und man hatte gestern erst nach ihr geschickt. Hätte ihn das durch die schwere Entzündung verursachte Fieber nicht bereits fast umgebracht, so hatte nicht mehr viel gefehlt und sein Bein wäre rettungslos verloren gewesen, auch für Zersias Kräfte.
    Nach all den Jahren, die die Menschen der umliegenden Dörfer sie nun schon kannten, war es umso bitterer immer erst gerufen zu werden, wenn alles andere bereits versagt hatte. Zwar verlangte sie eine angemessene Entlohnung, doch ließ Zersia es meist im Ermessen der Angehörigen, was ihnen das gerettete Leben wert war. Es war nicht immer viel, doch reichte es für sie und ihren Bruder zum Leben.
    Sie bog um die nächste Kurve und hielt erneut Ausschau. Endlich entdeckte Zersia zwischen den Bäumen ihr Haus am Waldrand. Es lag ein wenig abseits vom Dorf, das war sowohl Zersia als auch den dortigen Bewohnern lieber.
    Zersia kniff die Augen zusammen, damit sie durch den Regen besser sehen konnte. Das durfte doch wohl nicht wahr sein! Nicht das kleinste bisschen Rauch stieg aus dem Schornstein. Jira trieb sich also selbst bei diesem Wetter sonst wo herum und hielt es nicht einmal für nötig, das Haus warm zu halten. Geschweige denn vielleicht eine Kleinigkeit zu kochen und das obwohl sie fast zwei Tage unterwegs gewesen war und er doch wissen musste, dass sie an diesem Abend zurückkäme.
    Zersias Wut über ihren kleinen Bruder beschleunigte ihre Schritte und sie stapfte entschlossen weiter durch den Matsch. Endlich ließ sie den Wald hinter sich und umrundete in einer letzten weiten Kurve das Haus von hinten. Auf dem gepflasterten Hof angekommen, klopfte sie sich grob den Schlamm von den Schuhen. Sie wollte ihr Heim nicht unnötig schmutzig machen, schließlich wäre sie diejenige, die es auch wieder putzen müsste. Jira tat es so gut wie nie. Zersia kratzte den letzten Matschbrocken vom Absatz ihres Stiefels und wandte sich endlich der Haustür zu.
    Was sie sah, verschlug ihr augenblicklich den Atem und die Panik drückte ihr fast das letzte verbliebene bisschen Luft aus der Lunge. Sie stürmte auf die offenstehende Tür zu und sah ihre schlimmsten Befürchtungen bestätigt, sobald sie sie erreichte. Die Tür war nicht bloß offen, sie stand kaum noch aufrecht. Lediglich das halbverbogene obere Scharnier und der Boden, auf dem die Tür nun schleifte, hielten sie noch an ihrem Platz. Erschüttert sah Zersia sich im Inneren um. Der Boden war mit zahllosen matschigen Fußabdrücken übersät. Sie stieg mit zittrigen Beinen über die Schwelle und betrat das, was von ihrem geliebten Heim übriggeblieben war.
    Es war schwer etwas auszumachen. Zersia griff nach links und wollte die Lampe von der Kommode nehmen, damit sie besser sehen konnte. Ihr Griff ging ins Leere. Sie hatten die Kommode umgeworfen und ihr Inhalt lag über den Boden verstreut. Dann musste Zersia eben ohne Licht weitergehen. Sie straffte sich und versuchte ihren pochenden Herzschlag zu beruhigen, bevor sie ihre Füße wieder in Bewegung setzen konnte.
    Ihr blieb nicht die Zeit, so schockiert und zerstreut auf der Schwelle zu stehen. Sie musste sich beeilen. In dem Bewusstsein kostbare Sekunden zu verlieren je länger sie hier stand, ging Zersia endlich weiter hinein. Zerbrechendes Glas knirschte unter ihrem Schuh, das musste ihre Lampe sein. Allmählich gewöhnten sich ihre Augen an das schummrige Licht im Inneren ihres Hauses und sie sah sich um. Es waren noch weitere Möbelstücke umgeworfen worden. Nur noch einer der Stühle ihrer Essecke stand, die anderen drei sowie der Tisch lagen am Boden.
    Die Zerstörung setzte sich fort bis sie die Treppe, die zu ihren Schlafzimmern führte, erreichte. Schleunigst musste sie oben nachsehen. Vielleicht hatte Jira sich dort versteckt und die Soldaten hatten ihn nicht finden

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