Sturmfahrt der Liebe: Er war der König der Meere - und sie die Herrscherin seines Herzens (German Edition)
lieber auf der Fregatte geblieben. Noch lieber wäre ich gar nicht erst von der Aurora und vor Captain Blackwell geflohen.«
»Vor dem Captain, der Sie wegen Meuterei in Ihre Kabine sperrte?«
»Ja.«
»Wenn Sie gern auf der Aurora geblieben wären, warum haben Sie dann eine Meuterei angeführt?«
Ein weiterer Schlüssel erwies sich als Niete, und sie stöhnte frustriert. »Ich habe sie nicht angeführt. Das war Anna. Sie nötigte mich, ihr zu helfen.«
Sie dachte an Captain Blackwells heißen Kuss, an die verspielte Art, mit der er ihr Mieder aufgehakt hatte, an seinen warmen Atem auf ihrem nackten Busen – und wurde rot.
»Trotzdem hat der Captain Sie eingesperrt?«
»Aber ja! Er war äußerst erbost, was ich ihm nicht verübeln kann.« Sein Zorn, als er begriff, dass sie ihn hintergangen hatte, war unheimlich gewesen.
»Ich verüble es ihm. Sie sind viel zu gutmütig. Soll ich ihn aufspießen?«
»Auf keinen Fall!«, erwiderte sie entsetzt.
»Na schön.« Er klang verwundert. »Wenn Sie es wünschen, lasse ich ihn am Leben.«
Ihre Finger zitterten, als sie einen weiteren Schlüssel ins Schloss schob. Dieser drehte sich endlich. Das Gitter ächzte, als sie es nach oben stieß.
Nun griff der Pirat sie wieder in der Taille und hob sie von seinen Schultern. Evangeline schüttelte ihren Rock aus, während der Mann die Arme nach oben reckte, hochsprang und die Kante der Öffnung fasste. Von dort zog er sich hinauf durch das Loch und war fort.
Evangeline seufzte. Natürlich! Sie hatte ihn befreit, und nun brauchte er sie nicht mehr. Er würde das Gitter wieder zuschlagen und sie hierlassen, auf dass die spanischen Wärter sie fanden. Falls das Gefängnis nicht über ihr einstürzte, würden sie sie in Ketten legen, weil sie dem berüchtigten Sebastian zur Flucht verholfen hatte.
Dann aber erschien das Gesicht des Blonden wieder in der Öffnung. Er streckte ihr die Arme hin.
»Geben Sie mir Ihre Hände!«
Sie tat es, worauf er sich noch weiter hinunterbeugte, seine Hände unter ihre Arme legte und sie nach oben zog. Sein Griff war stark und sicher, und anscheinend mühelos hob er sie durch die Öffnung.
Sie landete auf harter Erde, setzte sich auf und strich sich den Staub vom Rock. »Wo sind wir?«
»Noch zu nahe. Kommen Sie!«
Er sprang auf die Füße und half ihr auf. Sie waren in der Nähe der hinteren Mauer, die Anna gesprengt hatte. Darin klaffte ein großes Loch, aber es sah nicht aus, als wäre das Gefängnis im Begriff einzustürzen. Die dicken Wände hielten.
Vor dem Gefängnis kämpften Männer mit Schwertern. Pistolenschüsse knallten durch die Dunkelheit. Evangeline erkannte die spanischen Wachen, Matrosen vom englischen Schiff und – ihr Herz pochte sofort schneller – Captain Blackwells Männer.
»Anna wartet dort drüben auf Sie.« Sie zeigte auf die Stelle, an der das Boot der englischen Fregatte lag. »Laufen Sie!«
»Sie kommen mit mir.«
Evangeline schüttelte den Kopf, bis ihre Haare sie im Gesicht piksten. »Nein. Nie wieder!«
»Ich werde Sie nicht hier zurücklassen. Das ist viel zu gefährlich.«
»Lieber bleibe ich und versuche mein Glück bei den Wärtern.«
Er sah sie streng an. »Nein, werden Sie nicht. Die machen Ihnen die Hölle heiß!«
»Aber wenigstens werde ich es noch erleben.«
Er trat vor sie. Erst dachte sie, er wollte ihr widersprechen, doch plötzlich bückte er sich, schlang die Arme um ihre Beine und hob sie sich über die Schulter. »O nein, das würden Sie nicht!«, sagte er. »Ich müsste Sie retten, und ich bin nicht in der Stimmung, den Helden zu mimen.«
Sie trommelte mit den Fäusten auf seinen Rücken ein. »Lassen Sie mich runter! Ich will auf die Aurora !«
Er hörte nicht auf sie, sondern lief mit ihr in die Dunkelheit, während sie wild zappelte.
Kapitel 9
W ie sie da so kopfüber über der Schulter des Piraten hing, hörte Evangeline das Wellenrauschen und roch das Meer. Dann wehte ihr Annas schrille, brutale Stimme entgegen. Der ältere Matrose erwiderte etwas und klang sehr aufgebracht.
Auf einmal rief Anna: »Sebastian! Hierher, Liebster, schnell!«
Evangelines Entführer rannte so schnell über den Strand, dass seine Stiefel ihr den Sand ins Gesicht schleuderten. Kaum sah sie das Ruderboot, blieb er stehen und beugte sich vor, um Evangeline von seiner Schulter gleiten zu lassen. Sie stieß einen stummen Schrei aus, als ihre Füße den Grund berührten.
Inzwischen riss der Wind die Wolken auf, und der Mond leuchtete heller
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