Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkönige 01 - Dschinnland

Sturmkönige 01 - Dschinnland

Titel: Sturmkönige 01 - Dschinnland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
Luft zerrten. Das Schlimmste war gleich vorüber, sie trug keine Verbrennungen davon; aber für einen Augenblick hatte sie geglaubt, die Dschinne würden sie in die Flammen fallen lassen, hinab zu all dem anderen, was dort unten verbrannte.
    Sie hing allein in dem Netz, mit dem sie in einem Nachbartal eingefangen worden war. Die Schnüre schnitten ihr in die Haut, und ein Knoten drückte sich mit solcher Gewalt in ihren Nacken, dass sie fürchtete, den Kopf nicht mehr bewegen zu können. Nicht, dass das bald noch eine Rolle spielen würde. Sie machte sich keine Illusionen darüber, dass ihre Reise beendet war. Und doch war es am wenigsten ihr eigenes Leben, um das sie bangte.
    Und dann war da Tarik. Sie hatte die Hoffnung nicht aufgegeben, ihn wiederzusehen – falls die Dschinne ihn nicht längst getötet hatten. Aber wenn er noch lebte, dann würde er gewiss dort unten sein, dort, woher all die Schreie und das Wimmern herauf ins Dunkel drangen.
    Sie gerieten in den Ausläufer einer weiteren Hitzesäule, diesmal näher an den Flammen. Sie roch verbranntes Haar und sah Funken an den Enden der Menschenskalpe tanzen, die ihre Bewacher auf ihren Schädeln vernäht hatten. Sie konnte nicht sehen, wie es um ihr eigenes Haar stand, und das war im Augenblick auch das Letzte, was sie kümmerte.
    Erneut blieb der Hitzewall hinter ihnen zurück. Sie konnte wieder atmen, ohne das Gefühl, flüssiges Feuer in ihre Lungen zu saugen. Schräg unter sich erkannte sie am Boden eine Kuppel aus verzogenem Gitterwerk, nicht aus Eisen, sondern einem Material, das wie gehärteter Lehm aussah, nur strähniger, vielfach verdreht und gekreuzt.
    Die Kuppel mochte an die hundert Meter breit sein und mindestens halb so hoch. Menschen waren darunter gefangen, mehr als sie mit einem Blick zählen konnte, und doch längst nicht so viele, wie sie befürchtet hatte. Die meisten saßen apathisch auf dem Felsboden im Schatten der Gitter, hatten die Knie angezogen und hielten die Köpfe gesenkt. Einige hatten sich zu Pulks zusammengerottet, andere kauerten ganz allein im Flackerschein der großen Feuer. Und ein paar rüttelten verzweifelt an den Gitterstreben, brüllten wie am Spieß und gebärdeten sich wie Wahnsinnige.
    In einiger Entfernung erkannte sie eine zweite Kuppel, dann eine dritte. Vermutlich gab es noch mehr davon. Jedes Feuer schien in unmittelbarer Nähe einer Kerkerkuppel zu brennen, um den Gefangenen Wärme zu spenden. Was hatten die Dschinn mit den Menschen vor, wenn sie so erpicht darauf waren, dass niemand an Unterkühlung starb?
    Was genau brannte in diesen Feuern?
    Sie hatte die entsetzlichsten Erwartungen, als sie den Kopf unter Schmerzen weit genug drehte, um zum nächsten der riesigen Scheiterhaufen zu blicken. Aber es war nicht, was sie befürchtet hatte, keine menschlichen Leichen. Und doch waren es Gebeine, jedenfalls zum Teil, nur dass sie gewaltig waren, mächtige Rippenkäfige und Hornpanzer, Schenkelknochen so lang wie Ruderboote, absurd große Schädel mit zu vielen Höhlungen, Zähnen und Hörnern. Ungeheuer des Dschinnlandes wie der Koloss, der im Schlammsee versunken war.
    Nun sah sie auch, wie am Rande des Lichts ein weiterer Gigantenkadaver von einem ganzen Schwarm Dschinne an Seilen oder Ketten über den Höhlenboden gezerrt wurde, hinüber zu einem anderen Feuer. Womöglich handelte es sich um Bewohner dieser Grotte, Wesen, die gleichermaßen Jagd auf Dschinne und Menschen machten. Ein Berg aus Horn und Beinen, der schon bald aus ihrem Blickfeld verschwand.
    Die Dschinne trugen sie zum höchsten Punkt einer Kuppel, fünfzig Schritt über dem Boden. Die Krieger schwebten mit ihr durch eine Öffnung ins Innere. Aus der Luft brüllten sie die verängstigten Gefangenen in Dschinnsprache an. Die meisten beeilten sich, davonzustolpern und eine weite Fläche für die Landung der Kreaturen zu räumen.
    Sabatea wurde zu Boden geworfen. Es war kein Sturz aus großer Höhe, aber aufgrund ihrer verdrehten Lage im Netz kam sie mit Schultern und Rücken zuerst auf, dann mit dem Hinterkopf, ohne eine Möglichkeit, sich mit Armen und Beinen abzufedern. Ganz kurz wurde ihr schwarz vor Augen. Als die flackernde Helligkeit zurückkehrte, war ihr hundeelend und schwindelig.
    Die Dschinne befreiten sie aus den verdrehten Maschen und ließen sie liegen, stiegen mit dem leeren Fangnetz auf und verschwanden durch die Öffnung hoch oben. Sabatea setzte sich mit einem Stöhnen auf und blickte sich um.
    Etwa zwanzig Menschen waren in dem

Weitere Kostenlose Bücher