Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Sturmkönige 02 - Wunschkrieg

Titel: Sturmkönige 02 - Wunschkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
Vom Netzwerk:
probierte zögernd mit der Zungenspitze. »Das ist Honig«, wiederholte sie irritiert.
    »Warum steckt Khalis einen Menschen in Honig?«, flüsterte Tarik.
    Beide starrten das Gesicht des Mädchens an. Ihre Blicke wurden wie magnetisiert von dem reglosen Antlitz angezogen.
    Hinter ihnen erklangen Schritte.
    Sabateas Griff um Tariks Finger wurde fester. Sein fremdes Auge begann zu pochen, als wollte es sich stoßweise in seinem Schädel ausdehnen.
    Gemeinsam drehten sie sich um, so langsam, als wären sie selbst Gefangene im Innern des Zylinders.

 
Das Mädchen im Honig
 
 
    Khalis kam allein.
    Kein einziger Soldat folgte ihm in die Kammer. Keine Stimmen, keine Schritte draußen im Korridor.
    Er zog eine Schleppe aus Schweigen hinter sich her, als hielte die Welt in seinem Gefolge den Atem an. Kein fernes Murmeln der Menge mehr, kein Wind, der in den Seidenbahnen draußen im Saal raschelte.
    Unweit des Eingangs blieb er stehen und musterte die beiden Eindringlinge. Er konnte die Leichen vor dem Portal schwerlich übersehen haben, doch wirkte er weder zornig noch besorgt, stand nur wortlos da, während Schatten in seinen eingefallenen Wangen nisteten.
    Tarik nahm das Schwert mit einer Hand von der Schulter, ohne Sabatea loszulassen. Nach kurzem Zögern senkte er es weit genug, bis die Spitze den Boden berührte. Das feine Klingen von Stahl auf Stein wurde augenblicklich abgeschnitten, als es in Khalis’ Richtung vordrang. Die Aura des Magiers erdrosselte den Ton, ertränkte ihn in zäher Stille. Um ihn schienen alle Farben zu verblassen.
    »Ich wusste, dass wir uns wiedersehen, Schmuggler.« Khalis strich mit den Fingern an seinem dünnen weißen Bart hinab, der über mehrere Halsketten hinweg auf sein nachtblaues Gewand fiel. Auch sein Haar war schlohweiß, wo es unter dem Turban hervorschaute. Nur die Augenbrauen überschatteten rabenschwarz seine Blicke. »Gleich, als ich dich zum ersten Mal sah, habe ich das gespürt. Warum bist du hergekommen? Und wie hast du die kleine Meuchelmörderin dazu bekommen, dir den Weg zu weisen?«
    »Ich bin keine -«
    »Verzeih«, unterbrach der Hofmagier sie. »Du hast natürlich recht. Ich weiß, was wirklich vorgefallen ist.«
    »Der Kalif«, sagte Sabatea leise, »ist er tot?«
    »Ja.«
    »Er war ein guter Mann.«
    Khalis neigte den Kopf, musterte sie gründlich. »Er war ein schwacher Herrscher.«
    »Das Volk sieht das anders«, sagte Tarik.
    »Das Volk sieht nur, was es sehen soll. Darum umgeben sich Männer wie Harun mit Männern wie mir.« Er lächelte, aber die Arroganz seiner Worte spiegelte sich nicht darin wider. Es war ein feines, fast humorvolles Lächeln, nicht das Schurkengrinsen, das Tarik erwartet hatte. »In diesem Palast sind viele gute und viele schlechte Entscheidungen getroffen worden, und mein Anteil an beiden hält sich die Waage. Harun hat regiert, wie man es von ihm erwarten konnte, und vielleicht noch ein wenig besser als seine Vorgänger. Ich habe ihm Ratschläge gegeben, nach bestem Wissen und Gewissen. Manchmal die richtigen, manchmal die falschen. Darum kann ich ihm seine Entscheidung nicht einmal übel nehmen, auch wenn sie mich persönlich enttäuscht. In Zeiten des Krieges ist unser Großwesir ganz sicher der bessere Mann für die Prüfung, die der Stadt bevorsteht.«
    Tarik sah nervös an dem Magier vorbei zum Eingang des Raumes. Noch immer entdeckte er draußen im Korridor keine Soldaten. Das bereitete ihm mehr Sorge als jeder bis an die Zähne bewaffnete Wachtrupp.
    »Deine Männer haben uns angegriffen.« Er gab sich nicht der Illusion hin, einen Mann wie Khalis durchschauen zu können. Dennoch hatte er die schwache Hoffnung, den Magier aus der Reserve locken zu können.
    »Sie waren Narren.« Der Alte machte eine beiläufige Handbewegung über die Schulter. Hinter ihm auf dem Gang schlug das Portal zu. Augenblicklich schwand die gespenstische Stille, als hätte Khalis sie ausgesperrt. Tarik hätte nicht sagen können, was genau sich veränderte – noch immer war es sehr ruhig, und von draußen drangen keine Laute herein –, aber zumindest fühlte es sich nicht mehr an, als hielte er den Kopf unter Wasser.
    »Ich weiß schon, die Stille«, sagte Khalis. Die Umgebung gewann wieder an Farbe und Kontur, der Öllampenschein breitete sich schlagartig in alle Winkel des Raumes aus. »Meine Diener beseitigen gerade die Leichen und reinigen den Saal. Ich habe nur dafür gesorgt, dass sie dabei so wenig Lärm wie möglich machen. Die Versammlung

Weitere Kostenlose Bücher