Sturmkönige 01 - Dschinnland
die Stadt. Erst dahinter erhob sich der äußere Verteidigungswall gegen die Schrecken des Dschinnlandes.
Am Morgen strömten die Feldarbeiter durch die Stadttore auf die Äcker, in der Abenddämmerung kehrten sie heim. Sich bei Nacht außerhalb der Mauern aufzuhalten konnte einen den Kopf kosten – falls man sich erwischen ließ. Für einen Teppichreiter war das die erste Regel, die es zu brechen galt. Eine erste Mutprobe, ein erstes Zeichen, dass es einem ernst war. Viele weitere folgten, ehe man zur Teilnahme an den verbotenen Rennen zugelassen wurde.
»Ich war noch nie draußen vor den Mauern«, sagte Sabatea, während sie hinab auf die mondbeschienenen Felder blickte. Nur vereinzelt brannten Fackeln, wo Patrouillen der Ahdath die Ländereien bewachten.
Er gab dem Teppich den Befehl, weit außen über dem fruchtbaren Ackerring um die Stadt zu kreisen. In hundert Metern Höhe zog er die Hand aus dem Muster und drehte sich zu ihr um. Sie beobachtete ihn neugierig und, wie es schien, auch ein wenig belustigt. Im Schneidersitz setzte er sich ihr gegenüber, mit dem Rücken in Flugrichtung. Sie zog die Knie an und legte die Arme darum. Zwischen ihren Schenkeln lag nur ein hauchfeiner Seidenschleier. Er betrachtete ihre Waden, die schmalen Fesseln. Ihre Sandalen waren bis weit über die Knöchel geschnürt. Beim Zusammenstoß mit dem Teppich hatte sie sich eine blutige Schramme am rechten Schienbein zugezogen, sonst aber war sie unverletzt.
»Vorhin«, sagte sie und kreuzte seinen Blick mit ihren weißen beunruhigenden Augen, »was ich da gesagt habe, das war ernst gemeint.«
Er hatte keine Ahnung, wovon sie sprach, und das musste sie ihm ansehen. »So?«
»Als ich dich gefragt habe, was es kosten würde, wenn du mich nach Bagdad bringst.«
»Nichts. Weil ich nicht nach Bagdad gehen werde.« Er lächelte bitter. »Du hast den Falschen erwischt. Mein Bruder hat vor, durchs Dschinnland zu fliegen. Ich nicht.«
»Aber du hast es viele Male getan und bist lebend von dort zurückgekehrt.«
Seine Wangenknochen begannen zu mahlen. Er musste sich konzentrieren, damit es aufhörte. »Beim letzten Mal hat nicht viel gefehlt.«
Sie nickte, als wäre sie dabei gewesen. Dann klappte sie ihre Knie auseinander, beugte sich geschmeidig zwischen ihnen nach vorn und küsste ihn auf die Lippen.
»Warum hast du das getan?«, fragte er.
»Ich wollte wissen, ob es mir gefällt.«
»Ich bin nicht sicher, ob es mir gefällt.«
»Küsse ich so schlecht?«
»Ganz im Gegenteil.«
»Aber?«
Er versuchte, in ihrem Gesicht zu lesen, das immer noch ganz nah vor seinem schwebte. »Es hat sich angefühlt, als hätte ich dafür bezahlt. Oder müsste noch dafür bezahlen.«
Sie lächelte. »Ich hatte dir versprochen, dass ich dich bezahle.«
»Falls ich dich in Sicherheit bringe.«
»Wo könnte es sicherer sein als hier oben?«
»Ein Windstoß könnte dich umbringen. Ein falsches Manöver. Ein wütender Teppichreiter.«
Sie küsste ihn erneut, und er ließ es zu, weil sie nicht mehr versuchte, ihn zu überrumpeln. Und weil er das Gefühl hatte, die Lage wieder unter Kontrolle zu haben. Für einen Moment konnte er sogar vergessen, dass es genau das war, was sie ihm weismachen wollte. Aber sie kannte ihn nicht. Er hingegen durchschaute sie. Das gab ihm alle Kontrolle, die er brauchte. Gewiss war nicht zu übersehen, wie schön sie war und wie perfekt sie das Spiel mit ihren Reizen beherrschte. Aber er konnte dies alles mit einem einzigen Gedanken beenden. Oder einem Wort. Aber noch nicht.
Er griff ihr ins Haar, zog ihren Kopf näher heran. Ihre Lippen suchten wieder die seinen, doch diesmal kam er ihr zuvor, küsste sie so heftig, dass ihre Zähne in seine Lippe bissen. Ihre Zungenspitze tanzte um seine, ihre Finger kletterten an seinen Oberarmen hinauf, umfassten seine Schultern.
Er berührte ihre Knie, während ihre Küsse immer heftiger wurden, wanderte langsam an der Innenseite ihrer Schenkel hinab. Seine Finger ließen sich Zeit, bis sie zu dem schmalen Seidenstreifen vorstießen. Ein leises Stöhnen drang aus ihrer Kehle, aber sie nahm ihre Lippen nicht von seinen, während er sacht über den zarten Stoff strich und spürte, dass das Gewebe feucht wurde, so heiß und glatt wie ihr Mund zwischen den kleinen weißen Zähnen. Er war drauf und dran, ein zweites Mal in sie einzudringen, erst mit der Zunge, nun mit den Fingerspitzen, und seine Kontrolle blieb endgültig hinter ihnen zurück, irgendwo auf dieser unsichtbaren
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