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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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Brücke zuhielt, in einem unnatürlichen Steilflug, viel zu schnell, mit viel zu großer Wucht, und der jeden Moment aufschlagen musste, die Brücke sprengen und sie alle hinab in den Splittergraben reißen würde.
    Ifranji überholte Sabatea, packte sie am Arm und zog sie mit sich, von Todesangst vorwärtsgetrieben, jetzt wieder ganz die Diebin auf der Flucht, wie sie es schon hunderte Male zuvor gewesen war, wenn ihr Überleben nur von ihrer Schnelligkeit abgehangen hatte. Sabatea stolperte, fing sich, rannte mit ihr. Sie mussten schneller sein als der heranrasende Teppich, schneller als die Dschinne, die ihm folgten, schneller als das Flirren und Flimmern aus Magie, das das Knüpfwerk und die beiden Menschen darauf umgab.
    Die letzten fünf Meter.
    Ifranji schrie in hilflosem Zorn.
    Sabatea presste die Lippen aufeinander.
    Ein Geräuschorkan wie von zehntausend zerbrochenen Gläsern fegte über sie hinweg. Ein Inferno aus Bersten und Brechen, dann eine Druckwelle, die sie das letzte Stück vorwärtsschleuderte, über die Mündung der Brücke hinweg, die in derselben Sekunde unter ihnen explodierte und in einer Kaskade aus Splittern und Scherben in die Tiefe sackte.
    Sabatea wurde zu Boden geschleudert, prallte auf, war einige Herzschläge lang betäubt vom Schmerz und rappelte sich dennoch gleich wieder hoch. Ifranji lag neben ihr und bewegte sich nicht. Blut klebte zwischen ihnen auf dem grünen Glasboden, und sie war nicht sicher, ob es ihr eigenes war oder das der Diebin, und da beide in erbärmlichem Zustand waren, ihre Kleidung in Fetzen hing, Staub und winzige Glassplitter ihre Körper bedeckten und, ja, auch Blut, war es vielleicht sogar das von ihnen beiden – mit dem einen großen Unterschied, dass Sabateas Blut tödlich war, falls es in Ifranjis offene Schnittwunden geriet, an ihre Finger, ihre Lippen.
    »Pass auf!«, brachte sie hervor, nicht sicher, ob Ifranji sie überhaupt hören konnte. Dann aber sah sie, dass die Diebin die Augen weit aufgerissen hatte und an ihr vorbei zurück zur Brücke blickte.
    Sabatea fuhr herum. Der gläserne Überweg war verschwunden, in tausend Stücke zerbrochen, verstreut über die Oberfläche des Splittergrabens. Dort unten, nicht weit unterhalb der Kante, lag Khalis’ Teppich verdreht zwischen den Scherben.
    Der Magier selbst stand aufrecht in einer Kugel aus flirrender Luft, aus purer Zaubermacht, abgeschirmt von den messerscharfen Schneiden unter seinen Füßen. In seinen Armen hielt er den Körper seiner Tochter.
    Und Atalis regte sich.
    »Gib Acht auf das Blut«, flüsterte Sabatea über die Schulter Ifranji zu, konnte aber den Blick nicht von den beiden unten im Splittergraben lösen. Zwei Dutzend Dschinne schwebten über ihnen, wagten sich nicht an das Flirren heran, hielten Abstand und warteten ab.
    Atalis erwachte zum Leben.
    Ihr Gesicht war mit Honig überzogen, und darauf klebte Sand wie eine archaische Steinmaske. Auf ihren Wangen, ihren Lippen, sogar auf den Augäpfeln – überall eine feine Schicht aus getrocknetem Honig und Sand. Doch jetzt erschienen Risse in dieser spröden Kruste, Schmutzschuppen brachen auf und zerbröckelten.
    Atalis riss den Mund auf und schrie.
    Es war kein Schmerzensschrei. Es war Zorn, blindwütiger, animalischer Zorn, der ihre Züge verzerrte. Spastische Zuckungen rasten durch ihren Körper. Sie begann zu strampeln und um sich zu schlagen, bis Khalis sie nicht mehr halten konnte und mit einem hilflosen Ausruf losließ. Sie sank vor ihm in die Hocke – immer noch eine Handbreit oberhalb der Scherben – und blieb für einen Moment in dieser Haltung, den Kopf nach vorn gesenkt, das verklebte lange Haar als sandiger Vorhang vor Gesicht und Brust, während weitere Strähnen wie tote Schlangen an Schultern und Rücken hafteten. Sie war der Wüstenhitze Skarabapurs nicht lange ausgesetzt gewesen, seit Khalis sie aus dem Honigschrein befreit hatte, aber die kurze Zeit hatte ausgereicht, ihren geschundenen Körper aufquellen zu lassen. Als sie das Gesicht hob und mit einer rissigen Sandfratze um sich blickte, wirkte sie aufgedunsen, ganz anders als zuvor hinter den Kristallwänden des Schreins.
    Und sie brüllte noch immer, so laut, dass das Glas um sie herum in Schwingung geriet und eigene Töne von sich gab, ein Chor aus vibrierendem Summen.
    Ifranji hielt sich die Ohren zu, dann auch Sabatea, schließlich sogar Khalis, der jetzt merklich Mühe hatte, die flirrende Kugel aufrechtzuerhalten. Er schwankte leicht, schien gar vor

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