Sturmklänge - Sanderson, B: Sturmklänge - Warbreaker
Spekulationen. Doch alle sagten, dass die übrigen Zurückgekehrten keine Kinder zeugen konnten, warum also sollte es bei dem Gottkönig anders sein? Das war wohl nur ein Mittel zur Verschleierung der Tatsache, dass sie eine neue Person zum Gottkönig machten, sobald sie eine gefunden hatten.
Doch das beantwortete noch nicht die wichtigste Frage. Was würden sie unternehmen, damit Susebron seinen Hauch weggab?
Susebron lehnte sich zurück, senkte den Blick und schrieb: Wenn das stimmt, was du sagst, dann war die Frau, die mich aufgezogen hat, nicht meine Mutter. Ich würde von irgendjemandem im Land abstammen. Die Priester hätten mich meinen Eltern weggenommen, sobald ich zurückgekehrt war, und dann im Palast als »Sohn« des Gottkönigs erzogen, den sie zuvor getötet hatten.
Als sie seine Qualen sah, zuckte sie innerlich zusammen. Sie schob das Laken beiseite, setzte sich neben ihn, drückte ihn an sich und legte ihm den Kopf auf den Arm.
Sie ist der einzige Mensch, der mir in meinem ganzen Leben je wirkliche Freundlichkeit entgegengebracht hat, schrieb er. Die Priester verehren mich und kümmern sich um mich – das habe ich bisher zumindest angenommen. Wirklich geliebt haben sie mich nie. Das hat nur meine Mutter getan. Und jetzt weiß ich nicht einmal mehr genau, wer sie war.
» Wenn sie Euch aufgezogen hat, dann war sie Eure Mutter«, sagte Siri. » Da ist es egal, wer Euch geboren hat.«
Darauf erwiderte er nichts.
» Vielleicht war sie tatsächlich Eure leibliche Mutter«, sagte Siri. » Wenn sie Euch in den Palast geschmuggelt haben, warum dann nicht auch Eure Mutter? Wer sollte sich besser um Euch kümmern können?«
Er nickte und schrieb dann mit einer Hand auf die Tafel– die andere lag um Siris Hüfte. Vielleicht hast du Recht. Aber jetzt erscheint es mir verdächtig, dass sie gestorben ist. Sie war eine der wenigen, die mir die Wahrheit hätte sagen können.
Das schien ihn noch trauriger zu machen, und Siri zog ihn näher an sich heran und legte den Kopf an seine Brust.
Bitte erzähl mir von deiner Familie, schrieb er.
» Meinen Vater habe ich oft enttäuscht«, sagte Siri. » Aber er hat mich trotzdem geliebt. Er liebt mich noch immer. Er wollte nur, dass ich das tue, was er für das Richtige hielt. Und… nun ja, je mehr Zeit ich in Hallandren verbringe, desto mehr wünsche ich mir, ich hätte ihm besser zugehört.
Ridger ist mein älterer Bruder. Ich habe ihn immer in Schwierigkeiten gebracht. Er ist der Thronerbe, und ich habe ihn richtig verdorben, zumindest bis er in das Alter kam, in dem er seine Pflicht erfüllen musste. Er ist ein wenig wie Ihr. Sehr großherzig und immer bestrebt, das Richtige zu tun. Aber er hat nicht so viele Süßigkeiten vertilgt.«
Susebron lächelte schwach und drückte ihre Schulter.
» Dann ist da noch Fafen. Eigentlich kenne ich sie nicht besonders gut. Sie ist ins Kloster gegangen, als ich noch sehr jung war– und ich war froh darüber. In Idris wird es als Pflicht angesehen, mindestens ein Kind ins Kloster zu schicken. Dort baut man das Essen für die Bedürftigen an und kümmert sich um die Dinge, die in der Stadt benötigt werden. Obstanbau, das Waschen der Wäsche, Anstreicherarbeiten. Alles, was anderen eine Hilfe ist.«
Er griff nach der Tafel. So etwa wie bei einem König, schrieb er. Er lebt, um den anderen zu dienen.
» Sicher«, sagte Siri. » Aber sie werden nicht eingesperrt und können damit aufhören, wenn sie wollen. Wie dem auch sei, ich war froh, dass es nicht mich, sondern Fafen getroffen hat. Im Kloster wäre ich verrückt geworden. Dort müssen sie die ganze Zeit über fromm sein und dürfen in der Stadt um keinen Preis auffallen.«
Das hätte nicht gut zu deinem Haar gepasst, schrieb er.
» Eindeutig nicht«, sagte sie.
Aber in letzter Zeit ändert es die Farbe nicht mehr so oft, schrieb er und runzelte dabei die Stirn.
» Ich habe gelernt, es besser unter Kontrolle zu halten« sagte Siri und zog eine Grimasse. » Die Leute können daran zu deutlich meine Gefühle ablesen. Hier.« Sie veränderte es von Schwarz zu Blond. Er lächelte und fuhr mit den Fingern durch ihre langen Locken.
» Nach Fafen kommt nur noch meine älteste Schwester Vivenna«, fuhr Siri fort. » Sie ist diejenige, die Euch heiraten sollte. Sie hat ihr ganzes Leben mit der Vorbereitung auf die Reise nach Hallandren verbracht.«
Sie muss mich hassen, schrieb Susebron. Sie ist mit dem Wissen aufgewachsen, dass sie ihre Familie verlassen und mit einem
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