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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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können. Andernfalls wäre es ein Leichtes gewesen, als Erstes die Tore zu blockieren. So aber hatten viele Männer ins Innere fliehen können, während ihre Kameraden hinter ihnen in den stinkenden Strömen zerkochten.
    Junis hatte die Stadt in weitem Bogen umkreist, um sich ein Bild vom Ausmaß der Katastrophe zu machen. Mehrfach war er Scharmützeln zwischen Spähern der Falkengarde und vereinzelten Dschinnpatrouillen ausgewichen. Trotz der Dunkelheit, die sich mit dem schwarzen Rauch über das Land gelegt hatte, war es nicht leicht, den Feinden zu entgehen. Über den Kratern wogte der Qualm so dicht, dass er eine passable Deckung abgab; zugleich aber machte er das Atemholen fast unmöglich. Junis spürte bereits, dass sich die scharfen Dämpfe auf seine Brust legten. Dass es ausgerechnet ein Hustenanfall sein könnte, der ihn an die Dschinne verriet, war kein besonders erhebender Gedanke.
    Er musste herausfinden, wie nah die Dschinne aus den Zagrosbergen der Stadt bereits gekommen waren. Falls Jibril am Leben war, befand er sich aller Wahrscheinlichkeit nach noch immer in ihrer Gewalt.
    Rufe ertönten im Rauch. Keine Dschinnsprache. Die Soldaten auf den Zinnen hatten ihn entdeckt. Blieb nur zu hoffen, dass sie ihn nicht für einen Gegner hielten. Verbissen erwartete er einen Hagel aus Pfeilen.
    Stattdessen jagte mit einem Mal etwas durch den Qualm, aus dem Inneren der Stadt nach außen. Fünf, sechs dunkle Punkte, mit seltsamen Spitzen und Winkeln besetzt. Als sie auf ihn herabstießen erkannte er, dass es Abbilder von Tieren waren, anderthalb Mannslängen hoch und ebenso breit. Ein Vogel, eine Katze, sogar ein Skorpion. Stilisiert, fast abstrakt, wie aus buntem Papier gefaltet.
    Weitere folgten, noch einmal sechs oder sieben. Sie kamen über die Mauer und senkten sich ein gutes Stück vor ihm herab, schwebten abwartend oberhalb des kochenden Schlamms.
    Eines der Tiere entfaltete sich innerhalb eines Lidschlags zu etwas anderem – einem ungewöhnlich langen, schmalen Teppich, genau wie der des Byzantiners. Am vorderen Ende saß ein einzelner Falkengardist und hob eine Hand.
    »Woher kommst du?«, fragte der Hauptmann barsch. »Was hast du hier draußen zu suchen?«
    Ihre Blicke kreuzten sich. Die Worte kamen ganz von selbst. »Ich bin Junis al-Jamal«, sagte er mit erhobenem Haupt, »ich habe an der Seite der Sturmkönige gekämpft.«
     

     

    Die Teppichreiter der Falkengarde eskortierten ihn zu einer Plattform am inneren Wall. Das viereckige Ziegelfeld ragte vom Wehrgang aus Richtung Stadt, ein klotziger Auswuchs der Mauer mit einem steinernen Geländer.
    Junis weigerte sich, seinen Teppich in der Obhut der Soldaten zurückzulassen. Mit stoischer Miene rollte er ihn zusammen und legte ihn sich über die Schulter. Durch eine Öffnung am Rand der Plattform führte ihn der Hauptmann eine Treppe hinab ins Innere des Mauerwalls. Enge Korridore verbanden Wachstuben und Waffenkammern.
    In einem der größeren Räume standen mehrere Männer im Fackelschein um einen Tisch und beugten sich über einen Plan aus Pergament. Bagdads Verteidigungsanlagen, vermutete Junis. Runde Markierungen aus Ton waren über die Karte verteilt wie Figuren auf einem Spielbrett. Es roch beißend nach Schweiß und versengtem Haar.
    Der Hauptmann, der ihn hergeführt hatte, verbeugte sich, ohne dass einer der Männer ihn beachtete. Die Atmosphäre im Raum war angespannt. Mehrere der Heerführer redeten zornig durcheinander. Einer trug den rechten Arm in einer Schlinge; der Geruch nach verbranntem Fleisch drang unter dem Stoff hervor bis zur Tür. Auch sein Gesicht hatte Spritzer des kochenden Schlamms abbekommen; jemand hatte sie mit gelber Wundsalbe betupft. Die Verbissenheit seiner Miene verriet Schmerz, aber auch den Willen, sich davon nicht unterkriegen zu lassen.
    Junis spürte die Anwesenheit mehrerer Wachsoldaten in seinem Rücken und würdigte sie keines Blickes. Dass er ein Gefangener war, wusste er, auch wenn ihm niemand seine Festnahme offiziell verkündet hatte.
    Der Hauptmann näherte sich einem Mann mit grauem Bart und kurzem Haar; beides war penibel gepflegt und ließ darauf schließen, dass er seinen Haarschnitt nicht in einer der Kasernen erhalten hatte. Er trug rote Beinkleider wie die meisten hier, darüber ein silbernes Kettenhemd. Seine schwarzen Stiefel reichten bis zum Knie. An seinem Waffengurt hing eine der schmalen Sicheläxte, die zur Grundausrüstung von Bagdads Garden gehörten. Er war groß gewachsen, mit

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