Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
dieses Priesters zu stehlen– du hättest es mit viel weniger Aufwand an dich bringen können als das Salz.«
Darauf gab er keine Antwort.
» Du dienst keinem König und keinem Reich, das mir bekannt wäre«, fuhr sie fort. » Du bist ein viel besserer Schwertkämpfer, als es ein einfacher Leibwächter je sein wird. Du bist bestimmt sogar besser als alle anderen, wenn du in der Lage bist, einen Bandenführer mit deinen Fähigkeiten so tief zu beeindrucken. Du könntest berühmt sein, Schüler haben und Preise gewinnen, wenn du dich entscheiden solltest, Wettkämpfer zu werden. Du behauptest, du gehorchst deinem Auftraggeber, aber du erteilst öfter Befehle, als du sie entgegennimmst– und da du dir nicht so viel aus Geld machst, ist dein ganzes Söldnertum vermutlich nur eine Fassade.«
Sie dachte nach und sagte schließlich: » Ich habe bisher nur ein einziges Mal beobachtet, dass du einen Anflug von Gefühlen gezeigt hast, und das war bei der Erwähnung dieses Vascher– dieses Mannes mit dem Schwert.«
Als sie seinen Namen nannte, versteifte sich Denth.
» Wer bist du?«, fragte sie.
Er drehte sich zu ihr um, bedachte sie mit einem harten Blick und bewies ihr– wieder einmal–, dass das Bild des fröhlichen Mannes, das er der Welt zeigte, nichts als eine Maske war. Es war ein sanfter, glatter Überzug, der den Stein in seinem Inneren verdeckte.
» Ich bin ein Söldner«, antwortete er.
» In Ordnung«, meinte sie. » Aber wer warst du?«
» Die Antwort darauf wollt Ihr nicht wirklich hören«, sagte er. Dann verließ er sie, trat durch die Tür und ließ sie auf dem dunklen hölzernen Balkon allein zurück.
Kapitel 26
L ichtsang erwachte und kletterte sofort aus dem Bett. Er reckte und streckte sich und lächelte. » Ein wunderbarer Tag«, sagte er.
Seine Diener standen am Rande des Zimmers und beobachteten ihn unsicher.
» Was ist?«, fragte Lichtsang und streckte die Arme aus. » Kommt, ich will mich anziehen.«
Sie stürzten vor. Kurz darauf trat Llarimar ein. Lichtsang hatte sich schon oft darüber gewundert, wie früh der Priester aufstand, denn jeden Morgen, wenn Lichtsang erwachte, war Llarimar schon da.
Llarimar sah ihn an und hob eine Braue. » Ihr seid sehr aufgeweckt heute Morgen, Euer Gnaden.«
Lichtsang zuckte die Achseln. » Ich hatte einfach nur das Gefühl, dass es Zeit zum Aufstehen ist.«
» Eine ganze Stunde früher als gewöhnlich.«
Lichtsang hielt den Kopf schräg, während ihm seine Diener die Gewänder anzogen. » Wirklich?«
» Ja, Euer Gnaden.«
» Na, so etwas!«, sagte Lichtsang und nickte seinen Dienern zu, die ihn inzwischen vollständig angekleidet hatten und einige Schritte zurücktraten.
» Können wir jetzt zu Euren Träumen übergehen?«, fragte Llarimar.
Lichtsang dachte kurz nach; ein Bild flammte in seinem Kopf auf. Regen. Blitze. Sturm. Und ein leuchtend roter Panther.
» Nö«, meinte Lichtsang und ging auf die Tür zu.
» Euer Gnaden…«
» Über die Träume reden wir später, Huscher«, befahl Lichtsang. » Wir haben Wichtigeres zu tun.«
» Wichtigeres?«
Lichtsang lächelte, ging hinüber zur Tür und drehte sich um. » Ich will zu Gnadensterns Palast gehen.«
» Warum?«
» Ich weiß nicht«, meinte Lichtsang glücklich.
Llarimar seufzte. » Nun gut, Euer Gnaden. Könnten wir aber zuerst einige Bilder betrachten? Die Leute haben gutes Geld bezahlt, um Eure Meinung zu hören, und einige warten ungeduldig auf Eure Beurteilung ihrer Kunstwerke.«
» In Ordnung«, sagte Lichtsang. » Aber wir bringen es schnell hinter uns.«
Lichtsang starrte das Gemälde an.
Rot über Rot, so feine Abstufungen, dass der Maler mindestens die Erste Erhebung erreicht haben musste. Grausames, schreckliches Rot, das wie Wellen gegeneinanderschlug – Wellen, die nur undeutlich an menschliche Gestalten erinnerten, aber irgendwie den Eindruck kämpfender Armeen viel besser übermittelten, als es jedes realistische Gemälde hätte tun können.
Chaos. Blutige Wunden, blutige Uniformen, blutige Haut. So viel Gewalt in Rot. Seine eigene Farbe. Fast hatte er den Eindruck, sich mitten in dem Gemälde zu befinden. Er spürte, wie ihn der Aufruhr packte, ihm die Orientierung nahm, an ihm zerrte.
Die Menschenwellen deuteten auf eine Gestalt in der Mitte. Es war eine Frau, die mit einigen geschwungenen Pinselstrichen sehr undeutlich dargestellt war. Aber ihr Geschlecht war eindeutig bestimmbar. Sie stand erhöht, als würde sie von einer Woge gegeneinanderprallender
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