Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
früheren Feuereifer wiederzuerlangen, und er schaffte es– obwohl die Erinnerung an die schreckliche, schöne Schlachtenszene in ihm wach blieb. Sie vermischte sich mit den Erinnerungen an den Traum der vergangenen Nacht mit ihrem schrecklichen Sturmesbrausen.
Doch nicht einmal das konnte seine Stimmung trüben. Etwas war anders heute. Etwas erregte ihn. Es hatte einen Mord am Hof der Götter gegeben.
Er wusste nicht, warum er das so faszinierend fand. Es war doch eher ein tragisches oder zumindest beunruhigendes Ereignis. Aber solange er lebte, wurde er mit allem Erdenklichen versorgt. Seine Fragen wurden beantwortet, jede Unterhaltung wurde ihm präsentiert, die seine Launen zu befriedigen vermochte. Auf diese Weise war er fast beiläufig zu einem Vielfraß geworden. Nur zwei Dinge wurden ihm vorenthalten: Das Wissen um seine Vergangenheit und die Freiheit, den Hof zu verlassen.
Keine dieser beiden Beschränkungen würde in der nächsten Zeit aufgehoben werden. Aber hier am Hof– an diesem Ort der übergroßen Sicherheit und Bequemlichkeit– war etwas schiefgegangen. Nur etwas Kleines. Etwas, das die meisten Zurückgekehrten nicht beachteten. Es interessierte niemanden. Niemand wollte sich darum kümmern. Wer also würde etwas gegen Lichtsangs Fragen haben?
» Ihr benehmt Euch sehr merkwürdig, Euer Gnaden«, sagte Llarimar, als er ihn eingeholt hatte und sie über den Rasen schritten, während ihnen die Diener in einem chaotischen Gewimmel folgten und angestrengt versuchten, einen großen roten Sonnenschirm zu öffnen.
» Ich weiß«, sagte Lichtsang. » Aber ich glaube, wir stimmen darin überein, dass ich mich für einen Gott eigentlich schon immer etwas merkwürdig verhalten habe.«
» Ich muss gestehen, dass das zutrifft.«
» Dann bin ich heute einfach nur ich selbst«, sagte Lichtsang. » Und wieder ist alles in Ordnung im Universum.«
» Gehen wir wirklich zu Gnadensterns Palast?«
» Allerdings. Glaubst du, sie wird über uns verärgert sein? Das könnte sich als interessant erweisen.«
Llarimar seufzte. » Seid Ihr bereit, jetzt über Eure Träume zu sprechen?«
Lichtsang antwortete nicht sofort darauf. Endlich hatten die Diener den Schirm geöffnet und hielten ihn über Lichtsang. » Ich habe von einem Sturm geträumt«, sagte er schließlich. » Ich stand mittendrin und hatte nichts, womit ich mich vor ihm schützen konnte. Der Regen und der Sturm zwangen mich zurück. Das Unwetter war so stark, dass sogar der Boden unter mir Wellen zu schlagen schien.«
Llarimar wirkte verwirrt und beunruhigt.
Weitere Anzeichen für Krieg, dachte Lichtsang. Oder zumindest wird er es so deuten.
» Sonst noch etwas?«
» Ja«, sagte Lichtsang. » Ein roter Panther. Er schien zu leuchten und das Licht zu reflektieren, als wäre er aus Glas oder so etwas gemacht. Er wartete im Sturm.«
Llarimar sah ihn neugierig an. » Erfindet Ihr das gerade, Euer Gnaden?«
» Wie bitte? Nein! Das habe ich wirklich geträumt.«
Llarimar seufzte und nickte einem Unterpriester zu, damit er das Diktat aufnahm. Bald hatten sie Gnadensterns Palast in Gelb und Gold erreicht. Lichtsang blieb vor dem Gebäude stehen und bemerkte, dass er nie zuvor den Palast eines anderen Gottes oder einer Göttin aufgesucht hatte, ohne zuvor einen Boten zu schicken.
» Soll ich jemanden aussenden, der Euch ankündigt, Euer Gnaden?«, fragte Llarimar.
Lichtsang zögerte. » Nein«, sagte er schließlich, als er zwei Wächter vor dem Tor bemerkte. Sie wirkten viel muskulöser als die gewöhnlichen Diener, und sie trugen Schwerter. Lichtsang vermutete, dass es sich um Duellklingen handelte, auch wenn er noch nie welche gesehen hatte.
Er trat auf die Männer zu. » Ist Eure Herrin zu Hause?«
» Leider nicht, Euer Gnaden«, sagte der eine von ihnen. » Sie besucht gerade Allmutter.«
Allmutter, dachte Lichtsang. Noch jemand mit Leblosen-Kommandos. Ist das Schamweberins Werk? Vielleicht würde er später einmal bei ihr vorbeischauen– er vermisste die Plaudereien mit Allmutter. Doch leider hasste sie ihn zutiefst. » Ah«, sagte Lichtsang zu dem Wächter. » Egal, ich muss den Korridor untersuchen, wo vor kurzem der Angriff erfolgt ist.«
Die Wächter sahen einander an. » Ich… weiß nicht, ob wir das erlauben dürfen, Euer Gnaden.«
» Huscher!«, rief Lichtsang. » Dürfen sie mir das verbieten?«
» Nur wenn sie dazu den direkten Befehl von Gnadenstern haben.«
Lichtsang sah die beiden Männer abermals an. Widerstrebend traten sie
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