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Sturmherz

Sturmherz

Titel: Sturmherz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
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schimmerndes Haar, seine schwarzen Augen, die blasse Meereshaut und die sich darunter bewegenden, geschmeidigen Muskeln. Er hatte so viel gesehen und erfahren, dass der Schleier, den wir Menschen vor dem Gesicht tragen, für ihn schon vor langer Zeit gelüftet worden war. Wie nahm er mich wahr? Was dachte er wirklich?
    Alles war egal.
    Für heute Nacht. Denn ein paar Stunden lang gehörte Louan mir, und ich gehörte ihm.
    „Versprich mir eins.“ Mit der Anmut einer Katze beugte er sich über mich. „Wenn ich gehen muss, werde ohne mich glücklich. Lebe weiter dein Leben. Erfüll dir deine Träume. Ich kann dir das hier nur schenken, wenn du mir versprichst, nicht traurig zu sein.“
    „Versprochen.“ Mühsam unterdrückte ich die Tränen. Das Wort war eine Klinge in meinem Hals.
    Louan küsste mich, sanft zuerst, als wolle er austesten, ob ich wirklich einwilligte, dann wie losgelöst und mit leisen Seufzern, die in meinen Ohren schöner klangen als jede Musik.
    Geschickt zog er mich aus. Pullover, Hose, Socken und Unterwäsche. Jede Zelle meines Körpers brannte. Millionenfache Impulse raubten mir die Sinne, als wir uns aneinanderpressten, Haut an Haut, Atem an Atem. Nie zuvor war ich einem Jungen so nahe gekommen, und jetzt geschah es mit ihm. Einem Selkie. Einem Fabelwesen, das für den Rest der Welt nur in Legenden existierte.
    „Warte.“ Ich keuchte es atemlos hervor. Während ich aus der Schublade des Nachttischchens das herausholte, was ich heute während der Rückfahrt auf der Fähre besorgt hatte, glühte sein Blick auf meiner Haut. Angst verwandelte sich in bitter schmeckende Euphorie.
    Wenn das Schicksal mich herausfordern wollte, würde ich mich ihm stellen. Ganz gleich, was am Ende des Weges auf mich wartete. Aber verdammt, wie sollte ich mich beruhigen, wenn er wie aus Quecksilber gegossen hinter mir lag, abgestützt mit dem Ellbogen, den Kopf auf den Handballen gelegt. Sein schwerer Atem schien in mir widerzuhallen. Sein Sehnen nach mir verwandelte die Luft in Lava.
    Meine Hände zitterten derart, dass ich mehrere Versuche brauchte, um die Packung aufzureißen.
    Hyperventilier nicht. Tu einfach so, als wäre es das Natürlichste der Welt. Vielleicht ist diese Nacht alles, was uns bleibt.
    Louans verständnisloser Blick verfolgte jede meiner Bewegungen. Verdammt, warum war es so kompliziert, dieses Ding seinem Zweck zuzuführen? Vor Eifer klemmte mir die Zunge im Mundwinkel. Wir hatten es in der Schule geübt. Ich hatte mich mit Freundinnen ausgetauscht und mein Wissen vertieft, doch jetzt war alles sehr viel schwieriger als erwartet. Mein Kopf fühlte sich an wie ein Hochdruckkessel.
    Endlich saß alles so, wie es sollte. Mit einem Stoßseufzer sackte ich über Louan zusammen. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass er diesen seltsamen kleinen Akt ohne zu fragen hinnahm.
    „Was ist das?“
    Meine Hoffnung wurde nicht erhört.
    „Wozu ist das gut? Gehört das dazu?“
    „Ja“, nuschelte ich. „Das gehört dazu.“
    „Aber wozu ist eine kleine rote Qualle an dieser Stelle gut?“
    Meine Beherrschung suchte mit fliegenden Fahnen das Weite. Was für ein Vergleich. Ich lachte, bis mir der Bauch wehtat, bis ich japste, zur Seite kippte und nach Luft schnappte. Mit sorgenvoller Miene rollte sich Louan auf mich und hauchte Küsse auf mein Gesicht. Auf Stirn, Wangen und Kinn. Er küsste meine Augenlider, zupfte an meinem Ohrläppchen und tupfte zart mit der Zungenspitze auf meine Oberlippe, während das Gewicht seines Körpers mich in die Matratze drückte. Ich presste mich an ihn, umschlang mit meinen Beinen seine Hüften, roch die fiebrige Hitze seines Atems und sog seinen Geschmack in mich auf. Mein Gott, geschah das hier wirklich?
    „Es verhindert, dass man Kinder bekommt“, murmelte ich. „Oder Krankheiten.“
    Die Verwunderung in seinen Augen wurde nur noch größer. In seiner Verwirrung sah er zu verführerisch aus.
    „Ich könnte dich fressen“, knurrte ich.
    Er antwortete mit einem kehligen Brummen, beugte sich wieder über mich und ließ seine Lippen über meine Kehle gleiten.
    Die körperlichen Zeichen wachsender Erregung waren bei Selkies und Menschen offenbar gleich. Ich spürte, wie sich eine gewisse Stelle seines Körpers erwartungsvoll an mich drückte.
    Langsam, ganz langsam, drang er in mich ein. Alle Gedanken hüllten sich in Nebel. Ich dachte nicht mehr, sondern fühlte nur noch. Tat das, was mein Instinkt mir vorgab. Der erwartete Schmerz blieb aus. Ich spürte nur einen

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