Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
allmählich, worauf der Magier hinauswollte. »Die Wunschmacht, die sie den Ifrit geraubt haben… das ist der Dritte Wunsch! Sie haben vor, ihn gegen uns zu richten!«
Sabatea sah ihn zweifelnd an, aber Khalis nickte. »Du bist auf der richtigen Spur, Tarik al-Jamal. Die verlorenen Wünsche, ihre Macht, all das, was hätte sein können – sie sammeln das, um was wir betrogen wurden, Hunderte von unerfüllten Wünschen, und sie formen sie um zu dem, was sie den Dritten Wunsch nennen. Bevor ihr die Einzelheiten hört, müsst ihr erst erfahren, wie es überhaupt zum Ausbruch der Wilden Magie gekommen ist. Aber ich warne euch: Die Wahrheit ist wahnwitziger, als ihr euch vorstellen könnt.«
»Wir sind Kummer gewohnt«, bemerkte Sabatea.
Khalis warf ihr einen Blick zu, mit dem er sie erstmals offen abzuschätzen schien. Bislang hatte er sie mit Verachtung gestraft und keinen Hehl aus seiner Abneigung gemacht. Er wusste, dass Harun freiwillig in den Tod gegangen war, trotz aller Vorkehrungen. Sabatea hatte den Kalifen nicht ermordet, aber es war dennoch ihr Gift gewesen, mit dem sich Harun al-Raschid über die Pläne seines Hofmagiers hinweggesetzt hatte.
Nun aber schenkte er ihr ein Lächeln. »Kummer ist nichts gegen das, was damals geschehen ist… Alle glauben, dass es mit dem Ausbruch der Wilden Magie vor zweiundfünfzig Jahren begonnen hat. Aber die Wahrheit ist, dass es schon früher anfing. Die Magie begann schon Jahre zuvor außer Kontrolle zu geraten, nur bemerkte das kaum jemand außer jenen, die sich Tag für Tag mit ihr beschäftigt haben. Es hat schon immer seltsame Wesen in den tiefen Wüsten gegeben, Kreaturen wie die Ifrit, aber auch Schlimmeres. Doch damals mehrten sich die Zeichen, dass etwas vor sich ging dort draußen. Karawanen verschwanden auf Routen, die bis dahin als sicher gegolten hatten. Ganze Nomadenstämme waren von einem Tag auf den anderen wie vom Erdboden verschluckt. Pflanzen veränderten sich, Quellen wurden vergiftet. Es heißt, die Ersten, die es bemerkten, waren die Elfenbeinpferde. Sie wurden unruhig, und immer mehr von ihnen suchten den Schutz der großen Städte. All das begann schleichend, anfangs fast unmerklich. Doch die weisesten unter den Magiern erkannten, dass etwas geschah, und es dauerte nicht lange, bis sie auf die Ursache stießen. Die Magie entartete mehr und mehr, und niemand, nicht einmal die Mächtigsten, kannten einen Weg, sie zu bändigen. Es würde schlimmer werden, sehr viel schlimmer, das begriffen sie bald. Schon traten die ersten Veränderungen der Landschaft auf, weit, weit draußen in den menschenleeren Wüsten, wo der Quell des Unheils vermutet wurde. Expeditionen wurden ausgesandt, um Kunde von der Wandlung der Welt in die Hauptstadt zu bringen – nach Tisfun, der alten Herrscherresidenz vor der Erbauung Bagdads. Und dort machten sich die beiden größten Magier ihrer Zeit daran, einen Plan zu schmieden, mit dem sie der heraufziehenden Katastrophe Einhalt gebieten wollten.«
»Du hast sie gekannt?«, fragte Tarik.
»Nicht persönlich. Damals war ich ein Jüngling, noch immer an einem frühen Zeitpunkt meiner Studien, kaum mehr als ein Zauberlehrling. Und ich lebte in Damaskus, als Schüler des großen Qatum.« Er stieß verächtlich die Luft aus. »Die Namen der beiden Magier waren Ajouz und Nasmat. Sie waren Mann und Frau, und es heißt, sie liebten einander sehr. Und doch waren sie bereit, alles aufzugeben, um die Magie zurück in ihre Schranken zu weisen.«
»Woran sind sie gescheitert?«, fragte Tarik.
»Das sind sie nicht. Ganz im Gegenteil – sie hatten Erfolg. «
»Aber die Wilde Magie -«, widersprach Sabatea, doch Khalis fiel ihr ins Wort.
»Ajouz und Nasmat wirkten den gewaltigsten aller Zauber. Viele ihrer Weggefährten, Magier aus allen Regionen des Reiches und darüber hinaus, lehnten sich gegen sie auf, und nicht wenige versuchten, ihren Plan zu vereiteln. Es gab Anschläge auf ihr Leben, mit Schwert und Dolch und Zauberei. Aber gemeinsam waren Ajouz und Nasmat zu mächtig, als dass irgendwer ihnen hätte gefährlich werden können. Und sie wussten sehr genau, dass die Verantwortung über den Fortbestand der Welt allein auf ihren Schultern ruhte. Mehrere Jahre lang trafen sie ihre Vorbereitungen, beobachteten mit wachsender Sorge die Vorgänge in der Wüste und erkannten schließlich, dass ihnen keine Zeit mehr blieb. Sie mussten alles wagen, in einer einzigen, allumfassenden Beschwörung. Aber zuvor schrieben sie die Wahrheit
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