Sturmbringerin
Aber das weiß niemand mehr, es sind nur Vermutungen.
Jedoch ist es die Wahrheit, dass sie diese Verbannung überlebten und gestärkt daraus hervorgingen. Mit einigen Ländern treiben sie wohl mittlerweile Handel, wie ich hörte. Doch bleiben sie unter sich und kommen nicht hierher.«
Ich brauchte frische Luft und wollte mich wieder auf den Weg machen, nun wo wir ein vielversprechendes Ziel vor Augen hatten und uns sputen mussten, damit Van es auch lebend erreichte.
Hastig stand ich auf und wäre fast über die Stuhlbeine gestolpert, weil ich ihn nicht richtig zurückgeschoben hatte.
»Habt vielen Dank für Eure Hilfe, die Geschichte und den Tee. Wir sollten aufbrechen, uns bleibt nicht viel Zeit«, sagte ich leise, während ich versuchte, meine sich überschlagenden Gedanken weiter zu ordnen und mir Klarheit über das in mir tobende Gefühlschaos zu verschaffen.
Van und Agnetha erhoben sich ebenfalls. Agnetha hatte eine Verabschiedung auf den Lippen, kam jedoch nicht dazu, die Worte auszusprechen.
Vor ihrem Haus war es unruhig geworden. Eilig schlugen Hufeisen auf das Straßenpflaster und kamen immer näher. Abrupt endete das Geräusch und es klang, als käme das Pferd unmittelbar vor der Tür zum Stehen. Unruhig vernahm ich das gedämpfte Wiehern unserer Pferde.
Schnell streckte ich meine Gabe aus und stellte halbwegs erleichtert fest, dass es sich nur um eine weitere Person und ein Pferd handelte.
Im nächsten Moment wurde die Haustür aufgerissen und ein schwer atmender Mann stand im Rahmen, wobei sein Körper ihn fast vollständig ausfüllte. In seiner Hand hielt er ein langes Jagdmesser. Durchdringend musterte er uns und übertrat die Schwelle. Van stellte sich schützend vor mich. Die Hand bereits am Schwertknauf.
Agnetha ging dem Mann entgegen und verstellte ihm den Weg. »Nastar, beruhige dich. Es sind nur Reisende, die Hilfe beim Finden ihres Weges brauchten. Sie haben nicht vor, mir etwas zu tun.«
Agnethas Worte machten nicht nur mich stutzig, sondern auch Van, wie ich an seinem überraschten Zusammenzucken bemerkte.
»Warum sollten wir den Wunsch verspüren, Euch etwas anzutun?«, fragte er ungläubig.
»Ihr habt uns sehr geholfen. Wir sind Euch dafür dankbar«, fügte ich hinzu.
Der wilde Blick des Mannes wurde weich, als er nun Agnetha betrachtete, die die letzten Schritte Distanz zu ihm überwand und ihm beruhigend eine Hand auf den Arm mit dem Messer legte.
Ihre geflüsterten Worte konnte ich nicht verstehen. Doch schienen sie ihre Wirkung nicht zu verfehlen.
Nastar steckte das Messer zurück in seinen Gürtel und seine angespannten Züge lockerten sich. Auch Van nahm die Hand zurück vom Griff seines Schwertes, dennoch war seine Haltung nach wie vor wachsam.
Ich verstand den Aufruhr von Agnethas Mann nicht. Was hatte er bloß geglaubt, was wir zu tun beabsichtigten?
Agnetha nahm ihn bei der Hand und führte ihn zu uns in die Mitte des Raumes. Sie stellte uns einander vor.
»Mein Auftritt tut mir leid«, setzte er an, auch er schien sich noch nicht vollends beruhigt zu haben. »Ich hatte nur die Pferde vorm Haus gesehen und kam zu der Überzeugung, dass diese verdammten Idioten ihre Drohung wahrmachen wollten.«
Van gab seine Habachtstellung auf und wurde wieder ruhiger. »Wovon sprecht Ihr?« Sein Tonfall spiegelte eine Mischung aus Interesse und Skepsis wider.
Anstatt Vans Frage zu beantworten, wandte Nastar sich an seine Frau. »Du wolltest niemanden hineinlassen, solange ich nicht da bin«, sagte er tadelnd.
Agnetha bugsierte ihn an den Tisch und drückte ihn auf einen der Stühle nieder. »Trinkt Ihr noch einen Tee mit uns, bevor Ihr aufbrecht? Ich weiß, Ihr habt es eilig, aber es schadet bestimmt nicht, die Antwort auf Eure Frage zu hören.« Bei ihren letzten Worten hatte Agnetha uns durchdringend gemustert. Sie hatte Recht, ich wollte nur zu gern wissen, warum ihr Mann bloß auf die Idee gekommen war, wir hätten Agnetha etwas antun wollen.
Ich nickte schweigend und schob meinen Stuhl ebenso wie Van zurück. Agnetha holte einen weiteren Becher und setzte sich mir gegenüber. Ich konnte nicht umhin, dass mein Blick abermals an der Narbe, die quer über ihren Hals verlief, hängenblieb. Sie sah nicht so aus, als hätte sie bei einem Unfall entstehen können. War Nastar der Meinung jemand wollte seine Frau ermorden?
Das hätte zumindest seine heftige Reaktion erklärt. Ich wartete gespannt, aber keiner von beiden setzte zu sprechen an.
»Welche Idioten bedrohen Euch?«,
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