Sturmkaempfer
dann sollten die Leute doch wohl zu mir kommen.«
»Und das werden sie auch, da bin ich sicher, so geht es in der Politik. Um jedoch Macht erfolgreich einzusetzen, muss man
Freundschaften auch pflegen und sie nicht nur hinnehmen. Aus der Vereinzelung erringt man in dieser Arena jedenfalls keine Siege.«
»Lord Bahl scheint zurechtzukommen.«
Tila zögerte kurz. »Mein Lord, für die anderen Adligen seid Ihr nur ein Jugendlicher – wenn auch einer mit einer Möglichkeit, Soldat zu werden. Die göttlichen Gesetze sind da eindeutig; die Erwählten seien nur dies: durch die Gaben der Götter befähigt. Aber sie müssen sich dieser Gaben auch als würdig erweisen und sie müssen sich die Macht selbst erhalten.
»Lord Bahl ist einer der besten Kämpfer des Landes. Im Kampf ist ihm niemand ebenbürtig. Abgesehen von der Tatsache, dass ihm unsere erlesenste Einheit bis auf den letzten Mann treu ergeben ist, könnte ihn kein lebender Farlan in einem Duell besiegen. In der politischen Arena schützt ihn sein Haushofmeister. Ihr hingegen habt Euch noch nie im Kampf bewiesen und die Grausamkeiten der höfischen Gesellschaft sind Euch fremd.«
»Also denn, als meine Beraterin, was würdest du mir empfehlen?« Isak verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Je verärgerter er wurde, umso deutlicher nahm er den Druck auf seine Zehen wahr.
»Zeigt Euch als ebenbürtig. Kleidet Euch und handelt so, wie es einem Mann in Eurer Stellung geziemt, und bald werden sie bei Hof um Eure Aufmerksamkeit buhlen. Wenn Ihr ruhig und bedacht seid, offen, aber nie zu sehr, dann werdet Ihr auch Zeit haben, den Umgang mit den Männern von Stand zu erlernen, mit den Herzögen, Lordprotektoren und Grafen. Es sind hinterlistige Männer, die das Gesetz, die Gewalt und auch die Gerüchte nutzen werden, um zu erreichen, was sie begehren. Um ihr Spiel zu spielen, müsst Ihr erst die Regeln verstehen.«
»Und dann?«
»Und dann werden sich Euch Männer anschließen. Sie werden
natürlich nicht vollkommen vertrauenswürdig sein, aber auf diese Weise könnt Ihr Euch eine Machtgrundlage errichten, die nicht nur auf militärischer Macht fußt. Lord Bahls bewusste Verweigerung gegenüber der höfischen Gesellschaft hat ihm in der Vergangenheit mehr als einmal Probleme bereitet.«
»Das klingt nach einer gefährlichen Ansicht.«
Tila blickte Isak erschrocken an, bevor sie bemerkte, dass er es nicht als Drohung gemeint hatte.
»Ich … ich glaube nicht, mein Lord. Es ist allgemein bekannt, dass sich Lord Bahl nicht sonderlich für Politik oder den Kult des Nartis interessiert, und dass daraus in der Vergangenheit schon Probleme erwachsen sind.«
Isak schwieg und ließ sich Tilas Worte durch den Kopf gehen. Noch mehr Veränderung, noch mehr Verwirrung in seinem Leben; erneut die Spiele anderer Männer spielen, etwas, von dem er sich immer hatte befreien wollen. Verflucht seien sie , dachte er plötzlich. Ich bin jetzt ein mächtiger Mann, und das bedeutet, dass ich das Leben führen können sollte, das ich mir wünsche. Warum sollte ich mich dem Willen eines anderen Mannes beugen? Das Land soll sich dem meinen beugen. Er öffnete den Mund, um genau dies zu Tila zu sagen, doch dann blieben ihm die Worte im Hals stecken. Sie versuchte ihm zu helfen, seine Freundin zu sein. Im Augenblick war sie die Einzige, die er hier hatte; er durfte nicht alles verwerfen, was sie gesagt hatte.
»Vielleicht hast du recht. Ich muss über all das nachdenken«, sagte Isak. »In der Zwischenzeit aber: Lord Bahl hat mir aufgetragen, Lord Kerin aufzusuchen.«
Tila machte einen halben Knicks und senkte ihren Kopf etwas zu langsam, um den Schimmer der Erleichterung zu verbergen, der über ihr Gesicht glitt. »Er ist sicher auf dem Übungsplatz, mein Lord. Hier entlang.«
Sie führte ihn den leeren Gang zur großen Halle entlang, wo das riesige steinerne Treppenhaus Geräusche aus den anderen Teilen des Tirah-Palastes herbeitrug. Isak beschloss, den Ort später genauer zu erkunden. Er lächelte. Die hohen Dächer und versteckten Erker dieses Hauses würden ihn bald empfangen und ihre Geheimnisse mit ihm teilen. Ohne den Vater, der bei seiner Abwesenheit fluchte, musste er nur seinem eigenen Willen folgen.
Tila stieß die Tür zur großen Halle auf, ging hinein und warf den darin Sitzenden einen scharfen Blick zu und trat dann beiseite, um die Tür für Isak offen zu halten.
»Ich werde heute Eure persönlichen Räume vorbereiten. Lord Bahl hat die
Weitere Kostenlose Bücher