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Sturmherz

Sturmherz

Titel: Sturmherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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schwamm, Louans Freundin?
    Nein, wohl kaum. Vier Mäuler gespickt mit kegelförmigen Zähnen schossen auf mich zu. Sprudelnde Blasen tanzten hinter den Finnen der Wale her und bildeten hinter ihren Schwanzflossen helle Schweife.
    Ich spürte ihre Jagdlust als elektrisches Prickeln in meinem Kopf. Mein Überlebensinstinkt verpasste mir eine wahre Schockwelle an Kraft, sodass ich schneller schwamm, als meine Sinne folgen konnten. Ein neuer Rausch löste den vorherigen ab. Kein Gedanke erreichte mich. Ich musste nichts entscheiden.
    Stattdessen schwamm ich um mein Leben.
    Die Orcas holten auf. Plötzlich war einer der Wale über mir, zwei weitere rechts und links, ein vierter unten. In wahnwitzigem Tempo schlängelte ich mich durch schwarzweiße Kolosse hindurch.
    Reißender Schmerz brach in meiner Schwanzflosse auf. Zähne gruben sich hinein, schleuderten mich herum und warfen mich ins Blaue hinein. Mir schwanden die Sinne. Ich durfte nicht sterben! Ich musste zu Louan!
    Taumelnd glitt ich in die Tiefe. Ein gewaltiger Kopf raste auf mich zu, rammte mich von unten und schleuderte mich zur Oberfläche hinauf. Ein weiterer Wal kam herbei, um mir mit seiner Fluke einen Schlag zu verpassen.
    Sie spielten mit mir. So, wie ich es in Tierfilmen gesehen hatte. Ich war plötzlich zum Teil eines grausamen Rituals geworden, das Menschen sich nur auf flimmernden Fernsehbildschirmen ansahen.
    Aber ich war kein Mensch mehr.
    Himmel, Wellen und die Küste wurden zu einem wirbelnden Kaleidoskop. Ich klatschte zurück ins Wasser, sah ein weit aufgerissenes Maul auf mich zukommen. Diesmal würden sie nicht nur spielen. Ich wollte ausweichen, irgendetwas tun, stattdessen schien sich mein Körper bereits in eine Welt verabschiedet zu haben, in die mein Geist bald folgen würde.
    Ein wütender Pfeifton, ein gewaltiger Aufschlag. War ich tot? Hatte ein von meiner Angst produzierter Chemiecocktail mir alle Schmerzen erspart?
    Nein, ich lebte. Hilflos an der Oberfläche treibend und in die Tiefe blickend. Ein großes Orcaweibchen hatte den Wal, dessen Beute ich werden sollte, brutal in die Seite gestoßen. Benommen trieb er unter mir, während das Weibchen sich über seine Gefährten hermachte. Gnadenlos versetzte sie ihnen Stöße mit ihrem Kopf, peitschte mit der Fluke das Wasser, pfiff und sang mit wildem Zorn. Widerwillig wichen die Tiere zurück, bis sie wie Geister im Blau verschwanden.
    Das Walweibchen kam zu mir, berührte mich sanft mit ihrer Schnauze und fragte mich nach meinem Befinden.
    Ich stutzte. Hörte ich ihre Gedanken? Nicht als Worte, sondern als Gefühle, wie ein warmer Fluss in meinem Geist? Wie sollte ich darauf antworten?
    In den schwarzen Augen des Wals blitzte Erkenntnis auf.
    Komm. Ich weiß, wo er ist. Ich bringe dich zu ihm.
    Ihre Angst vereinte sich mit Verzweiflung, ihr Zorn wurde zu meiner Wut. Die Wunde in meiner Schwanzflosse begann sich bereits zu schließen, ich spürte sie kaum mehr.
    Nachdem ich das Fell ein weiteres Mal vom Grund heraufgeholt hatte, schwamm ich Seite an Seite mit dem Orcaweibchen in die offene See hinaus. Sie zog es vor, durch tiefe Wasser jenseits der Küstenlinie zu schwimmen, deren Schutz, wie ich soeben erfahren hatte, nur Einbildung war.
    An ihrer Seite fürchtete ich mich nicht mehr. Wenigstens nicht vor den Gefahren dieser Welt. Meine Angst um Louan hingegen dominierte all mein Denken. Die säuselnden Strömungen der Walgedanken waren nur ein milder Trost. Während wir Richtung Süden strebten, immer wieder die Oberfläche durchbrechend, um zu atmen, erzählte sie mir von ihrem Leben.
    Es war eine beneidenswerte Existenz, so herrlich geordnet und klar, ohne all das Chaos, das sich durch ein Menschenleben zog. Alles folgte natürlichen Bahnen, den Gesetzen von Leben, Tod und Liebe, sodass mir meine eigene Vergangenheit bald wie ein wirres Gefasel aus Sackgassen und Sinnlosigkeiten erschien. Also erinnerte ich mich nur an das, was ich als schön empfand.
    Dad, unser Gewächshaus. Die bunten Vögel. Musik, Tänze zwischen Orchideen und … Louan.
    Meine Augen brannten. Ich musste zu ihm und ihn zurückholen in die Welt, in die er gehörte. Wie lange schwammen wir bereits? Stunden oder Tage? Über mir wurde es dunkel, dann wieder hell. Zeit bemaß sich hier nach anderen Regeln.
    Wir müssen uns beeilen! , vermittelte ich dem Wal. Lass uns schneller schwimmen.
    Gemeinsam jagten wir durch das Wasser, bis vor uns in der Morgendämmerung die Lichter einer Stadt

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