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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Skarabapur hat niemals gelebt, es hat stets nur widergespiegelt, was längst in den Köpfen derjenigen war, die es betreten haben. Träume wurden Wirklichkeit, Wünsche erfüllt, Ziele schlagartig greifbar – bis es zum Ausbruch der Wilden Magie kam. Danach veränderte sich die Stadt und das, wofür sie stand. Skarabapur saugte die Enttäuschung und den Zorn der Roch in sich auf, und es hat ihn tausendfach an uns weitergegeben. Als wir erschaffen wurden, eine ganze Rasse, die von einem Moment auf den anderen in diese Welt geschleudert wurde, da waren wir leer und formbar wie jedes eurer Neugeborenen. Wir kannten keine Wünsche, keine Träume. Aber Skarabapur, das wahnsinnige Skarabapur, gab seine Ziele an uns weiter, wiederum nur ein Zerrbild dessen, was die Roch einst gewollt hatten. Wir waren wie Gefäße für den Zorn dieser Stadt, und wir nahmen dankbar an, was sie uns lehrte.«
    Für einen Augenblick verstummte die Stimme des Dschinnfürsten, und Tarik hatte das Gefühl, dass Amaryllis sich für kurze Zeit wieder zurückzog, dass er floh vor der Wahrheit, die er selbst gerade heraufbeschworen hatte. Aber es hielt ihn nicht lange im Verborgenen, zu fasziniert war er vom Klang seiner eigenen Stimme. Tariks Stimme.
    »Ich wurde zum Werkzeug Skarabapurs«, fuhr Amaryllis fort. »Es verlieh mir die Macht, die Zukunft zu sehen. Oder das, was ich für die Zukunft gehalten habe. Eine Welt ohne Dschinne.«
    »Dann glaubst du jetzt nicht mehr, dass es die Zukunft ist?«
    »Wir sind eins, du und ich. Ich weiß, was du weißt. Ich habe gehört, was der Magier euch in Bagdad offenbart hat. Und ich glaube, dass er in vielem die Wahrheit gesprochen hat. Was wir sehen, mit dem Auge, das wir uns teilen, das ist nicht die Zukunft, sondern die andere Welt außerhalb der Flasche. Eine Welt ohne Dschinne, gewiss, aber nur weil es eine Welt ohne Magie ist, eine Welt ohne all das, was diese hier so besonders macht.« Er hielt kurz inne, als würde selbst einem Wesen wie ihm vom Ausmaß dieser Erkenntnisse schwindelig. »Skarabapur hat mich all die Jahre über in dem Glauben gelassen, dass ich sähe, was einmal aus dieser Welt werden würde, dann, wenn ihr Menschen uns Dschinne ausgelöscht habt. Und ich begann, den anderen davon zu berichten.«
    »Sie machten dich zu ihrem Propheten des Untergangs.«
    »Ich habe sie vor dem Ende gewarnt, ja. Und ich riet ihnen, was zu tun sei, um es abzuwenden.«
    »Die Menschheit auszurotten, bevor sie euch ausrotten konnte.«
    »So ist es.«
    Tarik verfiel in einen leichten Trab, hielt sich dabei nah an den gläsernen Fassaden, damit ihn aus der Luft keine Dschinnpatrouille entdeckte. Begegnet war er während des ganzen Weges noch niemandem. Die Dschinne fühlten sich in Skarabapur geschützt. Dies war der Ort, der sie geboren hatte. Wo sonst, wenn nicht hier, waren sie sicher vor aller Gefahr?
    »Warum wolltest du hierher zurückkehren?«, fragte er. »Und warum mit mir?«
    Die Präsenz des Narbennarren in seinem Inneren, das Gefühl seiner Anwesenheit, schien mit einem Mal zu pulsieren, sich auszudehnen, jede Faser seines Körpers zum Glühen zu bringen.
    »Du und ich, Tarik al-Jamal, werden Skarabapur für das bezahlen lassen, was es uns angetan hat«, sagte Amaryllis.
    »Wir gemeinsam?«
    »Wir gemeinsam.«
    Tarik lief weiter, angetrieben von der Kraft zweier Geister, zweierlei Willen. »Wie?«
    »Der Dritte Wunsch wird unser sein. Seine Macht, seine Gabe, ganz allein in unserer Hand.«
    »Ich will nichts von alldem.«
    »Doch, das willst du. Ich kann es in dir spüren.«
    Tarik gab keine Antwort. Kannte Amaryllis ihn besser als er sich selbst?
    »Wir werden den Dritten Wunsch beherrschen«, sagte Amaryllis. »Und mit ihm werden wir Skarabapur vernichten.«

 
In den Ruinen
     
     
    Nachtgesicht trug Sabatea und Ifranji im Inneren eines Wirbelsturms tiefer in das Glaslabyrinth der verlorenen Stadt. Die Blase im Windtrichter schwebte nur wenige Meter über dem Boden. Der Sturm selbst war nicht höher als die meisten Häuser, die sie passierten.
    Sie begegneten keinen Dschinnen auf ihrem Weg. Viele hatten Skarabapur in Richtung Bagdad verlassen, die Übrigen hatten sich ins Herz der Stadt zurückgezogen. Als Nachtgesicht den Tornado schließlich im Schutz einer Ruine zusammensinken ließ, waren sie weiter gekommen, als sie für möglich gehalten hatten.
    Mit einem Klirren senkte sich der Sockel des Kristallschreins auf den gläsernen Boden. In seinem Inneren trieb nur noch die tote Maryam. Honig

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