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Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht

Titel: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht - Nuyen, J: Sturmjäger von Aradon - Magierlicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny-Mai Nuyen
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nicht täuschen können. Es duldete keine Gottheit neben sich, dem Quell des Lebens. Doch Saraide war genau das für ihn: die Verkörperung des Lebens. Eine Quelle. In ihr war die ganze ungreifbare Schönheit des Tiefen Lichts in eine zarte Form geschlüpft. Anetán rief sich jede Berührung in Erinnerung, während er durch das Dickicht tapste, dem Alten Reich entgegen. Ihre Haarspitzen auf seiner Brust, als sie sich herabgebeugt hatte, um ihn zu küssen. Ihre kühlen Finger an seiner Wange. Ihr Atem, ein Zittern auf seinen Lippen.
    Wo sie wohl war? Sooft er sich fragte, wo die unentdeckten Totenlichter lagen, sooft überlegte er auch, wo Saraide sein mochte. Zog sie ebenfalls durch die Silbernen Steppen, vielleicht keine Meile von ihm entfernt, auf der Suche nach dem Isen? Oder hatte sie sich an Mercurins Spur geheftet? Hatte sie womöglich schon ein Totenlicht?
    Wenn sie noch keines hatte, konnte das nur bedeuten, dass das Tiefe Licht sie ebenso strafte wie ihn. Die Vorstellung durchrieselte ihn warm. Dann liebte sie ihn! Wenn sie an ihn dachte wie er an sie … nichts könnte ihn glücklicher machen.
    Nichts? Wirklich nichts?
    Er blieb stehen. Hatte er nicht Stimmen gehört? Er lauschte, doch das Pochen seines Herzens füllte ihm den Kopf aus wie dicke Watte.
    Nach einem Moment ging er weiter. Er wollte die Silbernen Steppen hinter sich lassen. Er wagte es aus Ehrfurcht vor dem Lebendigen Land kaum zu denken, aber diese Gegend war ein Albtraum. Das Leben konnte eben auch bösartig sein, triebhaft, gierig. Es fiel Anetán schwer, die Schönheit darin zu erkennen. Rasch murmelte er ein Gebet vor sich hin, um die lästerlichen Gedanken zu entschuldigen.
    Und deine Liebe zu Saraide, ist sie nicht ebenfalls bösartig, triebhaft und gierig? Ist es nicht rohes Verlangen? Hast du nicht den urtümlichen Trieb auf einen Altar gehoben, ebenbürtig mit dem Tiefen Licht?
    Anetán blieb nicht mehr stehen, als er diese Stimmen in sich hörte, doch er ging langsamer. Er wusste, dass die Gedanken nicht seine waren. Und doch waren sie in ihm. Es war ein Gefühl, als würden Finger in seinen Kopf greifen.
    »Wer seid ihr?«, flüsterte er, bemüht, seine Angst zu unterdrücken. Alles, alles war Teil des Tiefen Lichts und musste verehrt werden. »Seid ihr die Aljen?«
    Schlagartig umfing ihn Nebel. Sein Herz blieb stehen – zwang ihn, innezuhalten. Der Nebel formte sich tropfengleich zu Wesen, die ihn im Kreis umschlichen. Ihm stockte der Atem. Noch nie hatten die, die immer da waren, immer sein würden, vor seinen Augen Gestalt angenommen. In Hellesdîm hatte er ihre Präsenz oft gespürt; aber sie leibhaftig zu sehen, war, als offenbarte das Tiefe Licht ihm sein Gesicht.
    »Du hassst … längssst … deinen Treueschwur vor dem Tiefen Licht gebrochen! Schon eine Lüge, alssss du dich auf den Weg machtessst … deine Missssion zu erfüllen!«
    Ihm fiel keine Antwort ein. Die Gestalten kicherten zischelnd.
    »Du wirssst sssie nicht töten können, deine geliebte Schwessster … wozu dann die Sssuche nach den Totenlichtern? Leg dich auf die Erde und krepiere! Dasss wäre dasss Bessste für deine geliebte Schwessster … ein Gegner weniger für sssie!«
    Anetán spürte, dass ihm Tränen in die Augen stiegen. Er konnte es nicht verhindern. Das ganze Elend seiner Zerrissenheit schwappte in ihm hoch. Glaubten die Elfen denn, dass er nicht selbst schon an all diese Dinge gedacht hatte, hunderte Male?
    »Liebssst du ssie …«, zischelte es ihm in die Ohren. Er wagte nicht, sich zu regen, geschweige denn, sich umzudrehen; die Elfen schienen sich ihm auf Haaresbreite genähert zu haben, und doch sah er sie im Abstand von mehreren Metern im Kreis schleichen. »Wasss heißt dassss schon, Liebe? Liebtessst du sssie auch, wenn sssie hässslich wäre? Wasss liebst du überhaupt an der Schlange?«
    Auch diese Fragen hatten ihn schon nächtelang wachgehalten. In Wahrheit hatte er keine Ahnung. Er konnte jede Einzelheit aufzählen, die er an ihr begehrte – von ihren spitzen Knöcheln bis zu ihren dichten Augenbrauen –, aber warum er sie liebte, dafür gab es keine Antwort. Ihre Schönheit, ihre bewundernswerte, eisige Schläue waren nicht der Grund seiner Liebe. Es war etwas anderes; etwas, das sich hinter all diesen Eigenschaften verbarg und nie ergründet werden konnte, egal wie lange er sie ansah, wie fest er sie im Arm hielt, wie oft er von ihr träumte.
    »Ssso issst dasss«, zischelten die Stimmen. Anetán blickte in ihre gläsernen

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