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Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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riesigen Pferch gefangen. Einige, die weiter entfernt saßen, beachteten sie nicht, stierten nur vor sich hin. Einer, der unablässig mit blutenden Fäusten auf das Gitter einschlug, wandte kurz den Kopf, beschimpfte sie in einer Sprache, die sie nicht verstand, und fuhr dann fort, unter Gebrüll die Wand des Pferches zu bearbeiten.
    Aus einem Pulk von einem halben Dutzend Männern und Frauen löste sich eine Gestalt, stolperte zwei Schritte auf sie zu, blieb stehen und rannte abermals los. Im flackernden Feuerschein des nahen Scheiterhaufens sah sie ihn nur undeutlich, erst recht, als er ihr durch das Netz der Schattenraster entgegenlief, in einem so schnellen Wechsel aus Hell und Dunkel, dass sie im ersten Augenblick Panik bekam.
    Sie wollte sich auf die Beine stemmen, die Gestalt wenigstens aufrecht erwarten. Aber sie sackte wieder zusammen und hörte zugleich ihren Namen: »Sabatea!«
    »Junis?«
    Er sank neben ihr auf die Knie, zog sie an sich, barg ihren Kopf an seiner Schulter. Sie erwiderte die Umarmung unter Tränen. Schwindel und Übelkeit verschwanden für ein paar Augenblicke hinter grenzenloser Erleichterung. Dann erst zog sie sich ein kleines Stück zurück, die Arme noch immer um seine Schultern gelegt, und sah ihn unverwandt an. »Ist Tarik auch hier?«
    Junis schüttelte den Kopf. »Dann haben sie euch beide gefangen?«
    »Er…« Sie schluckte. »Er hat sich ihnen ausgeliefert, damit ich…« Sie verbesserte sich: »Um dich zu suchen. Er hat nicht daran geglaubt, dass sie dich töten würden, wegen all der anderen Sklaven in den Netzen… und wir sind in die Berge geflogen, weil er sich an die Hängenden Städte erinnert hat, an die Erzählungen deines Vaters.«
    Junis starrte sie einen Moment lang fassungslos an, als könne er nicht glauben, dass sein Bruder so etwas tatsächlich für ihn getan haben könnte. Dann stahl sich der Schatten eines Lächelns auf seine Züge, sogleich gefolgt von Ernüchterung und Schrecken.
    »Hierher haben sie ihn jedenfalls nicht gebracht. Ich weiß nicht, was aus ihm geworden ist.« Er wich ihrem Blick einen Herzschlag lang aus. »Vielleicht steckt er in einem der anderen Pferche.«
    »Ja«, sagte sie bitter. »Vielleicht.«
    Er zog sie abermals an sich und unternahm den unbeholfenen Versuch, sie zu küssen. Sie ließ es geschehen, schüttelte schließlich aber sanft den Kopf und flüsterte: »Junis. Nicht.«
    Seine Stirn legte sich kurz in Falten, dann kehrte das Lächeln zurück, etwas, um das sie ihn beneidete. Doch sie erkannte schnell, dass es nur eine Maskerade war, die verbergen sollte, wie niedergeschlagen er sich fühlte.
    Er half ihr auf die Beine und stützte sie einige Schritte weit, während er sie zu den anderen Menschen führte. Sie wollte mit niemandem sprechen außer mit ihm. Aber sie ging trotzdem mit, weil es hier drinnen gewiss nicht ratsam war, alle anderen zu meiden. Ihr Blick fiel wieder auf den Mann, der sich schreiend am Gitter die Hände blutig schlug, und sie dachte daran, dass sie womöglich alle so enden würden, wahnsinnig vor Angst.
    Die Männer und Frauen, mit denen Junis bei ihrer Ankunft gesprochen hatte, trugen zerschlissene Kleidung, manche gesprenkelt von getrocknetem Blut. Einige waren verletzt, mindestens zwei Männer hatten gebrochene Arme. Junis nannte ihr die Namen aller – erstaunlich, dass er sie bereits im Kopf hatte –, aber Sabatea vergaß sie noch im selben Augenblick. Sie wusste nicht, was Junis diesen Menschen erzählt hatte, darum sagte sie selbst kaum etwas und ließ sie glauben, das läge an ihrer Erschöpfung. Niemand schien es ihr übel zu nehmen.
    Hinter ihnen verstummte der Wahnsinnige am Gitter. Sie dankte Zarathustra dafür. Wenig später erkannte sie, dass ihn ein Dschinnpfeil in die Kehle getroffen hatte. Röchelnd lag er am Boden. Ehe einige der anderen zu ihm eilen konnten, erschlafften seine Bewegungen.
    Zustimmendes Murmeln quittierte den Tod des Mannes. Sabatea empfand genauso und schämte sich dafür. Aber sie nahm es hin wie jede andere fremde Gefühlsregung, die sie in den vergangenen Stunden überkommen hatte. Vieles davon hatte wenig mit ihrem alten Ich zu tun, mit dem Mädchen aus den goldenen Kammern des Herrscherpalastes von Samarkand.
    Widerwillig hörte sie sich das Klagen einer Frau an, die ihr in einem schwer verständlichen Nomadenakzent von ihrem Schicksal erzählte. Sie und ihre Familie hatten ihr Versteck in den Bergen verlassen, um nach Bagdad zu fliehen, von dem man sich erzählte,

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