Sturmkaempfer
gewesen war, aber dann war es schon wieder verblasst.
»Du weißt es nicht?«
»Nein, mein Lord. Mein Vater sagte mir nichts. Ich dachte, man wolle mich hängen.«
»Nun, dann lasst es mich Euch bitte erklären«, sagte Lesarl mit einem bösartigen Lächeln. »Wir haben hier die Tradition, den neuen Krann nicht zu hängen, wenn er den Erwählten beitritt.«
Isak konnte nicht verhindern, dass ihm eine Flut an Schimpfworten entglitt, was lautes Gelächter unter den Geistern hervorrief und die Spannung im Raum löste. Bahl kniff die Augen zusammen, und Isak riss sich eilig am Riemen, auch wenn sich in seinem Kopf alles in heilloser Verwirrung drehte. Das fühlte sich eher nach einem Streich als nach einem heiligen Befehl an. Ihm war kalt, er war müde, hatte Schmerzen und war sich sehr bewusst, dass er sich zum Narren machte. Er hatte keine Ahnung, was als Nächstes käme.
»Bist du ein Erwachsener?«, fragte ihn Lord Bahl plötzlich.
Isaak schüttelte schweigend den Kopf und hatte plötzlich Angst, dass sein Vater dies hier, was auch immer es war, doch noch ruinieren könnte. Horman hätte seinen Sohn mit vierzehn zum Erwachsenen erklären und rausschmeißen können, doch stattdessen hatte er darauf bestanden, dass Isak noch ein Kind war, und ihn zu vier weiteren Jahren geradezu in Sklaverei verdammt.
»Nun gut. Lesarl wird deinen Vater davon überzeugen lassen, dass du zu meinem Mündel wirst. Dieses Leben liegt jetzt hinter dir. Du bist nun Krann der Farlan und Lordprotektor von Anvee. An diesem Titel hängt nur Anvee selbst und das Anwesen der Malaoristen, aber es ist ein Adelsrang. Der Rest kann warten.
Ich bin sicher, dass dir Lesarl Papiere zum Unterzeichnen vorlegen wird, aber nichts davon ist im Augenblick wichtig.«
Isak schwieg weiterhin, konzentrierte sich darauf, nicht wie ein sterbender Fisch mit offenem Mund dazustehen, während er sich die Worte durch den Kopf gehen ließ. Krann? Lordprotektor? Das war doch nur eine Stufe unter einem Herzog. Jetzt hinderte ihn Angst daran, etwas zu sagen, und er war hin- und hergerissen zwischen dem Drang, über diese Absurdität zu lachen und zu Boden zu sinken, bis das Leben wieder einen Sinn ergab.
Jeder wusste, dass es seit zweihundert Jahren keinen Krann der Farlan mehr gegeben hatte, nicht seit Bahl selbst zum Erben Lord Atros erklärt worden war. Das war etwas, das andere Stämme taten. Die Farlan brauchten es nicht. Seine Beine zitterten, als bebe der Boden zu seinen Füßen vor Empörung, vielleicht auch vor Angst. Brauchten sie jetzt einen Krann? Er hatte nie daran gezweifelt, dass es mehr im Leben gab als Stoffballen, aber eine Lordprotektorenschaft? Einen Adelstitel? Und Geld? Herzöge und Lordprotektoren waren reiche Männer aus altehrwürdigen Familien, Leute, die glitzernde Bälle für die gleichermaßen Reichen und Hochwohlgeborenen ausrichteten – und doch war Bahl, ein Weißauge und so entgrenzt wie die Götter, Herzog von Tirah und Herrscher aller Farlan-Länder.
Jetzt schauten die Geister genauer hin. Isak sah Männer, die für ihren Stamm geblutet hatten, die über die toten Körper ihrer Freunde gestiegen waren, um weiterzukämpfen, ohne Zeit zu haben, um um sie zu trauern. Diese Männer sollten nun den Befehlen eines Jugendlichen folgen, der sich noch nicht einmal bewiesen hatte. Bisher konnten sie von ihrem neuen Krann kaum beeindruckt sein. Er erschauderte, denn er, der bisher noch nicht an einem einzigen echten Kampf teilgenommen hatte, musste diese kampferprobten Männer möglicherweise bald in den Krieg führen.
Bahl leitete Isak zu einer Tür im hinteren Bereich der Halle, die auf einen halbdunklen Gang führte. Bis auf das kurze Scharren von Füßen in der Ferne war es darin vollkommen still. Als sich die Tür hinter ihnen schloss, wurden die einladenden Düfte der großen Halle – Essen, brennende Holzscheite – durch den Geruch von Staub und Alter ersetzt. Feuerbecken brannten auf beiden Seiten des Ganges – und die Flammen malten seltsam tanzende Schatten an die Wand. Flaggen und Wandteppiche hingen an den Mauern, doch das flackernde Licht dämpfte ihre Farben.
Isak zögerte. Er konnte die Jahrtausende beinahe aus den Steinen zu seinen Füßen sickern spüren. Dieser Ort war eher eine Grabkammer als ein Palast. Lord Bahl ging weiter, glitt geräuschlos dahin, und der Haushofmeister folgte ihm schweigend und vorsichtig. Isak dachte bei ihrem Anblick plötzlich, dass der Haushofmeister in der langen Zeit, die er Lord
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