Sturmkaempfer
waren als seine alten, und eine Art formloses Hemd mit so kurzen und breiten Ärmeln, dass es eher für einen Chetse als für jemanden mit Isaks Figur gedacht schien. Er vermutete zwar, dass er etwas albern darin wirkte, aber das Hemd war warm, also würde er es für den Augenblick überleben.
In der Truhe lagen keine Stiefel, darum schloss Isak den Deckel und sah sich einmal mehr im Raum um, für den Fall, dass er etwas übersehen hatte, und trat dann auf die dunkle Plattform. Diesmal genoss er den Geschmack der Magie, die sie bereithielt, eine beinahe metallische Note, die auch den letzten Rest von Schläfrigkeit aus seinem Geist vertrieb. Er atmete tief ein und konzentrierte sich auf das unter ihm liegende Zeichen eines Vogels. Ein kurzer Schwindelanfall ging vorbei und als sich die untere Kammer und Tilas etwas besorgtes Gesicht zeigten, wirkte Isak ruhig und beherrscht.
»Ah, da bist du.« Als er vortrat, machte das Mädchen einen Knicks.
»Ach, bitte tu das nicht jedes Mal, wenn wir uns sehen«, bat Isak. »Dabei fühle ich mich so dumm.«
»Ich … ja, mein Lord.« Sie starrten sich schweigend an, bis Isak fragend zu den Stiefeln nickte, die Tila auf dem Arm trug.
»Ach ja, die habe ich von einer der Wachen ausgeliehen. Ich hoffe, sie sind groß genug für Euch. Ich habe nach Schneidern und einem Schuster geschickt, die Euch heute Nachmittag aufsuchen werden – vorrausgesetzt natürlich, dass diese hier für den Augenblick ausreichen.«
Isak nahm ihr die Stiefel ab und zog sie an. Sie waren einfach, aber gut gearbeitet – und deutlich besser und neuer als alles, was er zuvor getragen hatte. Sie saßen etwas eng und seine Zehen waren vor allem im linken Stiefel zusammengequetscht, aber auf Kopfsteinen oder Fliesen wäre es auf jeden Fall besser als barfuß zu gehen. Diese Aussicht zauberte ihm ein strahlendes Lächeln ins Gesicht. Tila lächelte erleichtert zurück.
»Soll ich Lesarl um das Geld für die Schneider bitten«, fragte er in Erinnerung an Bahls vorhergehende Einweisung.
»Aber nein, mein Lord.«
»Warum nicht?«, wollte er wissen und fragte sich, ob er etwas verpasst hatte. »Sie werden mich kaum kostenlos einkleiden.«
Sie lächelte erneut, und diesmal schien es Isak ein wenig herablassend.
»Ich denke, sie würden Euch tatsächlich kostenlos einkleiden, mein Lord«, erklärte sie. »Ihr seid ein Lordprotektor, und wenn Ihr mit ihrer Arbeit zufrieden seid, können sie sich in Zukunft umfangreiche weitere Aufträge erhoffen. Mein Großvater pflegte zu sagen, ein guter Schneider sei das Wichtigste für einen Edelmann.«
»Ein Edelmann bin ich aber bei Weitem nicht.«
»Ganz im Gegenteil, mein Lord, als Lordprotektor von Anvee steht Ihr über beinahe jedem in diesem Reich. Mein Lord, darf ich verwegen sein und frei sprechen?«
Isak zuckte mit den Schultern und schürzte die Lippen in Erwartung eines Kommentars zu dem Hemd, das er angezogen hatte.
»Im Palast erzählt man sich, dass Ihr vor Eurer Erhebung zum Krann in einem Wagenzug gelebt habt.« Sie hielt inne, hatte wohl Angst, sich lächerlich zu machen oder beleidigend zu sein. Aber Isak nickte ohne ein weiteres Wort. »Wenn das der Fall ist, wage ich zu vermuten, dass Ihr Euch nun einem Leben gegenüberseht, von dem Ihr noch nichts wisst. Vielleicht darf ich so frei sein, Euch anzubieten, Euch mit meinem Rat zur Seite zu stehen? Ich bin in dieser Gesellschaft aufgewachsen. Es ist wohl eine Anmaßung, Euch zu bitten, mir so umfassend zu vertrauen, aber ich versichere Euch, dass jede Schmach oder Schande, die Ihr erleidet, auch auf mich zurückfiele. Ich bin nicht hässlich, das weiß ich, aber ich bin mit siebzehn Jahren noch unverheiratet, weil mein Vater trotz seiner Stellung kein Geld für eine Mitgift aufbringt. Wäre ich in der Lage, meinen Nutzen als Eure Beraterin zu beweisen, könnte dies ein Ausgleich dafür sein – es könnte meinen Nutzen für jeden Mann – über das Austragen eines Erben hinaus – beweisen. Ich habe so viel zu verlieren wie Ihr, aber auch ebenso viel zu gewinnen.«
Isak dachte über ihre Worte nach. Er war noch nicht bereit, ihr zu vertrauen, aber das hatte sie bereits zur Kenntnis genommen. Zumindest wusste er, dass er vorsichtig sein musste.
»Na gut, rede weiter«, sagte er widerwillig. »Ja, mein Lord. Ihr seid nun ein Mann von höfischem Stand – Euer Auftreten bestimmt, wie die Gesellschaft Euch sieht.«
»Ich habe nicht vor, vor irgendjemandem aufzutreten. Wenn ich der Krann bin,
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