Sturmflut mit Schokoladenengel
Team für sechzehn Uhr zu einer Besprechung zusammenzurufen. Vielleicht saß er auch schon in seinem Honda und steuerte den Stadtwald an.
Ich gab Gas. „Eine leichte Entzündung des Muttermundes.“ Es konnte nichts schaden, schon einmal die Diagnose zu üben. Steffen würde mich danach fragen. „Ein bisschen Salbe und zwei Wochen Abstinenz.“ Ich sprach die Sätze laut vor mich hin, während ich mich auf der Bundesstraße der Stadt näherte. Gregor hatte sich das so ausgedacht. Auch die rezeptfreie Salbe hatte er mir schon gestern in der Apotheke besorgt.
Etwa zwei Kilometer vor der Stadt begann der Stadtwald. Die vertraute Hitze schoss mir aus der Brust in die Kehle. Ich atmete dagegen an. „Trotzdem muss ich mit ihm reden.“ Ich führte Selbstgespräche, während ich in den Waldweg einbog, der zu dem abgelegenen und kaum benutzten Wanderparkplatz führte. „Ich halte es nicht länger aus.“
Als ich seinen Honda auf dem Parkplatz stehen sah – der einzige Wagen weit und breit – wusste ich schon nicht mehr, was genau ich nicht länger auszuhalten glaubte: die Sehnsucht nach ihm oder das schlechte Gewissen. Das Herz galoppierte mir durch Schoß und Bauch und Kehle und wieder zurück in den Schoß.
Ich hielt neben dem blauen Honda. Schnell streifte ich mir die Unterhose ab und ließ sie in meiner Handtasche verschwinden. Dann stieg ich aus.
*
Er stieß mir die Wagentür auf, ich ließ mich auf den Beifahrersitz fallen. „Ich muss mit dir reden, Gregor ...“
Wie ein hungriger Löwe fiel er über mich her. „Und ich muss dich vögeln, mein Süßes ...“
Alles geschah wie sonst auch: Ich bekam kaum mit, wie seine Finger meine Bluse öffneten. Als ich seinen Bart an meinen Brüsten spürte, vergaß ich alles, was ich ihm hatte sagen wollen. Ich seufzte nur noch. „Küss mich, Gregor“, seufzte ich. „Um Gottes Willen, küss mich ...“
Er saugte sich an meinen Brustwarzen fest und schob meinen kurzen Rock hoch. „Küss mich überall ...“ Ich vergaß mich. Wie hieß ich, wo wohnte ich, mit wem war ich verheiratet? Alles vergaß ich.
So heftig und fordernd fiel er über mich her, als hätte er mich wochenlang nicht mehr angerührt. Dabei hatten wir uns erst vor zwei Tagen, als Steffen auf dem Elternabend war, im nächtlichen Werkzeugschuppen geliebt. Ich tastete nach seinem Gürtel.
„Komm!“, stöhnte er. „Komm, du ...!“ Er riss meine Hüften herum, drängte sich unter mich auf den Beifahrersitz. „Du bist ja schon nass wie eine Meerjungfrau ...“ Recht hatte er, und außerdem war ich weiter nichts mehr als ein willenloses, vor Sehnsucht vergehendes Bündel Frau. Er zog mich auf seinen Schoß, drückte meine Schenkel auseinander und stieß zu. „Ich will dich!“
Ich schrie auf – so plötzlich und so tief füllte er mich aus. „Hör nicht auf.“ Ich ritt schneller und wilder und atemloser. „Hör nicht auf, Gregor, ich flehe dich an ...!“
*
„Eine leichte Entzündung des Muttermundes.“ Steffen hörte aufmerksam zu; er hörte eigentlich immer aufmerksam zu. Eine der Eigenschaften, die ich so an ihm schätze. „Der Arzt hat mir eine Salbe verschrieben.“ Ich stand auf, um das Abendessen abzuräumen. „Und wir sollen uns die nächsten zwei Wochen zurückhalten.“
„Wir haben eine Schwangerschaft überstanden, Liebling.“ Steffen stand auf und umarmte mich von hinten. „Wir werden auch diese zwei Wochen überleben.“
Mir schnürte es das Herz zusammen. Unendlich schuldig fühlte ich mich. Seit einem halben Jahr führten Gregor und ich dieses Doppelleben. Ich ertrug es nicht länger. Ich muss mit Gregor reden , dachte ich zum tausendsten Mal.
„Übrigens – Gregor und Ina kommen morgen Abend zu uns 'rüber.“ Steffen hielt mich noch immer fest. „Ina hat vorgeschlagen, dass wir den Urlaub wieder gemeinsam verbringen. Was meinst du?“
Ich hielt den Atem an. Letztes Jahr im Urlaub hatte alles begonnen zwischen Gregor und mir. Am vorletzten Tag – in den nächtlichen Dünen hatten wir alle Vernunft und alle Hemmung fahren lassen. Und jetzt wieder Campingwagen an Campingwagen mit Gregor, vier Wochen lang? Wie um alles in der Welt sollte ich das durchstehen? „Gute Idee“, hörte ich mich sagen.
*
Gregor wartete an der schmalen Straße, die zum Friedhof führt. Wie immer trat er plötzlich in den Lichtkegel der letzten Straßenlaterne, blinkte mit der Taschenlampe und winkte. Schweigend gingen wir nebeneinander her, bis wir kurz vor der Ortsgrenze in
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