Sturmkönige 02 - Wunschkrieg
oder schlimmere…«
»In der Tat«, bestätigte Khalis.
»Sie wissen nicht, dass ich hier bin«, entgegnete Tarik.
»Ich fürchte, doch.« Der Magier seufzte. »Wir vermuten schon lange, dass sie ihre Zuträger im Palast haben. Menschen, die einen Pakt mit ihnen geschlossen haben. So wie der Emir von Samarkand – wie dein Vater, Vorkosterin.«
Sie ignorierte den Vorwurf, der darin mitschwang, und presste sich enger an Tarik. Beide starrten den Magier an, seine hochgewachsene, hagere Gestalt vor dem feuerroten Himmel.
»Ajouz und Nasmat lebten in beiden Welten weiter, so, wie wir alle. In der anderen Welt hatten sie ihre Magie verloren, und wir können nur spekulieren, was mit ihnen geschah. In unserer aber wurden sie offenbar bald nach der Spaltung – das war das Wort, das sie in ihren Schriften verwendet haben – ermordet.«
»Von den Magiern, die sie hatten aufhalten wollen?«
»Das wäre naheliegend, nicht wahr? Aber offenbar gibt es noch eine andere Möglichkeit, die sehr viel beunruhigender ist. Ich kann nur spekulieren und mich auf die wenigen Dokumente der beiden beziehen, die sie in den Tagen nach der Spaltung bis zu ihrem Tod verfasst haben.«
»Ich verstehe das nicht«, sagte Sabatea. »In der anderen Welt waren sie ohne Magie schutzlos und damit angreifbar. Aber hier bei uns – wenn wir einmal voraussetzen, dass alles so geschehen ist, wie du behauptest – müssen sie doch noch immer ihre alte Macht besessen haben. Wer also wäre stark genug, sie zu töten?«
»Sehr gut«, sagte Khalis anerkennend. »Genau darauf wollte ich hinaus. Die Tatsache, dass sie ermordet wurden, spricht dafür, dass ihre Ahnungen begründet waren. Du hast recht: Hier bei uns, im magischen Abbild der Welt, existierte die Magie weiter. Aber Ajouz und Nasmat waren derart geschwächt von dem, was sie getan hatten, dass ihr Feind vermutlich leichtes Spiel mit ihnen hatte. Tatsache ist, dass gewöhnliche Menschen nicht ahnen konnten, dass ihre Beschwörung überhaupt gelungen war – für sie änderte sich nichts durch die Spaltung, alles blieb wie zuvor. Es gab kein Donnergrollen, keine Lichterscheinungen oder sonst irgendeinen sichtbaren Umbruch. Das Leben ging einfach weiter. Nicht einmal die eingeschworenen Gegner der beiden wussten, dass sie mit ihrem Plan Erfolg gehabt hatten – jedenfalls nicht in dieser Welt, wo der Zauber erhalten blieb und kein einziger Magier seine Macht einbüßen musste. Die Einzigen, die davon wussten, waren demnach Ajouz und Nasmat. Und, so scheint es, offenbar noch ein Dritter – derjenige, der sie bald darauf getötet hat.«
»Und natürlich weißt du, wer es war«, stellte Tarik ungeduldig fest.
»Ich habe einen Verdacht… nun, mehr als einen Verdacht. Wie ich schon sagte, der Name des Magiers, bei dem ich in Damaskus in die Lehre ging, war Qatum. Wenn es jemanden gab, der es mit den beiden hätte aufnehmen können, dann er. Ich glaube, er beneidete sie um das eine, das sie so vielen anderen Magiern voraushatten – um ihre aufrichtige Liebe zueinander. Sie machte es ihnen möglich, ihre Kräfte zu vereinen und damit jeden anderen zu übertreffen. Qatum muss gewusst haben, was die beiden vorhatten. Mir, als seinem Schüler, ist das erst sehr viel später klar geworden. Ich erinnerte mich an Andeutungen, an bestimmte Bemerkungen – ich bin sicher, dass Qatum von ihrem Plan erfahren hat. Und statt sie anzugreifen, wie es andere getan haben, entschied er sich für einen zweiten Weg. Eines Tages fand ich seinen Leichnam in seinem Studierzimmer – kurz nach der Spaltung, wie ich heute weiß.
Jemand hatte ihn umgebracht, mit einem simplen Dolch, der noch immer in seiner Brust steckte.«
Tarik und Sabatea wechselten einen verständnislosen Blick.
»Während alle anderen Gegner von Ajouz und Nasmat ihre Kräfte darauf verschwendeten, sie aufzuhalten, hatte Qatum sie einfach gewähren lassen – und all seine Macht stattdessen darauf verwandt, im Augenblick der Spaltung die alte Welt zu verlassen und in die neue, in diese hier, herüberzuwechseln. Unmittelbar bevor sie für immer versiegelt wurde. Ich bin beinahe sicher, dass ich ihn sogar gesehen habe. Bevor ich damals das Haus meines Meisters betrat, nur Augenblicke, bevor ich seine Leiche entdeckte, glaubte ich, ihn auf der Straße zu sehen. Ich rief ihm hinterher, aber er achtete nicht auf mich und verschwand in der Menge. Ich dachte mir nichts dabei – bis ich ihn gleich darauf mit einem Dolch im Herzen in seinem Studierzimmer
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