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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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die Luft zu erheben, geschweige denn -«
    Eine Woge aus Lärm unterbrach ihn. Die vier Rochmagier, winzige Strichfiguren in der Ferne, flatterten aufgeregt auseinander. Zwei verbargen sich wie erschrockene Kinder hinter dem Thron, die beiden anderen tanzten nervös auf und ab.
    Sie haben Angst!, durchfuhr es Tarik. Wovor haben sie solche Angst?
    Er wollte sich umdrehen, kämpfte darum mit aller Kraft, und diesmal gab Amaryllis nach. Aber nicht Tariks Drängen brachte ihn dazu, sondern seine eigene Sorge über das, was da in ihrem Rücken näher kam.
    Im ersten Moment glaubte er, es wäre Jibril. Aber jetzt waren da mit einem Mal zwei Wirbelstürme. Der eine so hoch wie der Himmel, eine apokalyptische Urgewalt – und noch immer jenseits des Splittergrabens.
    Der zweite aber war niedriger und schmaler, und er fegte in diesem Augenblick durch den Graben, sprang die Kante herauf und tanzte mit irrwitziger Rotation durch die Schneise im Trümmerkranz der Kuppelruine. Nachtgesicht. Zwei menschliche Gestalten wichen ihm am Boden aus, pressten sich rechts und links des Durchgangs gegen die gläsernen Überreste der Kuppel, warteten ab, bis der Sturm an ihnen vorübergezogen war.
    Und da war noch jemand.
    Eine Frau, in Dunkelrot getaucht, die mit raschen Schritten denselben Weg über den Platz nahm wie Tarik, auf der Spur seiner Fußabdrücke im Staub. Sie hatte schon die halbe Strecke zwischen dem Graben und ihm zurückgelegt und befand sich genau vor dem heranjagenden Wirbelsturm. Einen Augenblick lang glaubte er, der Sturm gehorche ihr. Aber dann begriff er, dass der Tornado mit zerstörerischer Macht von hinten auf sie zuraste und sie jeden Moment zermalmen musste.
    Nun erkannte Tarik auch eine der beiden anderen Gestalten – Sabatea! Der Sturm hatte sie bereits passiert, und genau wie Ifranji auf der gegenüberliegenden Seite der Schneise, befand sie sich im Augenblick in Sicherheit – solange Amaryllis keinen Erfolg mit seinem Plan hatte, Skarabapur dem Erdboden gleichzumachen.
    »Das ist nicht die Tochter des Magiers«, raunte der Narbennarr in abruptem Begreifen. »Er ist es! Qatum!« Und er rief diesen Namen wie ein lang gezogenes Heulen, als dämmerte ihm in diesem Moment, dass sein Ziel, das so nah vor ihm lag, abermals in die Ferne zu rücken drohte.
    Qatum. Der zwischen den Welten gewechselt war, bevor das Siegel geschlossen wurde. Der geschworen hatte, die Flasche wieder zu öffnen, um die gefangene Magie zurück in die Außenwelt zu entlassen. Der Mörder von Ajouz und Nasmat, die einst die Spaltung herbeigeführt hatten, um ihre eigene Welt vor der Wilden Magie zu retten.
    Qatum.
    Und jetzt – Atalis. Die Tochter des Magiers, gehüllt in blutverklebten Sand. Zwei in einem Körper, genau wie Tarik selbst, und er hätte lachen mögen angesichts dieser Ironie, und heulen, und schreien.
    Zugleich floss Sonnenschein über den Platz. Die Glasscholle am Himmel bewegte sich nach Süden, und der Schatten, den sie über die Kuppelruine warf, wanderte mit ihr. Die Scholle wich vor den Stürmen zurück, vor allem vor dem einen, der hoch und machtvoll genug war, um ihr gefährlich zu werden und sie mitsamt der Heere, die sie trug, zu zerschmettern. Zahlreiche Dschinne folgten ihr, weil sie einsehen mochten, dass sie den riesigen Sturmtrichter über der Stadt nur verlangsamen, nicht aber aufhalten konnten.
    Für einen Augenblick schien die Zeit still zu stehen. Das Sonnenlicht schob sich über den Trümmerkranz, über Sabatea, Ifranji und Nachtgesichts Wirbelsturm. Dann ließ es die blutrote Atalis aufglühen wie ein Raubtierauge, erreichte Tarik und floss zuletzt über den Thron des Dritten Wunsches. Die Rochmagier stießen scharfe Vogelrufe aus, während sich immer mehr Dschinnwächter in Panik zurückzogen und der Glasscholle nach Süden folgten, aus Angst, es könne ihnen ebenso ergehen wie den Hundertschaften, die bereits von Jibrils Sturm und Atalis’ Zaubermacht ausgelöscht worden waren.
    Im selben Moment, da die Sonnenstrahlen auch den letzten Winkel im Inneren der Kuppeltrümmer streiften, erreichte Nachtgesicht die auferstandene Tote. Das Wesen, das einmal Atalis gewesen war, wurde von den Ausläufern des Tornados erfasst und vom Boden gerissen. Tarik traute seinen Augen nicht, als sie in einer langsamen, beinahe majestätischen Spiralbewegung rund um den Sturmtrichter aufwärtsschwebte. Hatte es zuerst noch so ausgesehen, als wäre sie den Gewalten der kreisenden Winde hilflos ausgeliefert, so erschien es

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