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Sturmjahre

Sturmjahre

Titel: Sturmjahre Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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gezeigt.
    Samantha und Hilary hatten sich höchst unbehaglich gefühlt im Kreuzfeuer der rüden Blicke, doch Choppy Johnson hatte sich trotz seines üblen Rufs und seiner zwielichtigen Verbindungen als Gentleman erwiesen und sich bemüht, völlig geschäftlich zu bleiben. Die Besichtigung war nicht umfassend gewesen, da viele der Zimmer noch benützt wurden, aber Samantha hatte genug gesehen, um zu erkennen, daß sich das Haus für ihre Zwecke hervorragend eignete.
    Die Zimmer, in denen jetzt die Mädchen wohnten, konnte man den Schwestern und den im Krankenhaus wohnenden Ärztinnen als Unterkünfte zuteilen. Aus dem Lagerraum in der obersten Etage ließ sich der Operationssaal einrichten. Das
Gilded Cage
war ein Etablissement gehobenen Stils; Choppy Johnson hatte bestens für den Komfort seiner Gäste gesorgt: Die sanitären Anlagen waren das Modernste, {299} was es derzeit gab, im ganzen Haus war Gasbeleuchtung installiert, in der Küche gab es einen großen vernickelten Herd und einen Heißwasserboiler.
    Während Samantha sich mit kritischem Auge umsah, bemerkte sie nicht die Frauen in dekolletierten Kleidern und Netzstrümpfen, die mit rotem Samt ausgeschlagenen Séparées, die Männer, die sie anstarrten; sie sah Reihen sauberer weißer Betten, freundliche Schwestern, Untersuchungstische, glückliche Patienten. Die Renovierung würde einfach sein. Ein Heer von Putzfrauen mit Eimern und Schrubbern …
    »Was soll es kosten?« fragte LeGrand. »Ich wußte gar nicht, daß Choppy Johnson verkauft.«
    »Er verlangt zwanzigtausend.«
    LeGrand rechnete rasch. »Das ist ein hoher Preis.«
    Samantha lächelte.
    »Ein Krankenhaus gehört aufs Land, wo die Luft gut und sauber ist«, sagte LeGrand. »Ich hatte gedacht, ihr würdet euch für einen Platz in der Gegend von Richmond entscheiden.«
    »Mr. Mason«, widersprach Samantha, »ein Krankenhaus gehört an einen Ort, der für die Patienten gut erreichbar ist. Gerade darum ist das
Gilded Cage
ideal.«
    »Sie hat recht, Darius.«
    Alle wandten sich Stanton Weatherby zu, der bisher kein Wort gesprochen hatte. Er lächelte Samantha zu.
    »Ich finde Ihren Vorschlag sehr vernünftig, Doktor.«
    Sie erwiderte das Lächeln. »Ich danke Ihnen, Sir. Wenn Sie nun noch die beiden anderen Herren überreden könnten, das Gebäude wenigstens zu besichtigen –«
    »Kommt nicht in Frage!« sagte Darius scharf.
    »Es würde mich interessieren, warum Choppy verkauft«, meinte LeGrand.
    »Uns sagt er, er wolle sich vom Geschäft zurückziehen. Er übersiedelt zu seinem Bruder, der in Arizona lebt.«
    »Er will sich zurückziehen? Choppy Johnson ist keinen Tag über fünfzig.«
    Samantha hatte ähnlich gedacht, bis sie Choppy in seinem Büro bei Tageslicht gesehen hatte. Die erschreckende Blässe seines Gesichts, die Schatten unter den Augen, die eingefallenen Wangen und die Art, wie er immer wieder unwillkürlich eine Hand auf seinen Magen drückte, hatten ihr verraten, daß Choppy Johnson ein schwerkranker Mann war.
    {300} »Zwanzigtausend werden Sie nie aufbringen«, sagte LeGrand.
    »Ich glaube, ich kann ihn auf achtzehntausend drücken.«
    »Das kann ich mir nicht vorstellen. Es gibt hier in San Francisco genug – äh, Geschäftsleute, die ihm mit Freuden zwanzigtausend dafür bezahlen würden. Warum sollte er billiger verkaufen? Und noch dazu an jemanden, der die Absicht hat, den Laden zu schließen?«
    Samantha hatte sich das auch überlegt. Auf Choppy Johnsons Sekretär hatte sie mehrere fromme Traktate liegen sehen. Sie vermutete, daß seine Krankheit die Gedanken an den Tod, zu später Frömmigkeit ausgelöst hatten.
    »Als wir ihm unsere Absicht mitteilten«, bemerkte sie, »sagte er, er würde uns eine Bedenkzeit von einer Woche einräumen und versprach uns, vorher andere Angebote nicht in Betracht zu ziehen.«
    »Diese Diskussion ist völlig sinnlos«, erklärte Darius wieder. »Ich mache mit einem Mann wie Choppy Johnson keine Geschäfte. Solchem korrupten Gesindel werfe ich nicht mein gutes Geld hinterher.«
    »Du bist verbohrt«, warf Stanton ein. »Mir schiene das Geld gut angelegt. Und ich finde, wie könnten uns den Laden wenigstens einmal ansehen.«
    »Oh, das Haus ließe sich mühelos in ein Krankenhaus umwandeln«, bemerkte LeGrand und wurde rot. »Ich meine«, fügte er hastig hinzu, »nach allem, was die Damen uns darüber berichtet haben.«
    Als sich die kleine Gesellschaft etwas später auflöste, erbot sich Stanton Weatherby, Samantha in seinem Wagen

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