Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkaempfer

Sturmkaempfer

Titel: Sturmkaempfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Lloyd
Vom Netzwerk:
Bahl schon diente, einige von dessen Angewohnheiten übernommen haben musste.
    Eine Treppe mit eingravierten Bildern des Höheren Kreises führte nach links weg; die Wand zur Rechten wurde von vier Türen unterbrochen, aber Isaks Blick wurde von einer verzierten Doppeltür am Ende des Ganges angezogen – und er spürte einen Sog, bedrohlich und verlockend zugleich. Als er sich näherte, konnte er einen Drachen aus gehämmertem Eisen erkennen, der die Tür umrahmte. Gerippte Flügel reichten auf beiden Seiten beinahe bis auf den Boden – und der schimmernde Schnabel ragte aus der Wand. Er funkelte jeden an, der sich näherte. Bahl ging zielstrebig auf die Tür zu und öffnete sie. Das Klicken des Schlosses durchbrach die Stille und Isak setzte sich wieder in Bewegung.
    Hinter der Tür lag ein großer runder Raum, ein Dutzend Meter im Durchmesser und hoch genug, um sogar dem größten
Weißauge Platz zu bieten. Auf der Wand waren blass aufgemalte geometrische Kreidezeichen zu erkennen, und der Geschmack von Magie in der Luft machte klar, dass dies nicht einfach nur Schriftzeichen waren.
    Isak näherte sich einem Symbol und kniff die Augen zusammen, um sich auf die verwirrenden Formen und Muster der Runen zu konzentrieren. Ein Grollen Bahls warnte ihn davor, ihnen zu nahe zu kommen. Offensichtlich wollte er keine neugierigen Finger auf seinen Runen.
    Als sich Isak von der Wand abwandte, bemerkte er, dass sich noch eine andere Person im Zimmer befand: eine Zofe, die zu Bahls Füßen kniete. Als Bahl an ihr vorbeigegangen war, erhob sie sich und ging zur Mitte des Raumes, und Isak konnte einen Blick in ihre ausgeprägten Züge werfen, in denen sich deutliche Anspannung abzeichnete. Dann sah sie Isak und senkte den Kopf tief, versuchte wohl ihre Angst hinter dem langen, dichten Haar zu verbergen. Sie folgte Lesarl in den schwarzen Kreis, der auf den Boden gemalt war, und stellte sich so weit wie möglich von Bahl entfernt auf. Sie hielt ein Bündel, augenscheinlich Bettzeug, an die Brust gepresst und stand mit gebeugten Schultern dort, die Augen fest auf den Boden gerichtet. Sie wirkte, als bereite sie sich darauf vor, in einen Sturm hinauszutreten.
    Isak trat in den Kreis und tippte mit dem Fuß auf. Das war aber gar kein Stein, sondern etwas Glatteres, das leicht nachgab. Als er sich darauf konzentrierte, wurde Isak plötzlich schwindelig  – und er fühlte sich, als fiele er. Je länger er starrte, umso weniger stofflich schien der Boden zu werden.
    »Wie gehe ich hinunter?«, fragte er.
    Bahl hatte eine Hand in Richtung Wand erhoben, wo eine vogelartige Gestalt aufgemalt war. Er lachte trocken. »Geduld, junger Mann. Dafür bist du noch nicht bereit. Hinab ist ein größerer Schritt, als du glaubst.«

    »Was ist dort unten?«
    »Ich sagte Geduld. Erklärungen müssen bis morgen warten.«
    Isak nickte und schwieg.
    Bahl wandte die Aufmerksamkeit wieder der Wand zu und formte Worte und vollführte Gesten. Ein farbiger Schemen blieb für einen Augenblick in der Luft zurück, nachdem sich seine Hand hindurchbewegt hatte, und verging dann. Bevor Isak eine weitere Frage stellen konnte, kam ein stiller Wind von allen Seiten auf und zerrte an seiner Kleidung sowie an dem Bündel der Zofe.
    Seltsame, schattenhafte Formen umtanzten sie, Flügel ohne Substanz zischten mit zunehmender Geschwindigkeit an Isaks Gesicht vorbei. Er zuckte zusammen, doch Lord Bahl stand ruhig dort, unbeweglich wie ein Fels. Die Flügel verwandelten sich in einen Sturm, der an ihrer Kleidung riss und ruckte. Dann stieg die Plattform unter ihren Füßen plötzlich auf. Das Mädchen hatte ohne Zweifel schreckliche Angst, aber Isak war zu überrascht, um etwas anderes zu empfinden. Er hatte nie die besondere natürliche Neigung zur Magie gezeigt, die man den Weißaugen nachsagte. Bei den wenigen Gelegenheiten, zu denen etwas Unerklärliches geschehen war, war dies während einer Tracht Prügel oder eines Albtraums gewesen. Er hatte es niemals kontrollieren oder vorhersehen können, und es war zu selten geschehen, als dass sein Vater es sich zwei Mal überlegt hätte, ihn zu verdreschen. Zum ersten Mal in seinem Leben fühlte sich Isak, als könnte die Magie leichtfallen und auch für ihn erreichbar sein.
    Die Reise dauerte nur einige Herzschläge, dann erstarb der Wind plötzlich und offenbarte einen Raum mit sechs Metern Durchmesser. Die Wände des Zimmers waren nur leicht geneigt, und da dieser Raum bloß halb so groß war wie der darunter,

Weitere Kostenlose Bücher