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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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Nasenspitzen sich nicht mehr berührten.
    »Nein. Ich gehe nirgendwohin. Eher werde –«
    Sein Blick irrte zur Seite. Innerhalb eines Wimpernschlags sprang er auf und zog sie auf die Beine. Hel drehte sich um, doch da waren nur Rauch und Nebel. Ein Schemen huschte durch die Eingangstür nach draußen. Vielleicht eine Dienerin in wehendem Mantel. Oder jemand in einem Umhang, wie Mercurin ihn trug.
    »Wer war das?« Hel wurde bewusst, dass er sie noch immer im Arm hielt, und stieß ihn von sich.
    Widerwillig löste er den Blick vom Eingang. Als er sie ansah, veränderte sich sein Gesicht; seine Züge schienen ihm zu entgleiten, die unheimliche Kälte schmolz von ihm ab wie ein Schutzschild, und für einen Augenblick war er nur ein Junge, nichts als ein ausgezehrter, schwer atmender Junge. Im nächsten Moment hatte er ihr Gesicht in die Hände genommen und – küsste sie.
    Ihre Wahrnehmungen erreichten sie mit Verzögerung, wie aus weiter Ferne herabrasende Sterne. Sein Mund auf ihrem. Rau und weich. Sie schmeckte das Blut, wo sie ihn geschlagen hatte. Seine Lippen zogen eine brennende Spur über ihre Wange. Sein Flüstern, als käme es aus ihrem eigenen Kopf: »Ich würde es bis in den Tod bereuen, hätte ich es nie getan. Und vielleicht war es die letzte Gelegenheit. Wenn du bleibst, stirbst du. Aber … ich werde dich beschützen, bis dahin.«
    Er drückte sie, dass es sicher wehgetan hätte, wenn Hel noch etwas gespürt hätte. Dann war er weg, war plötzlich alles weg, und Hel sah ihm nach, wie er durch Rauch und Dampf und Feuer zum Ausgang stolperte.

Diebstahl
    W ie versteinert stand Hel da, ohne zu wissen, wie viel Zeit verging. Irgendwann brachte ein heftiger Hustenanfall sie wieder zu sich. Der Rauch lag dick über der Halle. Ein zweiter Balken stürzte von der Decke und ein Regen aus Funken prasselte in die Badebecken. Hel wankte auf eins der Becken zu, füllte einen Tonkrug mit aschegrauem Wasser und warf es über die Flammen. Sie fauchten wie lebendige Wesen, und ein merkwürdiger Stich durchfuhr Hel, als könnte sie den Schmerz des sterbenden Feuers fühlen. Sie tauchte den Krug erneut ins Wasser und löschte die Flammen. Immer wieder warf sie Wasser auf die brennenden Balken, bis ihr Körper gar nichts mehr mit ihr zu tun zu haben schien und sie längst nicht mehr begriff, was sie überhaupt tat.
    Irgendwann merkte sie, dass sie nicht alleine in der Halle war. Sie hörte panische Stimmen und sah Diener, die wie sie die Flammen löschten. Wie war das Feuer überhaupt da oben ausgebrochen? Mercurin natürlich. Dämonische Kräfte steckten dahinter.
    Bald verstummte das Zischen und Fauchen. Wie gefällte Baumstämme lagen die beiden Balken da, hatten drei Badebecken, einen Holzsteg und zahllose Geschirrstücke zertrümmert. Doch niemand war ernsthaft zu Schaden gekommen. Die Dienerschaft kümmerte sich um ein paar hustende Gäste und um Kombasa, die wieder erwacht war und leise wimmerte. Erschöpft ließ Hel sich auf die Treppenstufen sinken und beobachtete, wie eine Schar Kobolde sich daran machte, das Chaos aufzuräumen.
    Ihr Kopf drehte sich. Was geschehen war, kam ihr vor wie einer ihrer merkwürdigen Träume, und sie konnte nicht sagen, wann er angefangen und wann er aufgehört hatte. Irgendjemand schüttelte sie heftig an den Schultern. Sie sah auf und begegnete den Blicken ihrer Gefährten, die sie sorgenvoll umringten. Sie hatte nicht einmal bemerkt, dass sie gekommen waren.
    »Bist du in Ordnung?«, fragte Nova.
    Zittrig wischte sie sich über das Gesicht. Es war feucht. Sie wollte erklären, dass sie den Dämon gesehen hatte, aber sie brachte kein Wort hervor. Sie konnte nicht einmal nicken oder den Kopf schütteln. Völlig machtlos saß sie da, starrte die anderen an und kam sich vor wie eine Närrin. Und wie eine Verräterin.
    Der Kuss. Wie hatte sie das nur zulassen können. Von ihm, ihrem Todfeind, der die ganze Mannschaft der Schwalbe auf dem Gewissen hatte.
    Kribbelnde Wut stieg in ihr auf. Er meinte also, sich einfach nehmen zu können, was ihm gefiel! Und die dreiste Behauptung, sie beschützen zu wollen – wovor denn? Vor ihm selbst, vor seinesgleichen? Weil Hel so hilflos war, dass sie ihm nicht einmal den Kuss hatte verweigern können? Vor Zorn ballte sie die Fäuste und kam wieder halbwegs zu sich. Ärgerlich wischte sie sich die letzten Tränenspuren weg. Dabei lag tief unter dem hitzigen Gefühl kaltes Entsetzen. Denn ihre Wut galt gar nicht nur Mercurin … sondern sich selbst.

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