Sturmkönige 03 - Glutsand
nie gemocht, und der alte Mann arbeitete hart daran, dass sich daran nichts änderte. Alles, was sie für ihn übrig hatte, war ein abfälliges Schnauben. Aber vielleicht war das auch nur der Wind, der über Tariks Schulter blies.
Er ließ den Teppich fast fünfzig Meter zurückfallen, während Almarik neben dem Magier blieb. Der Honigschrein mit den beiden Körpern, die einander wie Tänzer umkreisten, verdeckte Tariks Sicht auf die Männer. Er fragte sich, ob Khalis und Almarik etwas zu besprechen hatten, das kein anderer mit anhören sollte. Und ob die beiden Frauen im Honig wirklich miteinander redeten. Die Vorstellung war immer wieder gut für eine Gänsehaut. Bei dieser Hitze gar nicht so unwillkommen.
Khalis und Almarik zur Rede zu stellen hätte kaum einen Sinn gehabt. Er hätte nur noch mehr vage Andeutungen zu hören bekommen. Die Wahrheit ganz sicher nicht.
Die Sonne lugte nur noch ein Stück weit über den westlichen Horizont und ergoss einen flammenden Katarakt in den Glasozean, ein blutroter Glutfinger, der genau in die Richtung der sechs Teppichreiter wies.
»Es geht doch nichts über ein angemessen schlechtes Vorzeichen«, bemerkte Sabatea. Sie senkte ihre Stimme und berührte mit den Lippen fast sein Ohr. Er konnte ihren warmen Atem spüren, und seltsamerweise fühlte sie sich dadurch näher, irgendwie präsenter an, mehr noch als durch den Druck ihres schlanken Körpers gegen seinen Rücken. »Je früher Almarik stirbt, desto besser«, flüsterte sie. Sie sagte das in diesem lockenden Tonfall, den sie immer dann benutzte, wenn sie etwas von ihm wollte und nicht sicher sein konnte, es zu bekommen. Es war eine Weile her, seit er ihn zuletzt zu hören bekommen hatte. Man hätte fast meinen können, die Ereignisse im Palast hätten sie milde gestimmt. Gut zu wissen, dass dem nicht so war; das gefiel ihm. Schlecht allerdings, dass sie in diesem Ton meist Dinge sagte, die ihm nicht gefielen. Überhaupt nicht gefielen.
»Almarik weiß, wie man mit einem Schwert umgeht«, wandte er ein. »Und noch steht er auf unserer Seite. Das ist hier draußen eine Menge wert.« Als Mitstreiter schätzte er Almarik durchaus – selbst wenn ihm dieser Mitstreiter irgendwann in den Rücken fallen mochte. Oder fällst nicht viel mehr du ihm in den Rücken?, raunte es in seinen Gedanken, und diesmal war es nicht der Narbennarr, sondern nur sein Gewissen. Zum Teufel, wann hatte er sich das eingefangen?
»Wenn du es nicht tust, dann werde ich es tun«, sagte Sabatea ernsthaft.
»Nein, das wirst du nicht.«
Sie lachte leise auf. »Weil du es mir verbietest?«
»Weil es mein Schwur war, nicht deiner. Und weil du das gefälligst respektierst.« Davon war er nicht halb so überzeugt, wie er sie glauben machen wollte. Tatsächlich war er von sehr wenig überzeugt, wenn es um Sabatea ging und um das, was sie denken oder tun mochte. Bei allem, was er für sie empfand, hatte sie ihre Rätselhaftigkeit nie eingebüßt. Geheimnisse blieben ein Teil von ihr wie das Schlangengift in ihren Adern.
»Vielleicht wäre es wirklich das Einfachste, ihm im Schlaf die Kehle durchzuschneiden«, sagte sie nachdenklich.
»Wenn du ihn ansiehst und glaubst, dass er schläft, beobachtet er dich in Wahrheit. Wenn du meinst, ihn von hinten erwischen zu können, dann dreht er sich rechtzeitig um. Und wenn du allen Ernstes denkst, du könntest ihm den Hals durchschneiden wie einem Opferlamm, dann bist du verdammt naiv.« Er verrenkte sich fast den Hals, als er über die Schulter schaute, um ihr ins Gesicht zu blicken. Stattdessen sah er nur ihr flatterndes schwarzes Haar. »Aber du bist nicht naiv, das warst du nie. Was also soll das?«
»Naiv wäre es nur, sich wegen ihm keine Sorgen zu machen.«
»Er tut, was Khalis ihm befiehlt. Und Khalis braucht uns beide, das hat er selbst gesagt.«
»Unsinn. Khalis wird bald merken, dass das Pferd ihn auch ohne mich nach Skarabapur führen wird. Und was er von dir will… weiß er das überhaupt selbst?«
»Er will den Narbennarren, glaube ich.« Tarik war selbst erstaunt, wie leicht ihm das über die Lippen kam. »Er weiß, dass Amaryllis in mir ist. In Bagdad hat er gesagt, dass er den Narbennarren in mir spüren kann.«
»Er hat nur sein Auge gemeint«, widersprach sie halbherzig.
»Er hat gesagt, dass die Dschinne ihren Propheten in mir wiedererkennen könnten. Nicht sein Auge, sondern ihn selbst.«
Ihre Hand legte sich fest von hinten um seine Schulter. »Hast du ihm davon erzählt? Dass du ihn
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