Sturmkaempfer
Dirass einprasseln zu lassen, der den Vormarsch des Ritters aufhielt. Isaks Schläge waren zwar noch ungeschickt, aber heftig. Carel war auf dem Schlachtfeld ausgebildet worden, und so hatte er auch Isak unterrichtet. Bewegung war lebenswichtig. Die vorrückende Infanterie, die Kavallerie im Sturmangriff – sie würden gewinnen.
Zum ersten Mal wirkte der Ritter etwas nervös, aber dann rückte Isak vor und bemerkte plötzlich, dass er näher stand, als er geplant hatte. Eilig sprang er zurück, doch Sir Dirass hatte dies ebenfalls bemerkt und warf sich nach vorn. Isak entkam um Haaresbreite, musste die Arme zu beiden Seiten ausbreiten, um die Balance zu halten, und schlug dann hart nach dem Hals des Ritters. Sir Dirass war bei seinem Sprung beinahe ausgerutscht, aber nun bekam er den Schild rechtzeitig hoch. Beide traten unverletzt zurück.
Jetzt lag ein Lächeln auf Isaks Lippen. Er wusste nun, woran er bei diesem Feind war. Jetzt musste er ihn nur noch so lange provozieren, bis der andere eine Dummheit machte. Seine schnellen Schritte wurden schwerer, er ließ den Schild ein wenig sinken und sein Grinsen wurde breiter.
Sir Dirass’ Gesichtszüge verhärteten sich. Mit einem Schritt überwand er die Lücke zwischen ihnen. Das Schwert des Ritters war bereit. Er wartete darauf, dass Isak einen Schritt nach hinten tat, damit ein zweiter Schritt den Ritter nah genug heranbrächte, um anzugreifen. Aber dieser zweite Schritt erfolgte nicht.
Mit einem erschrockenen Keuchen blickte Sir Dirass tief in die kalten Augen seines Mörders, als Isak in die Finte trat. Sein Gesicht zeigte keine Regung, als er dem Ritter die Schwertspitze zwischen die Rippen trieb.
Sir Dirass erschauderte und erstarrte, Wut verwandelte sich in Unglauben. Er schnappte unwillentlich nach Luft, und die Zuschauer
taten es ihm nach. Isaks Bewegung war so fließend gewesen, dass sie einen Augenblick brauchten, um zu erkennen, dass Isak Sir Dirass tatsächlich durchbohrt hatte. Die Arme des Ritters zitterten erst noch, dann ließ er sie sinken. Er fiel auf die Knie. Mit einem Ruck zog Isak die Klinge heraus. Ein Blutschwall folgte ihr und klatschte auf seine geliehenen Stiefel. Der Leichnam sackte zusammen und fiel zu Boden.
Niemand sagte etwas. Isak starrte wie alle anderen auf den Toten am Boden. Jetzt fühlte er ein Loch im Magen. Der süchtig machende Rausch der Gewalt war durch eine fühlbare Leere ersetzt worden, durch einen kalten, schmerzhaften Ball mitten in ihm. Er konnte nicht bedauern, was er getan hatte. Der Mann hatte ihn umbringen wollen – sogar ein unerfahrener Schwertkämpfer wie Isak hatte das erkennen können. Mit dem Wind trieb der Geruch von Brot herbei, ein verlockender Duft. Er war ja halb verhungert. Also wischte er die Klinge am Hemd sauber, drehte sich wortlos um und ging zur großen Halle zurück.
Tila sah ihm nach, voller Übelkeit und Angst. Der bittere Geschmack von Galle saß ihr in der Kehle.
Was für eine Sorte Mann bist du? Sie wollte die Worte hinausschreien. Wie kannst du in einem Augenblick so schüchtern und unsicher sein und im nächsten so brutal? Bist du doch nicht anders als der Rest deiner Art?
Sie hatte einmal zugesehen, wie ihr Onkel in einem Duell getötet hatte, aber dieser Kampf war wild und brutal gewesen. Hier hatte sich Isak wie ein Harlekin bewegt, der die Schritte zu einem Epos tanzte, war aber so unbeteiligt gewesen, als er den Mann durchbohrte. Gewiss, Sir Dirass hatte versucht, Isak zu töten. Aber das ausdruckslose Gesicht Isaks ließ sie erschaudern. Tila stand auf und starrte ihm mit den Soldaten zusammen nach, bis Isak durch die hohen Tore der großen Halle verschwunden
war. Dann war auch der Zauber gebrochen und Schwertmeister Kerin rief einen Befehl. Es waren wütende Laute, die Tila nicht zu Worten zusammensetzen konnte. Sie glitt vorwärts, bemerkte kaum, dass sie die Scheide aufgehoben hatte, und ging Isak nach. Sie hatte Angst, ihm gegenüberzutreten, dennoch folgte sie ihm.
»Nun, Kerin, bitte erklärt Euch.« Lesarls Stimme klang kalt, aber seine Augen lachten und tanzten. »Unser neuer Krann war in tödlicher Gefahr, oder?«
»Ja, Haushofmeister.« Mit gesenktem Blick stand Kerin da und spürte das Gewicht der jüngsten Ereignisse immer schwerer und finsterer werden. »Ich habe nicht vorausgesehen, dass Sir Dirass so handeln würde – wir waren alles andere als Freunde, aber ich hätte doch nicht gedacht, dass er einen direkten Befehl verweigern könnte. Sir
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