Sturmkönige 03 - Glutsand
den Hals. Sabateas Griff wurde fester, als sie verzweifelt versuchte, nicht den Halt zu verlieren.
Die Zunge zuckte über sie hinweg. Aus dem Augenwinkel sah er, dass Almariks Schwert noch immer in dem dunkelgrauen Fleisch steckte. Falls die Riesenschlange Schmerz verspürte, so machte er sie nur noch wütender. Tarik zwang den Teppich eine Mannslänge abwärts, um der Zunge zu entgehen, und musste sich gleich darauf eingestehen, dass das Ausweichmanöver verdammt knapp ausfiel. Lange würden sie dem Biest so nicht mehr entkommen können.
Er schwenkte den Teppich zur Seite, flog jetzt genau über der Bruchkante der Grube und folgte ihrem Verlauf nach Osten. Sie lag etwa zwanzig Meter unter ihnen. Unter dem linken Rand des Teppichs erstreckte sich weißer Sand, unter dem rechten die grün glitzernde Glasebene. Almarik flog auf dem gleichen Kurs vor ihnen, in der Hoffnung, dass ein doppelter Köder die Kreatur erst recht zur Raserei bringen würde.
Die Schlange folgte ihnen mit aufgebrachten Stößen ihres klaffenden Schlundes. Ihre Zunge verursachte ein scharfes Zischen, während sie hinter den Fliehenden durch die Luft sauste und immer wieder ins Leere peitschte. Sie hätten jetzt nach Süden abbiegen können, hinter dem Zauberpferd her, aber Tarik wollte ihren Verfolger ein für alle Mal loswerden; die Gefahr, dass es noch weitere Öffnungen im Glas oder zerbrechliche Stellen auf ihrem Weg gab, war zu groß. Zugleich stieg die alte Lust an der Gefahr in ihm auf, angezüchtet in zahllosen Teppichrennen, und er fand neuen Geschmack am Risiko. Um Sabateas willen wäre es verantwortungsvoller gewesen, die Flucht über das Glas anzutreten. Aber er spürte das heftige Pochen ihres Herzens an seinen Schulterblättern, so fest presste sie sich an ihn. Seine eigene Erregung hatte längst auch sie erfasst. Dann rief sie: »Lass uns das Vieh endlich umbringen!«, und da wusste er, dass er nie wieder jemanden so lieben würde wie sie.
Die Schlange brüllte auf, immer gereizter, immer ungeduldiger. Sie folgte der Kreisbahn der beiden Teppiche am Rand der Grube entlang, prallte immer wieder gegen das Glas und schrie dabei noch lauter. Tarik zog den Teppich ein kleines Stück nach rechts, einige Schritt weit über das Glas, und vor ihm schwenkte auch Almarik in diese Richtung. Die Schlange musste sich nun schräg aus der Sandgrube über den Rand lehnen, um sie mit ihrem schnappenden Maul zu erreichen. Dabei kollidierte sie wieder und wieder mit der gläsernen Steilwand, schlitterte mit ihrem turmhohen Leib an der messerscharfen Kante entlang, kreischte vor Schmerz, als sich tiefe Schnitte in ihrem Körper öffneten, und konnte doch nicht aufgeben, war rasend vor Gier nach ihrer Beute und dem Willen, die Teppiche doch noch zu erreichen.
Und dann ertönte ein so lautes Brüllen, dass selbst das Muster um Tariks Finger erbebte und eine Hitze durch seinen Arm lodern ließ, die ihn aufschreien ließ. Reflexartig riss er die Hand zurück. Aber Sabatea umklammerte von hinten seinen Arm und hielt ihn fest, drückte ihn unbarmherzig zurück ins Muster, wo er sofort wieder Macht über die Stränge erlangte und das Knüpfwerk unter Kontrolle bekam.
Mit verschleiertem Blick sah er nach hinten, durch flatternde Strähnen von Sabateas Haar, sah die Riesenschlange seitwärts fortziehen, tiefer zurück in die Grube. Der gewaltige Leib pendelte und schwankte. Die Kiefer bewegten sich zuckend auf und zu, bis die Knochenkämme die peitschende Zunge erfassten und durchbissen. Die Schlange kippte zur Seite. Dabei klaffte die Wunde, die sie sich auf ihrer irrwitzigen Kreisbahn entlang der Glaskante zugefügt hatte, immer weiter auf wie die Jahresringe eines gefällten Baumstammes. Silbernes Blut spritzte in Fontänen über Sand und Glas, als der Koloss auseinanderbrach. Innereien quollen aus der unteren Hälfte im Boden, während der abgeschnittene obere Teil Silberketten aus Organen mitriss und unter ohrenbetäubendem Getöse zu Boden stürzte.
Ein Wall aus Staub und Sand erhob sich rund um den gefällten Körper, rollte als mächtige Welle über den Grubenboden und erfasste die Teppiche oberhalb des Randes. Beide wurden von den Massen mitgerissen, durchgeschüttelt und weit hinaus übers Glas getragen. Sabatea klammerte sich an Tarik fest, während er die Faust um die Stränge des Musters ballte und zugleich seine verbliebene Kraft in den Befehl legte, dem Druck der Wolke standzuhalten, sich nur ja nicht zur Seite zu neigen und die beiden
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