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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Innere des Gebirges handelte.
    »Höhlen also«, raunte Sabatea.
    »Nur eine einzige – groß genug, um ganz Samarkand hineinzustecken. Die Hängenden Städte befinden sich dort unten im Berg.«
    »Hat das dein Vater gesagt?«
    »Er ist vor vielen Jahren dort unten gewesen.«
    Sabatea begann, ihre Waden zu massieren. Der stundenlange Ritt auf dem Teppich hatte einmal mehr ihre Beine taub werden lassen. »Du vertraust wirklich auf alles, was er euch erzählt hat, oder?«
    »Warum hätte er lügen sollen?«
    »Nicht lügen. Nur übertreiben. Väter tun das manchmal, um ihre Söhne zu beeindrucken.«
    »Du weißt nichts über Jamal.«
    »Ich weiß sogar eine ganze Menge über ihn. Zum Beispiel, dass er zuletzt nicht mehr aus dem Dschinnland zurückgekehrt ist. Er war nicht unbesiegbar, Tarik. Und nicht allwissend… auch wenn Junis und du ihn auf ein goldenes Podest hebt und seinen Glücksbringer« – sie deutete auf die Sanduhr – »zum ehernen Gesetz erhoben habt.«
    Er runzelte die Stirn, weniger erzürnt als neugierig. »Dein Vater hat offenbar keinen allzu erfreulichen Eindruck hinterlassen.«
    Sie wandte rasch das Gesicht ab, aber er sah noch den Schatten eines tiefen Schmerzes über ihre Züge geistern. »Nein«, gab sie leise zu. »Das hat er gewiss nicht.«
    »Jamal war der beste Schmuggler zwischen Samarkand und Bagdad«, sagte er ruhig. »Aber er war auch ein Trinker und hat meine Mutter regelmäßig am ersten Abend nach der Rückkehr von seinen Reisen mit anderen Frauen betrogen. Oft genug hat er Junis und mich für Dinge bestraft, die wir nicht verstanden haben. Ich behaupte nicht, dass er ein guter Mann war. Aber er war kein Lügner. Und er hatte es nicht nötig, andere mit erfundenen Abenteuern zu beeindrucken. Wenn du ihn gekannt hättest, dann – «
    »Ich glaube, ich kenne ihn sogar recht gut.« Sie blickte ihm jetzt wieder in die Augen, das Weißgrau ihrer eigenen so hell, als leuchtete es in der Dunkelheit. Bildschön und zugleich von einer beklemmenden Gewissheit erfüllt.
    »Ich wünschte, ich hätte mehr von ihm geerbt«, sagte Tarik nach einem Moment stummen Ringens – ein Ringen mit ihr und um die richtigen Worte. »Mehr als das wenige, das er und ich vielleicht gemeinsam haben.«
    »Auch du willst andere für etwas bestrafen, das sie nicht verschuldet haben.«
    Er lachte leise. »Etwa dich?«
    »Junis.« Sie überlegte kurz. »Ja, mich auch, schätze ich. Aber ich kann damit leben. Er kann es nicht.«
    Tarik schluckte eine heftige Erwiderung hinunter. »Er wird so oder so nicht mehr lange am Leben sein, wenn wir weiterhin dasitzen und reden.«
    Sie sah ihn unverwandt an. »Hat dein Vater auch so große Angst vor Worten gehabt wie du?«
    O ja, dachte Tarik widerwillig. Deshalb hatte Jamal die Klagen seiner Mutter mit dem willigen Schweigen anderer Weiber betäubt; und die Vorwürfe, die er sich selbst machte, mit dem schweren Pamirwein.
    »Du willst also reden«, sagte er. »Gut, dann lass mich dir eine Frage stellen.«
    Ein Schulterzucken. Das weiße Glühen ihrer Augen. Ihr entwaffnendes Lächeln.
    »Woher hast du gewusst, dass der Landweg nicht sicher ist?«, fragte er. »Als du mich überreden wolltest, dich nach Bagdad zu bringen, da hast du behauptet, die Dschinne seien höchstwahrscheinlich verschwunden und stellten keine Gefahr mehr dar. Und doch hast du alles getan, damit dich ein Teppichreiter nach Bagdad bringt. Dabei – und dafür kenne ich dich mittlerweile zu gut – hättest du ohne große Mühe Mittel und Wege gefunden, dich der Karawane der Vorkosterin anzuschließen. Vielleicht durch einen Hauptmann der Garde, der dich unter seine Fittiche genommen hätte.« Er schüttelte langsam den Kopf, ohne sie oder den wirbelnden Rauch in ihrem Rücken aus den Augen zu lassen. »Dir war klar, dass es hier draußen noch immer von Dschinnen nur so wimmelt. Aus irgendwelchen Gründen haben sie Samarkand seit Jahren nicht mehr angegriffen, aber das hat sie nur stärker und gefährlicher gemacht. Und du hast es gewusst. Woher? «
    Sie seufzte, hielt seinem Blick aber stand. »Dort, wo ich gelebt habe, schnappt man so manches auf.«
    Seine Finger schlossen sich fest um ihr Handgelenk. »Der Emir wäre ein noch größerer Narr, als ich dachte, wenn er über so etwas mit seinen Haremsweibern spricht.«
    »Er ist ein Narr und – « Sie brach ab und setzte neu an. »Ich habe ihm nahegestanden, dann und wann. Und erzähl mir nicht, dass dich das überrascht, Tarik. Als ob das auch nur

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