Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht
liebe, aber sie in Gefahr bringen könnte mit unserer geheimen Mission. Also müsste ich mich um ihretwillen von ihr fernhalten.«
Hel schlug sich eine Hand vor die Augen.
»Ich weiß, wie unglaubwürdig das klingt«, fuhr er etwas schärfer fort. »Aber das hätte sie ja nicht gewusst. Als ich sie dann gesehen habe, konnte ich es nicht sagen. Ich konnte sie nicht anlügen.«
»Und die Wahrheit, wie wäre es damit?«
Er schüttelte den Kopf. »Ihr sagen, dass ich sie vielleicht doch nie so mochte, dass ich mir manchmal selbst was vormache und alles nur ein kleiner Irrtum war? Das hätte sie bestimmt gern gehört.«
»Besser als gar nichts«, beharrte sie, obwohl sie sich inzwischen auch nicht mehr sicher war.
Nova ließ den Kopf zurücksinken und legte sich das Taschentuch übers Gesicht. Fast als wollte er jetzt auch vor Hel unsichtbar werden.
Sie wartete eine Weile, ob er noch etwas sagte, doch er blieb stumm. Auch ihr fiel nichts mehr ein. Für Vorwürfe war es ohnehin zu spät. Aricaa würde denken, er hätte sie einfach so vergessen, und kam mit etwas Glück schon bald darüber hinweg. Aber im Grunde ahnte Hel, dass es nicht so sein würde. Im Vergleich zu Nova meinte Aricaa, was sie sagte. Sie hatte sich wirklich mit ihm verloben wollen.
Hel stellte den Weinkelch ab und erhob sich.
»Wohin gehst du?«, fragte Nova, als sie die Tür schon erreicht hatte. »Bleib.« Er schob sich das Taschentuch seiner Mutter in die Hosentasche. »Bitte.«
»Wozu?«
»Lenk mich ab. Erzähl mir was.« Er versuchte ein Lächeln. »Irgendwas Aufmunterndes. Etwas über den Dämon!«
Ein Stich durchfuhr sie, als Mercurins Gesicht in ihr aufglomm. Dann wurde ihr erst klar, dass Nova gar nicht ihn, sondern den Isen meinte. Natürlich. Den Isen, den zu verfolgen sie beauftragt waren.
»Ich habe über die Sache mit dem Totenlicht noch einmal nachgedacht«, erzählte Nova munter. »Wenn es sich immer auf den überträgt, der den vorherigen Besitzer tötet, müsste es doch Möglichkeiten geben, einen Mord zu verhindern. So würde das Totenlicht nicht der Magierschaft in die Hände fallen. Zum Beispiel wenn …«
Hel kehrte zum Bett zurück und hörte zu. Sie redeten, bis Nova mit der Trollaufsicht dran war und an Deck musste. Als er ging, musste sie wieder an Aricaa denken und daran, dass sie sich bestimmt keinen Reim auf Novas Verhalten machen konnte. Jungen – Menschen – waren doch verdammt kompliziert. Sie sagten das eine, taten das andere, und wer konnte schon wissen, was sie fähig waren, einem anzutun.
Ihre Träume beruhigten sich nicht. In den folgenden zwei Nächten schlief sie kaum drei Stunden am Stück, schrak aus Todesvisionen auf und wirren Erinnerungen, die sie nie erlebt hatte. Anfangs schob sie ihren schlechten Schlaf darauf, dass sie lange nicht mehr geflogen war. Vielleicht bekam ihr die Himmelsluft nicht gut … Es war ein armseliger Versuch, sich selbst zu beruhigen. Das waren keine Albträume, die sie plagten. Es waren Falltüren in eine andere, konfuse Realität, die irgendwo zwischen Vergangenheit und Zukunft hin- und hersprang und immer wieder zu ihm zurückführte.
Eines Nachts, als es schon fast hell wurde, lag Hel reglos auf dem Rücken, starrte an die Holzbalken über sich und wusste, dass sie ihm wieder begegnen würde. Sie wusste es einfach, anders konnte es gar nicht sein. Er war ebenfalls hinter dem Isen her – oder besser gesagt dem Totenlicht, das der Ise trug – und früher oder später würden sie sich gegenübertreten. Als Gegner. Sie rieb ihre müden Augen. Zum tausendsten Mal hörte sie seine Stimme. Wenn du mir noch einmal in die Quere kommst, werde ich dich töten.
Sie dachte an sein Lächeln, wie er einen Mundwinkel etwas höher zog als den anderen und Grübchen bekam. Wie er in der Wüste seinen Umhang über sie gebreitet hatte, damit sie nicht fror. Der Stoff, der um sie herum aufflog wie ein dunkler Vogel und sich zeitlupengleich auf sie breitete, und seine Augen, die sie dabei aufmerksam beobachteten. Derselbe Junge, der am Absturz der Schwalbe , dem Tod ihrer Mannschaft Schuld trug. Sie ballte die Fäuste. Und ob sie ihm in die Quere kommen würde. Das und noch mehr. Egal was er für sie getan hatte, dem Mörder von Gharra, Jureba und den anderen konnte sie niemals verzeihen.
Aus den Augenwinkeln bemerkte sie ein Licht vor ihrem Fenster. Sie richtete sich halb auf. Das Licht tauchte sofort ab – aber sie hatte ihn trotzdem erkannt. Tix. Gharras ehemaligen
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