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Sturmkönige 03 - Glutsand

Sturmkönige 03 - Glutsand

Titel: Sturmkönige 03 - Glutsand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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dachte, dass das Mädchen Recht haben könnte. Dort vorn, noch ein gutes Stück entfernt – aber nah genug, dass er es mit seinem einen Auge erkennen konnte –, wurde der Horizont niedriger.
    Und jenseits davon war – nichts.
    Rein gar nichts.
    Das Ende der Glaswüste tauchte aus dem Hitzeflimmern auf, sank noch tiefer, kam immer näher. Und dann gähnte vor ihnen der größte Abgrund, den Tarik jemals gesehen hatte.
    Natürlich kannte er die Geschichten von Seefahrern, die den Rand der Welt erreicht hatten. Von tollkühnen Helden, die sich in die Tiefe abgeseilt hatten, um die Dschahannam zu erkunden. Doch keines der apokalyptischen Bilder, die all die Erzählungen in ihm heraufbeschworen hatten, hätte ihn auf diesen Anblick vorbereiten können.
    Auf den letzten paar hundert Metern verstärkte sich der grüne Schimmer des Glases unter ihnen, wurde kräftiger und zugleich leuchtender, als fiele von unten Helligkeit durch die Oberfläche. Der Boden war hier wieder unversehrt, keine Risse und Löcher mehr, als hätten es die Dschinne nicht gewagt, sich so nah beim Abgrund am Glas zu schaffen zu machen. Das Land war makellos glatt wie eine polierte Schwertklinge.
    Es endete an einer scharfen Kante, die von Westen nach Osten verlief. Weil in der Tiefe kein Boden zu sehen war, konnten sie die Teppiche nicht über den Rand hinaus lenken – bei ihrer größtmöglichen Flughöhe von einhundertfünfzig Metern wären sie dort draußen unweigerlich abgestürzt.
    Nach Süden hin verschmolz der gleißend helle Himmel auf Augenhöhe mit einem weißlichen Staubdunst und dem allgegenwärtigen Hitzeflimmern. Ob dort etwas war – eine gegenüberliegende Seite oder auch nur ein Hinweis darauf, dass Skarabapur tatsächlich existierte –, blieb ungewiss. Tarik war nicht einmal sicher, ob es sich bei dem verschwommenen Dunst in der Ferne tatsächlich um eine Art Nebel handelte oder ob es nicht so aussehen musste, wenn sich einem ein absolutes und unendliches Nichts offenbarte.
    Der Boden des Abgrunds, falls es einen gab, wurde von dem gleichen wattigen Flimmern verborgen. Sicher schien nur zu sein, dass vor ihnen mindestens ein paar hundert Meter Tiefe lagen. Ihre Reise auf den Teppichen war zu Ende.
    Sie landeten ein Stück weit vom Rand entfernt. Der Honigschrein schlug hart auf dem Glas auf, als Khalis das Knüpfwerk aufsetzte. Der alte Mann war von der langen Reise und den Strapazen der Flucht weit angeschlagener, als er eingestehen wollte.
    Almarik gab sich unbeeindruckt von dem atemberaubenden Ausblick jenseits der Kante. »Wir brauchen Wasser«, stellte er fest.
    »Was wir haben, reicht noch für zwei Tage«, sagte Nachtgesicht. »Drei, wenn wir sparsam sind.«
    »Und was dann?« Der Byzantiner deutete hinaus ins Ungewisse. »Wie sollen wir dort an Wasser kommen, wenn unser Karawanenführer schon hier keines findet?«
    Ifranji wollte einmal mehr aufbrausen, aber Nachtgesicht schüttelte den Kopf. »Er hat Recht. Bislang war ich keine große Hilfe.«
    »Ohne dich wären wir alle längst verdurstet!«
    Er seufzte. »Ich sollte eigentlich wissen, wo wir uns hier befinden. Wir sind die ganze Zeit über nach Süden geflogen. Ich müsste diese Gegend kennen. Aber weder all das Glas, noch das da vorn hat irgendwas mit dem zu tun, was eigentlich hier sein sollte. Wüste und Berge, nicht viel mehr. Ganz bestimmt kein… na ja, nicht das da!« Er zeigte fahrig zur Kante hinüber. »Eigentlich dürfte es das alles gar nicht geben.«
    »Wer sagt denn, dass wir weiter nach Süden müssen?«, fragte Ifranji. »Fliegen wir an der Kante entlang. Früher oder später werden wir irgendwo ankommen. Vielleicht in Skarabapur.«
    »Schlechte Nachrichten«, bemerkte Tarik, während er seinen Oberkörper dehnte und streckte und sich fühlte, als wäre er hundert Jahre alt. »Werft mal einen Blick auf unseren geflügelten Freund.«
    Alle schauten sich nach dem Elfenbeinpferd um, mit Ausnahme von Sabatea, die längst wusste, wo sie es zu suchen hatte. Sie ließ das fliegende Ross niemals aus den Augen.
    Das Zauberpferd war gleich nach ihrer Landung hoch über ihren Köpfen gekreist, hatte sich nun aber wieder nach Süden in Bewegung gesetzt. Es glitt in gemächlichem Trab und mit weitem Schwingenschlag über die Glaskante hinweg und befand sich bereits ein gutes Stück über dem Abgrund. Im Gegensatz zu Teppichen und Dschinnen vermochten Elfenbeinpferde beliebig hoch aufzusteigen. Wie tief auch immer der Rand der Glaswüste abfallen mochte, für das

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