Sturmkaempfer
Regel der Kriegsführung.« Er wartete darauf, dass sein Sohn den Satz vollendete.
»Kenne deinen Feind«, stimmte Kohrad zu. »Auch wenn manch einer sagen würde, die erste Regel laute: Kenne dich selbst.«
»Das muss doch ohnehin gegeben sein, und zwar schon lange bevor ein Mann eine Armee in den Kampf führt.« Styrax spürte den Widerwillen seines Sohnes, in diesem Punkt nachzugeben. Auch der Junge war ein Weißauge, und kindliche Loyalität musste ihre Grenzen haben.
»Ich denke immer noch, dass eine deutliche Übermacht eine bessere erste Regel wäre.«
Styrax klopfte seinem Sohn freundschaftlich auf die Schulter. »Vielleicht, aber dem fehlt die Eleganz, und daraus kann man nur wenig für den Rest des Lebens ziehen. Kein Mann sollte die
Gelegenheit ausschlagen, eine Lektion zu lernen. Und gibt es keine Gelegenheit, dann öffne ein Fass Wein und suche die Weisheit in seinem Inneren.«
»Für jemanden mit so großer Einsicht gehst du ein ziemlich großes Risiko ein, wie gut fundiert du auch raten magst. Du kannst nicht alles über den Charakter eines Mannes wissen. Beispielsweise könnte der Herzog gerne mit der Dämmerung aufwachen, wie ich es heutzutage tue. Erinnerst du dich an unsere Jagdausflüge? Seitdem ziehe ich ein nach Westen gerichtetes Fenster vor. Vielleicht hält es der Herzog ebenso, trotz der beeindruckenden Aussicht aus seinem Fenster.«
»Mag sein«, stimmte Styrax zu. »Aber man darf die Leute auch nicht über bewerten. Die meisten bleiben Sklaven ihrer Schwächen – und unser Freund, der Herzog, ist so jemand. Er ist so schwach, dass er beim Erwachen das Gefühl von Macht braucht. Aber eine andere Regel sagt aus, dass man bei dem, was man am meisten liebt, niemals ein Risiko eingehen sollte, und das tue ich auch nicht. Das hat unser Spion in der Stadt sichergestellt.«
»Unsere Männer hätten deine Vermutung ohne ein Wort hingenommen; Gaur ebenso.«
»Das liegt daran, dass ich die beste Armee des Landes besitze, und um zu siegen, braucht eine Armee Vertrauen zu ihrem Anführer. Du hast mich angezweifelt, weil du nicht zum Befehlsempfänger geboren wurdest.«
»Du bist dir da sehr sicher. Gaur ist der beste Beweis dafür, dass die Herkunft keine Bedeutung hat.«
»Die Chancen waren immer gut«, sagte Styrax leise. »Um einen guten Wurf zu bekommen, sucht man sich die beste Hündin. Ich ertrage ohnehin nur die Anwesenheit von ganz wenigen, da werde ich es doch nicht riskieren, einen dummen Sohn bei mir zu behalten, der mich enttäuschen könnte. Du hast zwei Posten in deinem Leben, die du erben kannst. Den von General
Gaur und meinen eigenen, und ich bin sicher, dass du dich beider als würdig erweisen wirst. Genug der Zweifel – du hast eine Aufgabe, die ich keinem anderen anvertrauen kann, also mach dich bereit.«
Kohrad starrte seinen Vater mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Misstrauen an. Es war nicht nötig hinzuzufügen, dass Styrax es auch selbst tun könnte. Was sie vorhatten, war eine empörende Geste, von der der gesamte Westen Notiz nehmen würde. Außerdem war es eine Prüfung für Kohrad. Wenn er scheiterte, würde er nicht zurückkehren.
»Warum unternehmt Ihr nichts dagegen?«
Tochet öffnete den Mund, um Herzog Nemarses Frage zu beantworten. Doch dann biss er sich auf die Zunge, bevor er etwas sagte, das er später bereuen würde. Der Herzog lief nun schon seit einer halben Stunde auf und ab und klopfte dabei unablässig auf den kleinen Samtbeutel, der an seinem Gürtel hing. Diese Handlung ging Tochet auf die Nerven, und diese Wirkung wurde von der hohen, weibischen Stimme des Herzogs noch verstärkt.
»Was soll ich tun? Dieses Geräusch macht die Pferde verrückt, und ich schicke meine Infanterie nicht da raus.«
»Nun, tut irgendetwas. Ich bezahle Euch nicht, damit Ihr hier herumsteht und über die Wälle stiert.«
Tochet seufzte. Er hatte versucht die Kavallerie hinauszuschicken, aber sie war nur einige Dutzend Meter weit gekommen, bevor gutturale Tierlaute sie in Panik versetzt hatten. Die Kreaturen dort draußen, was auch immer sie waren, sie mochten den Geruch von Pferdefleisch.
»Destech«, rief der Kommandant der Söldner. Sein Lieutenant kam näher und bleckte die angespitzten Zähne in Richtung Herzog, um ihn außer Hörweite zu treiben. Das war jedoch unnötig,
der Herzog verstand kein Wort Chetse. Aber es war eine der wenigen Möglichkeiten, sich in Raland die Zeit zu vertreiben.
»General?« Tochet hatte diesen Rang zwar nicht mehr
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