Sturmkönige 03 - Glutsand
Schale der Diebin und Messerstecherin vom Sturm davongeweht worden.
»Unser Magier hat einen Hang zum Theatralischen«, stellte Sabatea fest. Er spürte, wie sie sich hinter ihm auf dem Teppich hektisch bewegte, als sie versuchte, sich an einer ungünstigen Stelle zu kratzen. »Eine Straße aus Regenbögen… Immerhin wissen wir nun, mit welchen Augenschmeicheleien er sich all die Jahre seinen Posten als Hofmagier gesichert hat.«
»Für jemanden, der in einem Palast aufgewachsen ist, hast du keinen besonders ausgeprägten Sinn für das Schöne«, bemerkte er, während er den Magier nicht aus den Augen ließ.
»Ich war ein Leben lang nur von Schönem umgeben, aber das meiste davon war im Inneren verrottet und verfault. Schönheit hat für mich einen ziemlich scheußlichen Beigeschmack.«
»Wahrscheinlich hast du dich deshalb in einen Kerl mit Augenklappe verliebt, der zehn Jahre älter aussieht als er ist.«
»Wer hätte gedacht, dass du so was überhaupt wahrnimmst.«
»Das wäre deine Chance gewesen, mir zu widersprechen.«
Sie lachte auf. »Du bist allen Ernstes eitel?«
Khalis stimmte eine weitere Beschwörung an, während über ihnen weitere Regenbögen aus dem Nichts erschienen. Weit vor ihnen fraß sich der Keil aus trockenem Wetter immer tiefer in das Gewitter. Die Wüste, fünfzig Meter unter ihnen, hatte sich vom sintflutartigen Regen dunkel gefärbt, während sich glitzernde Rinnsale zwischen den Felsen verästelten. War das Unwetter erst weitergezogen, würde es keinen halben Tag dauern, ehe die Dürre ihr Reich zurückeroberte. Im Augenblick aber schien es, als wollte die Natur dem Ödland dort unten zu einer spektakulären Wiedergeburt verhelfen.
Sie durchquerten das Unwetter nun bereits seit einem halben Tag, und ihre Teppiche flogen schneller, als ein Pferd hätte reiten können. Dies war keines jener heftigen, aber kurzen Gewitter, wie sie dann und wann über Arabiens Wüsten hereinbrachen. Tarik wappnete sich gegen weitere unliebsame Überraschungen.
Sein Blick suchte das Elfenbeinpferd, das in großer Entfernung vor ihnen herflog. Wäre da nicht Khalis’ pompöse Gestik gewesen und das Kauderwelsch seiner Beschwörungen, so hätte man meinen können, die Wolken wichen gar nicht vor ihm zurück. Tatsächlich machte es aus der Ferne den Eindruck, als bildete sich vor dem Zauberpferd ein unsichtbarer Rammsporn, der das Unwetter verdrängte. Als hätten sogar die Elemente Respekt vor diesem Wesen, das selbst zu einem großen Teil aus Magie bestand. Wie eine blaue Bugwelle folgte der Keil aus gutem Wetter dem Elfenbeinross über den Himmel. Scheinbar schwerelos flog es vorneweg, unberührt von dem brodelnden Chaos, das grollend vor ihm beiseiteschäumte.
Derweil verausgabte sich Khalis breitbeinig auf seinem Teppich, die Arme weit auseinandergefächert. Wäre da vorhin nicht dieser kurze Aussetzer gewesen, dieser Moment, in dem das Gewitter beinahe die Überhand gewonnen hätte… so hätte man auf die Idee kommen können, dass Khalis nichts als schönen Schein beschwor, vielleicht sogar nur diese glühenden Triumphbögen dort oben – buntes Beiwerk für eine Zauberei, die in Wahrheit ein anderer vollbrachte.
Misstrauisch sah Tarik zu Almarik hinüber, in der Hoffnung, in der Miene des Byzantiners irgendeinen Hinweis auf die Wahrheit zu erkennen. Doch der Ifritjäger wusste vermutlich kaum mehr über seinen Auftraggeber als der Rest von ihnen. Khalis blieb ein Mysterium und das tatsächliche Ausmaß seiner Macht weiterhin ungewiss.
Doch ob nun er oder das Zauberpferd dafür verantwortlich waren – jemand brachte sie unbeschadet durch dieses Gewitter. Irgendwer hielt seine schützende Hand über sie und ihre Mission. Für kurze Zeit gestattete Tarik sich einen vagen Hoffnungsschimmer.
Dann aber erreichten sie das Land aus Glas, und all seine Zuversicht verblasste.
Das Gewitter lichtete sich. Rechts und links von ihnen brach Sonnenlicht durch die Wolken, schnitt faserige Flecken aus Helligkeit in die dunkle Decke und sprengte die Finsternis mit lautlosen Explosionen aus Abendglut.
Es dauerte nicht lange, da blieb das Unwetter hinter ihnen zurück, und vor ihnen erstreckte sich der Himmel nahezu ungetrübt. In der Tiefe sickerte das Regenwasser zurück ins Erdreich, tränkte Sand und Felsen ein letztes Mal mit seinem trügerischen Versprechen von Nahrung und Wachstum.
Khalis sank zurück in den Schneidersitz und sprach kein Wort mehr, während sie dem Elfenbeinpferd weiter
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