Sturmkaempfer
ausdrückliche Anweisung gegeben, dass Ihr einige Wochen im Turm schlaft, aber auch einige der Räumlichkeiten im Hauptflügel über uns gehören Euch.«
Isak nickte und ging an ihr vorbei in die Halle. Es waren nur vier Leute darin, zwei Diener, die sich um das Feuer kümmerten und nun in Habtachtstellung dastanden, sowie ein Paar Wachmänner. Der jüngere saß noch, das blutige Bein auf der Bank, während der andere, ein grauhaariger Mann im Alter von Carel, aufgestanden war. Er hielt ein Stück Verband in der Hand.
Isak, der nicht wusste, was er tun sollte, bedeutete ihnen im Vorbeigehen, weiterzumachen und ging auf die hohe doppelflügelige Tür zu, die nach draußen führte. Eine Seite stand etwas offen, weit genug um das Tageslicht zu sehen, und als er sie ganz aufzog, stand er am oberen Ende einer breiten Steintreppe ohne Geländer, die zu etwas hinabführte, das wohl ein Übungsplatz war. Auf beiden Seiten ging es über drei Meter hinab. Darum überraschte es auch nicht, dass die Stufen in der Mitte stark abgetreten waren. Eine graue Wolkenbank hing am Himmel und wehrte sich gegen die unablässigen Bemühungen des Windes, sie zu vertreiben. Isak konnte kaum erkennen, wo die Sonne stand, darum gab er es schnell auf, die Uhrzeit feststellen zu wollen.
Aber es erschien ihm, als habe er deutlich länger geschlafen als sonst.
Auf der linken Seite erhob sich die Vorburg, flankiert von zwei spitzen Türmen. Das dunkle Maul des Wachturmes ragte aus dem Boden, lang genug, dass sich das Licht der anderen Seite nicht darin zeigte. Isak drehte sich um und sah am hoch aufragenden Hauptgebäude hinauf. Der Turm von Semar erhob sich dahinter. Er fühlte, dass er rückwärts umzufallen drohte, als er versuchte, die Spitze zu sehen. Vor dem diffusen Morgenlicht wirkte der bis in den Himmel ragende riesige Turm unecht und schattenhaft. Jetzt, da sich Isak im Innern des Palastes befand, erkannte er, wie groß die Festung war. Und immer noch wirkte der Turm im Vergleich dazu unvorstellbar hoch.
Die mächtigen Steinmauern umschlossen ein großes Areal. Sie waren von Verteidigungstürmen durchzogen, und an verschiedenen Stellen lehnten sich Ställe und Baracken in ihren Schatten. Einige Bereiche im Innern der Mauern waren für Nutzvieh und große Küchengärten abgezäunt, aber auf dem größten Teil befanden sich Soldaten. Eine Reihe von Zielscheiben erhielt am hinteren Ende eine Abreibung und auf der freien Fläche in der Mitte übten Fußsoldaten und Reiter.
Der Palast war nicht auf Verteidigung ausgelegt. Er war über die Jahre gewachsen, und die uralte Wand um den Übungsplatz herum, die erst erweitert worden war, nachdem ein Teil des ursprünglichen Bauwerks um den Turm durch Magie zerstört worden war, blieb nun ein Flickwerk. Heute maß sie eine solche Länge, dass man Tausende bräuchte, um sie zu bemannen. Trotzdem hatte es bisher niemand geschafft, den Tirah-Palast zu belagern, denn die Armee der Farlan war schnell, beweglich und hervorragend ausgebildet. Die Pferde wurden ebenso hart rangenommen wie die Soldaten, und ihre Schnelligkeit, ihre engen Formationen und eine herausragende logistische Versorgung bedeuteten,
dass sich selten ein Feind den Ort des Kampfes aussuchen konnte. Die Organisation des Nachschubs war für die Farlanarmee so wichtig, dass der Generalquartiermeister im Rang sogar über einem Lordprotektor stand, im Frieden wie im Krieg.
Isak schritt die Stufen hinab und ging zu einem Stallburschen, der sich um ein großes haselnussbraunes Jagdpferd kümmerte. Das großartige Pferd blieb ruhig und geduldig stehen, während der Stallbursche den Huf eines Vorderbeins untersuchte.
Isak bewunderte das Schlachtross einen Augenblick lang: ein schöneres Tier, als er je zuvor gesehen hatte. Dann fragte er: »Kannst du mir sagen, wo ich Schwertmeister Kerin finde?«
»Den Schwertmeister?«, antwortete der Stallbursche ohne aufzusehen. »Er kümmert sich gerade um die reichen Jungs von der Wache. Warte, bis sie fertig sind. Einige von ihnen sind Ritter, und sie mögen es gar nicht, wenn ein Gemeiner sie stört.«
Isak lächelte. Noch vor einem Tag hätte er diesen Rat beherzigt. »Sag mir trotzdem, wer von ihnen er ist. Ich glaube, ich stehe im Rang über einem Ritter, also werden sie sich nicht allzu lange beschweren.«
Der Mann blickte auf und ließ vor Schreck den Huf fallen. Er fing sich aber schnell wieder, sank auf ein Knie und murmelte Entschuldigungen. »Mein Lord, vergebt mir …«
»Keine
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