Sturmkaempfer
Schließlich wurde alles schwarz.
34
Durch die Taubheit eines leeren Raumes spürte er eine Hand, die seine Wange sanft streichelte. Bilder erschienen vor seinem geistigen Auge, Leute und Orte, die er nicht erkannte, obwohl Erinnerungen daran in seinem Geist aufstiegen. Nur das geduldige Streicheln der Finger hielt sie ab. Von der beruhigenden Berührung breitete sich seine Wange hinab eine Wärme aus, am Hals und an der Brust entlang und in die Gliedmaßen. Langsam sorgte die Wärme dafür, dass ihm der Rest seines Körpers bewusst wurde, die verdrehten und zerbrochenen Linien seiner Haut. Die Narbe auf seiner Brust glühte blendend weiß und sandte Lichtfäden in die Dunkelheit.
Isak, du musst aufwachen.
Die Stimme erweckte eine Erinnerung, die so tief verwurzelt war wie sein Instinkt, weiter aber nicht reichte. Es scherte ihn nicht. Die Silben, die diese warme Stimme sprach, vertrieben den Schmerz. Und mehr wollte er für den Augenblick gar nicht.
Isak, du musst kämpfen.
Der Name sandte ein Schaudern über seinen Rücken. Er wehrte sich, doch etwas tief in ihm regte sich. Er bemerkte den Geschmack von Blut auf seinen Zähnen.
Isak, wach jetzt auf. Hilfe ist unterwegs.
Unverlangt hob sich sein Brustkorb zu einem tiefen Atemzug.
Die feuchte Wärme verließ seine Haut, als das Tageslicht in seine Augen stach. Er erinnerte sich jetzt an seinen Namen – und sogleich kehrte der Schmerz zurück. Der Geschmack von Blut in seinem Mund wurde stärker.
»Ich glaube, die Propheten irren sich.«
Isak, der schlaff in irgendwelchen Armen hing, wimmerte bei der plötzlichen Helligkeit auf. Als seine Sinne zurückkehrten, bemerkte er, dass er den Akzent der Sprecherin nicht einordnen konnte. Ihr Farlan klang beinahe hässlich, als spräche sie jede Silbe mit Widerwillen.
»Warum sagt Ihr das, Herrin?«, wurde weinerlich gefragt.
»Wie könnte es so einfach zu fangen sein, wenn es sich doch um die Waffe handelte, die wir erwartet hatten? Ostia?«
»Ich weiß nicht mehr als Ihr, Meisterin«, sagte eine dritte Stimme. Isak zwang seine Augenlider auf. Herzogin Forell stand auf der einen Seite, die Hände nervös auf die Brust gepresst. Die Frau, die soeben gesprochen hatte, Ostia, stand neben der Herzogin, eine Oase der Ernsthaftigkeit und Ruhe in den verstreuten Trümmern des Pavillons hinter sich. Sie standen in der Arena, dachte Isak, aber es war ruhig, sogar die verbleibenden Soldaten standen bewegungslos da und beobachteten die Vorgänge.
Alle drei Frauen trugen die weißen Mäntel des Weißen Zirkels über prunkvollen Kleidern in Rot und Blau, mit Edelsteinen verziert und mit Silber und Gold bestickt.
»Es ist jung, jung genug, um ausgebildet zu werden.«
Isak konzentrierte sich auf die Sprecherin und blinzelte überrascht, als er ihre bemerkenswerte Größe und die Farbe ihrer Haut bemerkte. Ein weibliches Weißauge. Sie trug die weiße Kapuze, aber Isak konnte erkennen, dass ihre Haut rostrot war. Es erinnerte ihn an Xeliaths glatte Haselnusshaut, allerdings mit einer roten Schicht darüber.
»Lasst es allein stehen«, befahl die Frau. Die Unterstützung an seinen Armen verschwand und er sackte zusammen. Als seine Augen vor ihrem Körper hinabglitten, erstarrte er vor Schreck. Sie hielt einen Kristallschädel in den Händen, die langen Finger auf eine Weise schützend darum geschlossen, dass beide Augenhöhlen verdeckt waren. Der Schädel selbst war klein, unauffällig, die Oberfläche matt, aber Isak konnte das gewaltige Gewicht des Schädels dennoch auf seinen pochenden Schläfen lasten spüren.
Das also hatte ihn besiegt. Der Schädel war mächtiger als alles, was er sich hätte vorstellen können. Und selbst jetzt noch hielt er ihn mit erschreckender Leichtigkeit gefangen.
Isak versuchte, sich heimlich in der Arena umzusehen. Er sah keine Spur von seinen Freunden, nur verstreute Körper, die wohl tot sein mussten. Entfernt konnte er das Klirren von Waffen hören.
»Sie haben dich zurückgelassen.« Das seltsame Weißauge zeigte Isak die Zähne. »Sie sind geflohen, aber sie kommen nicht weit. Sollen wir nachsehen, wer noch lebt?«
Sie sah zu der Frau hin, die Isak für Ostia hielt, und diese nickte. Er konnte spüren, dass sie Magie wirkte. Sie sah mit einem fragenden Gesichtsausdruck zur Stadt, bis ein Stirnrunzeln über ihr Gesicht huschte.
»Was ist …« Plötzlich schrie sie auf und umfasste ihren Kopf. »Bei der Grube von Ghenna, was war das?«, rief sie.
»Nun? Was ist geschehen?«,
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